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    Ökumenischer Solidaritätsgottesdienst in Eltmann

    Leiser, aber eindrucksvoller Protest

    Ökumenischer Solidaritätsgottesdienst in Eltmann
    ELTMANN. Samstag, 16. Oktober, 17 Uhr, vor dem Werkstor der Firma FAG Kugelfischer im Industriegebiet Eltmann: Aus verschiedenen Richtungen erschallen Glocken. Sie läuten nicht den Sonntag ein. Sie läuten aus Solidarität. Auch die große Menschenmenge ist deswegen gekommen. Doch keine Trillerpfeifen oder lautstarken Rufe gegen die geplante Schließung des Werkes und den Abbau von Arbeitsplätzen sind zu hören. Die Leute haben sich zu einem ökumenischen Solidaritätsgottesdienst versammelt. Eine leise, aber eindrucksvolle Form des Protests.
     
    Nicht nur die Beschäftigten, die um ihren Arbeitsplatz fürchten, stehen vor einer kleinen Bühne am Werkseingang oder sitzen auf den aufgestellten Holzbänken. Viele Familienangehörige und Freunde sind mitgekommen, zumeist aus den umliegenden katholischen und evangelischen Kirchengemeinden. Ein Holzkreuz auf der Bühne, bunte Fahnen der KAB davor, eine Gruppe Blechbläser daneben – wie bei einem Festgottesdienst, könnte man meinen. Doch nach Feiern ist hier keinem zumute. Ernst sind auch die Mienen der katholischen und evangelischen Seelsorger auf der Bühne. Der Grund des Zusammenkommens ist spürbar.
    Schon bei der Begrüßung kritisiert der evangelische Pfarrer Tilo Auers die geplante Werksschließung und nennt die Sorgen und Ängste der Beschäftigten. „Gemeinsam sind wir stärker“ ist auf einer Plakattafel vor der Bühne zu lesen. Die gemeinsam gesungenen Lieder, bekannt aus Gotteslob und evangelischem Gesangbuch, handeln von der „Sonne der Gerechtigkeit“ oder bitten „Zieh an die Macht, du Arm des Herrn, wohlauf und hilf uns streiten“. In seiner Predigt spricht Diakon Peter Hartlaub, katholischer Betriebsseelsorger in Schweinfurt, über die Problematik von Geld und Besitz. Sie würden dann ein Problem, „wenn wir die Menschen mit ihren Sorgen und Leistungen nicht mehr im Blick behalten“. Dann sei der Punkt erreicht, an dem Geld zum Mammon werde, und mit dem Gott des Lebens konkurriere. „Nehmen wir noch wahr, was Streben nach Geld anrichtet? Gibt es noch eine Grenze? Muss nicht auf immer mehr Gewinn irgendwann verzichtet werden?“ Fragen, die Hartlaub nicht nur an die Konzernverantwortlichen gerichtet wissen will: „Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sie auch uns stellen.“ Denn Slogans wie „Geiz ist geil“ oder „Wer mehr zahlt, ist blöd“ hätten sich ins Alltagsleben eingeschlichen. Abschließend ruft er dazu auf, die Beschäftigen im Kampf um ihre Würde als arbeitende Menschen zu unterstützen.
    Bei den Fürbitten kommen dann die zu Wort, um die es geht. Die FAG-Beschäftigten bitten für die Betriebsräte, dass sie nicht resignieren, aber auch um Einsicht bei den Managern, dass diese ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. Für sich selbst erbitten sie Mut, vernünftig zu bleiben und die kritische Situation auszuhalten. Mut machen sollen auch die Kerzen, die die Menschen in den Händen halten. Mit dem Segen der mitwirkenden Pfarrer und Seelsorger endet der Gottesdienst. „Tragt in die Welt nun ein Licht“, lautet das Schlusslied: Ein wenig Hoffnung, dass im Werk Eltmann nicht bald die Lichter ausgehen.
     
    Die Solidarität unter den Beschäftigten fördern
    Mehr als 1000 Mitarbeiter der Firma FAG Kugelfischer haben Angst um ihren Arbeitsplatz. Was kann die Kirche tun angesichts der geplanten Schließung des Werkes in Eltmann und des drohenden Abbaus von Arbeitsplätzen im Werk Schweinfurt? Fragen an Diakon Peter Hartlaub, Betriebsseelsorger in Schweinfurt.
     
    Viel Arbeit derzeit für einen Schweinfurter Betriebsseelsorger, oder?
    Ja, klar. Aber es spitzt sich derzeit nur zu, was schon länger brodelt, nämlich dass wir in vielen Betrieben mit Arbeitsplatzabbau, mit Lohnkürzung und Arbeitszeitverlängerung zu tun haben.
     
    Wie helfen Sie den Leuten, die an Ihrer Tür klopfen?
    Im Moment bin ich eher draußen vor Ort und rede mit den Leuten, zum Beispiel bei Betriebsversammlungen oder bei Besuchen in der Firma. Das ist auch die übliche Arbeit eines Betriebsseelsorgers. Vor Ort knüpfe ich Kontakte. Ansonsten rufen Beschäftigte an, weil sie der Betriebsrat an mich verwiesen hat, oder weil sie aus der Presse erfahren haben, dass es mich gibt.
     
    Und mit welchen Erwartungen suchen die Leute Sie auf?
    Sie wollen das, was sie belastet, einfach ein Stück abladen. Und natürlich auch Beratung bei schwierigen Entscheidungen.
     
    Was kann die Kirche in dieser Situation bewirken?
    Zum einen können wir unter den Beschäftigten die Solidarität fördern. Das ist ja keine einfache Situation jetzt. Da gibt es auch Beschäftigte, die denken: „Ich werd’ schon davonkommen“ oder „wenn ich mich still verhalte, dann habe ich vielleicht bessere Chancen“. Hier ist es für mich wichtig, alle zu motivieren, solidarisch zu sein und füreinander einzustehen.
    Zum anderen wird Kirche immer noch als moralischer Faktor in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Das heißt, auch wir können Druck aufbauen.
     
    Solidarität – ein viel zitiertes Wort derzeit. Wie sieht diese konkret aus?
    Dass zum Beispiel auch Leute von Kugelfischer oder anderen Betrieben in Schweinfurt, die nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, bereit sind, für ihre Kollegen mit auf die Straße zu gehen.
     
    Stichwort: Ökumene. Arbeiten Sie in dieser Situation mit Ihren evangelischen Kollegen zusammen?
    Ja. Mit dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt – so heißt das bei der evangelischen Kirche. Ich halte das für ganz wichtig, weil eine gemeinsame Stimme einfach mehr wahrgenommen wird.
     
    Wie hoch schätzen Sie Ihre Erfolgsaussichten ein?
    Wir werden den Verlust von Arbeitsplätzen sicher nicht total verhindern können. Aber ich bin überzeugt davon, dass wir die völlig Schließung des Werkes Eltmann abwenden können. Denn das macht, soweit ich die Situation einschätze, betriebswirtschaftlich keinen Sinn. Es geht wohl darum, die Belegschaft im INA-Konzern einzuschüchtern, damit sie Abstrichen beim Lohn und längeren Arbeitszeiten zustimmt.
     
    Hatten Sie selbst schon einmal Angst um Ihren Arbeitsplatz?
    Als Diakon bin ich in der glücklichen Situation momentan keine Angst um meinen Arbeitsplatz haben zu müssen. Ich war allerdings selbst auch schon einmal ein Jahr lang arbeitslos! Interview: Matthias Litzlfelder