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      Leben in Fülle

      Gedanken zum Sonntagsevangelium von Peter Michaeli, Hösbach-Bahnhof. Er legt uns ans her, dass es für Jesus, den guten Hirten, zuerst um liebevolle Beziehungen geht. Sie geben uns mehr als die vielen Güter, die unser Leben nur voll, aber nicht erfüllt machen.

      Evangelium

      In jener Zeit sprach Jesus: Amen, amen, das sage ich euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen. Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein und aus gehen und Weide finden. Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.


      Johannes 10,1–10

       

      Morgens am Frühstückstisch: Fast so dick wie die Tageszeitung selbst ist der Stapel von Werbeprospekten, der ihr beiliegt – „Der neue Look, die besten Trends“. Bunt und vielfältig locken die Angebote. Einige Zeit später, beim Öffnen des Briefkastens, werde ich noch einmal umworben mit allerlei Sachen, die mein Leben glücklicher und bequemer machen sollen. Und wenn dann noch das Telefon klingelt und mir eine aufgesetzt freundliche Stimme den neuen günstigen Telefontarif oder die höchst notwendige Versicherung anpreist, dann bin ich gut bedient. Mir fällt der Satz des griechischen Weisen ein, der einmal über den Marktplatz seiner Heimatstadt ging und beim Anblick all der ausgelegten Waren ausrief: „Was gibt es doch viele Dinge, derer ich nicht bedarf!“
      Szenenwechsel: Ich sitze bei einem Ehepaar am Wohnzimmertisch. Der Onkel der Frau ist am Tag zuvor mit weit über 90 Jahren gestorben. 12 lange Jahre lag er nach einem Schlaganfall im Bett, aufopferungsvoll und mit viel Zuneigung von beiden gepflegt. Wir sprechen über all das, was er in seinem langen Leben alles erlebt hat: das Glück der jungen Jahre, den Krieg und die Vertreibung aus der Heimat, den persönlichen und beruflichen Neuanfang unter ganz bescheidenen Bedingungen – ein reich gefülltes Leben, das er mit Gottvertrauen gelebt und im Kreis seiner Familie beendet hat.
      Der Mann zeigt mir das, was für den Onkel in den letzten Lebensjahren an materiellen Dingen noch von Bedeutung war: Ein Stapel Fotos aus seinem Leben, ein Bündel alter Briefe, einige wichtige persönliche Dokumente. Alles fand Platz in der Schublade seines Nachttisches neben dem Bett. – „Was gibt es doch viele Dinge, derer ich nicht bedarf!“
      In der Zeitschrift meiner Krankenkasse lese ich unter der Rubrik „Gesundheitstipps“(!): „Nehmen sie Abschied! Verschaffen Sie sich Luft, Leichtigkeit und einen klaren Blick. 10000 Gegenstände horten wir im Schnitt, einen Bruchteil nur brauchen wir davon tatsächlich.“ – „Was gibt es doch viele Dinge, derer ich nicht bedarf!“
      Wenn mich jemand nach zentralen Aussagen von Jesu Botschaft fragt, dann gehört für mich dieser Satz aus dem Johannes-Evangelium unbedingt mit dazu: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“
      Leben in Fülle – das ist nicht das Lebensglück, das mir die Hochglanzprospekte und die Werbeberieselung im Fernsehen versprechen. Sie wollen mir glauben machen, viel zu kaufen und dann zu besitzen oder zu verbrauchen sei der Schlüssel zum Glück.
      Jesu Wort vom Leben in Fülle, das atmet für mich Freiheit und Leichtigkeit. Ein Leben, das nicht mit Vielem angefüllt, sondern vom Wesentlichen erfüllt ist, dazu will Jesus uns anleiten. „Diebe und Räuber“ haben nur das Materielle im Blick. Für Jesus, den guten Hirten, geht es zuerst um liebevolle Beziehungen. Sie geben uns mehr als die vielen Güter, die unser Leben nur voll, aber nicht erfüllt machen.


      Der Autor ist Pastoralreferent. Er arbeitet als Pfarrbeauftragter in Hösbach-Bahnhof und in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Aschaffenburg.