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Kunstvolle Papp-Fülleier aus dem Erzgebirge sind zu Ostern ein Verkaufsschlager
Meister Lampe bringt barfüßig mit umgehängter gelber Postbotentasche die Osterpost, sein Freund mit den abstehenden Hasenohren versteckt mit Eierkorb auf dem Rücken bepackt seine österliche Ladung. Ein weiterer Mümmelmann bemalt samt Hasenfamilie die Eier, Pinsel und Farbkleckse an Tisch und Eiern deuten auf einen großen Spaß hin. Was wie volkstümliche Bilderbuchidylle oder kindlich-österliche Fantasie aussieht, ist für die Firma Nestler aus dem Erzgebirge seit Jahren eine wesentliche Einkommensgrundlage. „Ostern ist nostalgisch“, erklärt die Namenspatin des Unternehmens und Geschäftsführerin Ursula Nestler (57) den Erfolg ihres Produkts. Zweiteilige Füll-Eier aus Pappe sind es, auf die sich der Betrieb als Einziger dieser Art in Europa spezialisiert hat.
Die klassischen Motive haben Kultstatus und sind begehrte Sammlerobjekte. Disneys Meerjungfrau und der Bär Winnie Pooh gehören ebenso zu den Verkaufsschlagern. Jedes Jahr verlassen rund eine Million Papp-Ostereier die Hallen des grenznah an Tschechien gelegenen Werks in Ehrenfriedersdorf. Etwa 70 Prozent davon gehen in den Export „überall hin, wo die abendländische Kultur das Brauchtum kennt“, erklärt die Firmenchefin. Meistens sind das EU-Länder, die USA und Australien. In Asien ist die Konkurrenz zu groß, um Fuß zu fassen, im Nahen Osten fehlt das Brauchtum. Eine Ausnahme war eine Lieferung Anfang der 1990er Jahre. Damals ging eine Bestellung in den Golfstaat Kuweit, da Soldaten der US- Streitkräfte Lust auf die Papp-Eier verspürten, erinnert sich Ursula Nestler. Zu DDR-Zeiten produzierte Nestler als volkseigener Betrieb fast ausschließlich für den Export und war damit wie so viele Spielwarenhersteller im Erzgebirge Devisenbringer für die marode Volkswirtschaft.
Marode war auch der Feinkartonagebetrieb, als er nach der Wende wieder in Familienbesitz kam. So auch etwa der LKW, den Ursula Nestlers Vater vor der Verstaatlichung 1972 angeschafft hatte und der die über 20-jährige sozialistische Betriebsleitung bis nach der Wende überdauerte. Durch betriebswirtschaftliches Geschick und „Spaß am Design“ stellte Ursula Nestler den Feinkartonagehersteller wieder auf die Beine. Heute arbeiten hier 80 Mitarbeiter, hauptsächlich Frauen, die stanzen, kleben und verpacken. Doch was sie genau machen und wie die zweiteiligen Papp-Eier hergestellt werden, das möchte die Geschäftsführerin nicht verraten. Die Konkurrenz aus Fernost ist nicht zu unterschätzen und die Produktion wird gehütet wie ein Familienschatz. Nur soviel: Zehn bis zwölf Produktionsschritte sind es, die aus der recycelten Pappe ein fühl- und füllbares Osterei machen. Dauer der Herstellung vom Rohstoff zum Endprodukt? „Man sollte sich Zeit nehmen“, sagt Ursula Nestler – mehr wird nicht verraten.
Für den Erfolg der Ostereierproduktion spielt die lange Familientradition eine wichtige Rolle. Die Ursprünge reichen bis in das Jahr 1894. Spielbälle und Jojos stellten die Nestlers damals her. Im Laufe der Zeit kamen Feinkartonagen wie Schultüten und Weihnachtskugeln aber auch Drahterzeugnisse dazu. Noch entscheidender für den Erfolg der Papp-Erzeugnisse ist jedoch die Tradition des Ostereis selbst. Von Beginn an spielte neben dem christlichen auch der heidnische Brauch eine Rolle. Das Ei war ein Fruchtbarkeitssymbol, so sollen die Germanen der Fruchtbarkeitsgöttin Ostara zu Ehren bei einem Fest Eier vergraben haben. Im Christentum jedenfalls steht das Ei als Symbol für die Auferstehung. Doch auch hinter der Schale verbirgt sich eine Metaphorik: So steht sie für das Grab, aus dem neues Leben hervorgeht.
Die ersten bemalten Eier werden auf das 13. Jahrhundert datiert. Damals entstand wohl das bis heute bestehende österliche Brauchtum rund ums Ei, der wohl mehr auf einen praktischen Zweck statt auf einen sakralen Sinn zurückzuführen ist.
In den 40 Tagen der Fastenzeit haben die Menschen früher auch auf den Verzehr von Eiern verzichtet. Doch die Hennen ließen sich das Eierlegen in der Fastenzeit nicht verbieten, und so entstanden Vorräte, die zum Osterfest bemalt und verzehrt wurden. Nach dem Prinzip der Vorratsproduktion läuft auch die Herstellung der Papp-Eier. Bereits im Oktober werden die ersten acht bis 43 Zentimeter großen Eier nach Übersee verschifft, damit sie früh genug in den Regalen stehen. Die Produktion fängt dadurch entsprechend früh an. Es sei ein Saisongeschäft, erklärt Ursula Nestler. Im Sommer Weihnachtsartikel, im Winter Ostereier und zwischendurch sind die Schultüten an der Reihe. Meister Lampe bekommt von dem Produktionsalltag in seiner ovalen Welt nur wenig mit. Da tummeln sich die Hasen auf einer Wiese, während die Vögel zwitschern, oder an anderer Stelle wirkt Meister Lampe charmant mit rotem Frack und Hut.
Aber auch anderes österliches Getier bevölkert die Eierhüllen: Vögel, Katzen, Hühner und Küken. Aus einem Fundus von 800 Motiven, der über Jahrzehnte entstanden ist, kann Ursula Nestler schöpfen. Jedes Jahr werden neue Ideen auf Papier gebracht. „Gestaltung ist mein Hobby“, sagt die Chefin der Papp-Eier-Fabrik von sich selbst. Inspiration für das kommende Jahr kann sie sich bis spätestens Ostern holen. Sehr bald danach weicht Meister Lampe den Schultüten und macht damit entgegen seiner Natur einen mehrmonatigen Sommerschlaf.
Die klassischen Motive haben Kultstatus und sind begehrte Sammlerobjekte. Disneys Meerjungfrau und der Bär Winnie Pooh gehören ebenso zu den Verkaufsschlagern. Jedes Jahr verlassen rund eine Million Papp-Ostereier die Hallen des grenznah an Tschechien gelegenen Werks in Ehrenfriedersdorf. Etwa 70 Prozent davon gehen in den Export „überall hin, wo die abendländische Kultur das Brauchtum kennt“, erklärt die Firmenchefin. Meistens sind das EU-Länder, die USA und Australien. In Asien ist die Konkurrenz zu groß, um Fuß zu fassen, im Nahen Osten fehlt das Brauchtum. Eine Ausnahme war eine Lieferung Anfang der 1990er Jahre. Damals ging eine Bestellung in den Golfstaat Kuweit, da Soldaten der US- Streitkräfte Lust auf die Papp-Eier verspürten, erinnert sich Ursula Nestler. Zu DDR-Zeiten produzierte Nestler als volkseigener Betrieb fast ausschließlich für den Export und war damit wie so viele Spielwarenhersteller im Erzgebirge Devisenbringer für die marode Volkswirtschaft.
Marode war auch der Feinkartonagebetrieb, als er nach der Wende wieder in Familienbesitz kam. So auch etwa der LKW, den Ursula Nestlers Vater vor der Verstaatlichung 1972 angeschafft hatte und der die über 20-jährige sozialistische Betriebsleitung bis nach der Wende überdauerte. Durch betriebswirtschaftliches Geschick und „Spaß am Design“ stellte Ursula Nestler den Feinkartonagehersteller wieder auf die Beine. Heute arbeiten hier 80 Mitarbeiter, hauptsächlich Frauen, die stanzen, kleben und verpacken. Doch was sie genau machen und wie die zweiteiligen Papp-Eier hergestellt werden, das möchte die Geschäftsführerin nicht verraten. Die Konkurrenz aus Fernost ist nicht zu unterschätzen und die Produktion wird gehütet wie ein Familienschatz. Nur soviel: Zehn bis zwölf Produktionsschritte sind es, die aus der recycelten Pappe ein fühl- und füllbares Osterei machen. Dauer der Herstellung vom Rohstoff zum Endprodukt? „Man sollte sich Zeit nehmen“, sagt Ursula Nestler – mehr wird nicht verraten.
Für den Erfolg der Ostereierproduktion spielt die lange Familientradition eine wichtige Rolle. Die Ursprünge reichen bis in das Jahr 1894. Spielbälle und Jojos stellten die Nestlers damals her. Im Laufe der Zeit kamen Feinkartonagen wie Schultüten und Weihnachtskugeln aber auch Drahterzeugnisse dazu. Noch entscheidender für den Erfolg der Papp-Erzeugnisse ist jedoch die Tradition des Ostereis selbst. Von Beginn an spielte neben dem christlichen auch der heidnische Brauch eine Rolle. Das Ei war ein Fruchtbarkeitssymbol, so sollen die Germanen der Fruchtbarkeitsgöttin Ostara zu Ehren bei einem Fest Eier vergraben haben. Im Christentum jedenfalls steht das Ei als Symbol für die Auferstehung. Doch auch hinter der Schale verbirgt sich eine Metaphorik: So steht sie für das Grab, aus dem neues Leben hervorgeht.
Die ersten bemalten Eier werden auf das 13. Jahrhundert datiert. Damals entstand wohl das bis heute bestehende österliche Brauchtum rund ums Ei, der wohl mehr auf einen praktischen Zweck statt auf einen sakralen Sinn zurückzuführen ist.
In den 40 Tagen der Fastenzeit haben die Menschen früher auch auf den Verzehr von Eiern verzichtet. Doch die Hennen ließen sich das Eierlegen in der Fastenzeit nicht verbieten, und so entstanden Vorräte, die zum Osterfest bemalt und verzehrt wurden. Nach dem Prinzip der Vorratsproduktion läuft auch die Herstellung der Papp-Eier. Bereits im Oktober werden die ersten acht bis 43 Zentimeter großen Eier nach Übersee verschifft, damit sie früh genug in den Regalen stehen. Die Produktion fängt dadurch entsprechend früh an. Es sei ein Saisongeschäft, erklärt Ursula Nestler. Im Sommer Weihnachtsartikel, im Winter Ostereier und zwischendurch sind die Schultüten an der Reihe. Meister Lampe bekommt von dem Produktionsalltag in seiner ovalen Welt nur wenig mit. Da tummeln sich die Hasen auf einer Wiese, während die Vögel zwitschern, oder an anderer Stelle wirkt Meister Lampe charmant mit rotem Frack und Hut.
Aber auch anderes österliches Getier bevölkert die Eierhüllen: Vögel, Katzen, Hühner und Küken. Aus einem Fundus von 800 Motiven, der über Jahrzehnte entstanden ist, kann Ursula Nestler schöpfen. Jedes Jahr werden neue Ideen auf Papier gebracht. „Gestaltung ist mein Hobby“, sagt die Chefin der Papp-Eier-Fabrik von sich selbst. Inspiration für das kommende Jahr kann sie sich bis spätestens Ostern holen. Sehr bald danach weicht Meister Lampe den Schultüten und macht damit entgegen seiner Natur einen mehrmonatigen Sommerschlaf.