Die Ausstellung stellt drei Personen dieser Zeit als wichtige Kristallisationspunkte der Umbrüche in Glaube und Kirche in den Mittelpunkt: Kardinal Albrecht von Brandenburg, der damals als einer der mächtigsten Männer im deutschen Kaiserreich galt; Reformator Martin Luther, der durch seine Kritik am Ablasswesen und am Lebensstil vieler kirchlicher Würdenträger zu einem Gegenspieler Albrechts wurde; Lukas Cranach der Ältere, der zwischen dem Kardinal und Luther stand und von ihnen Aufträge annahm und ausführte.
Bilder spielten zu jener Zeit eine überaus wichtige Rolle in der Auseinandersetzung um den wahren Glauben. Sie waren sozusagen das Propagandamaterial, mit dem man vor allem dem einfachen Volk die verschiedenen Standpunkte klar machen wollte. Die Ausstellungsmacher sprechen sogar vom „ersten Medienkrieg der Geschichte“. Zwischen allen Stühlen finden wir Cranach, von dem die Historiker vermuten, das er den Protestanten nahe stand, schließlich hat er das bekannteste Lutherporträt gemalt und war 1525 Trauzeuge bei dessen Eheschließung. Doch es gibt keine schriftlichen Zeugnisse, die über seine Einstellung zum damaligen Glaubensstreit eindeutig Auskunft geben. Fest steht allerdings, dass Cranach als Geschäftsmann keine Probleme hatte, Aufträge sowohl von den Katholiken als auch von der im Entstehen begriffenen protestantischen Kirche anzunehmen. So erhielt er 1520 von Kardinal Albrecht von Brandenburg den Großauftrag zur Gestaltung der Stiftskirche in Halle. Und nur zwei Jahre später lieferte er die Abbildungen zur Erstausgabe der Lutherbibel und beteiligte sich sogar als deren Herausgeber.
Die Ausstellung „Cranach im Exil“ zeigt im Aschaffenburger Schloss diese beiden Seiten der Cranach-Werkstatt. Als gut funktionierender und für damalige Verhältnisse professionell organisierter Wirtschaftsbetrieb konnte sie auch Großaufträge entgegennehmen und relativ schnell ausführen. Dabei wurde immer wieder auch auf bereits vorhandene Vorlagen zurückgegriffen, welche die Maler für den jeweiligen Auftraggeber modifizierten. So sind im Schloss Johannisburg zum Beispiel zwei Kreuzigungsdarstellungen nebeneinander aufgehängt, die deutlich auf die selbe Vorlage zurückgehen: der gute Hauptmann unter dem Kreuz. In der „katholischen“ Variante ist er eingerahmt von vielen weiteren Figuren, darunter die Soldaten, die ohnmächtig zusammengebrochene Gottesmutter Maria, der heilige Johannes. Auch kirchliche Würdenträger sind mit in das Bild eingearbeitet. Die „evangelische“ Ausführung dieses Bildes konzentriert sich auf die Kreuzigungsgruppe und den ungetauften Hauptmann, der „sola fide“ – allein aus dem Glauben selig wird, eine wichtige reformatorische Botschaft. Im großen Saal des Schlosses finden sich noch weitere Gegenüberstellungen, die den Riss zwischen der katholischen Kirche und der sich neu entwickelten Konfession deutlich machen. So findet sich zum Beispiel auf der einen Seite das Bild einer Gregormesse, in der sich Kardinal Albrecht von Brandenburg selbst hat hineinmalen lassen. Hier wird die Verwandlung des Brotes in den Leib Christi und die Verwandlung des Weines in das Blut Christi überdeutlich vor Augen geführt.
Unterschiedliche Darstellungen
Dieser katholischen Position des Eucharistieverständnisses ist das Bild „Abendmahl der Reformatoren“ gegenübergestellt. Hier schlüpfen die Reformatoren, unter ihnen Luther und Melanchthon, in die Rolle der Apostel rund um Jesus. Das Bild zeigt das Verständnis des Abendmahls aus der Sicht der Protestanten und zwar in der Nachfolge der Apostel als Verkündiger des wahren und reinen Glaubens. Allerdings kommt hier auch eine innere Auseinandersetzung der Reformatoren bei der Frage nach dem richtigen Verständnis der Gegenwart Gottes in der Eucharistie zum Ausdruck: Luther sieht man in der Position des Lieblingsjüngers, während Calvin als Judas dargestellt wird. Dies verdeutlicht noch einmal den Einsatz der Kunst als Propaganda für eine bestimmte theologische Position.
Das ausgerechnet im Schloss Johannisburg die beiden Seiten der farbenprächtigen Bilder des Lukas Cranach aufeinander prallen, hat auch eine historische Grundlage: Albrecht hielt sich nämlich gerade in seiner Residenz in Aschaffenburg auf, als ihm die 95 Thesen Luthers zugestellt wurden. An Aschaffenburg selbst sind die Unruhen damals weitgehend vorübergegangen. Zwar hatte man mitbekommen, dass Albrecht 1540 vor den Protestanten von seinem Lieblingssitz in Halle zurückweichen musste, deshalb an den Untermain gezogen war und viele seiner Kunstschätze ins Exil nachkommen ließ. Doch eine Neigung, sich der neuen Konfession anzuschließen, gab es unter den Aschaffenburgern nicht. Lediglich in Miltenberg kam es zu einem Zwischenfall, dem Albrechts Soldaten aber schnell ein Ende bereiteten. Burkard Vogt
Die Ausstellung ist noch bis zum 3. Juni im Schloss Johannisburg, in der Kunsthalle Jesuitenkirche, im Stiftsmuseum und in der Stiftsbasilika jeweils Dienstag bis Sonntag zwischen 9 bis 18 Uhr geöffnet.