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    Sinnesorientiert-kreative Führungen sollen Kunst für alle erlebbar machen

    Kunst mit allen Sinnen

    Ein wenig aufgeregt ist die kleine Besucher-Gruppe im Würzburger Kulturspeicher schon, als sie vor der Geschwister-Skulptur von Emy Roeder steht und Sophia Kippes weiße Plastikhandschuhe verteilt. Wann darf man schließlich schon mal etwas im Museum anfassen? Ehrfürchtig, beinahe zärtlich streichen sie dann über die Oberfläche der Bronze-Skulptur. „Erstaunlich kalt und sehr glatt“, fasst Reinhard seine Sinnesempfindung in Worte. Auch Petra kommt das Berühren entgegen:„Ich muss immer mit den Fingern ran!“

    Berühren erwünscht

    Das Berühren eines Kunstwerks ist Teil eines ganz besonderen Museumsführungskonzepts im Würzburger Kulturspeicher. Statt den Besucher mit vielen Worten, Daten und Fakten durch die Ausstellung zu führen, will man mit sinnesorientiert-kreativen Führungen neue Zugänge eröffnen. „Ziel ist es, Kunst für alle Menschen zugänglich machen“, betont Museumspädagogin Sophia Kippes. Ausgangspunkt für eine Führung der anderen Art kann eine Beeinträchtigung wie Demenz oder Blindheit sein – muss es aber nicht. Vielmehr geht es um die individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen, denn: „Jeder Mensch erlebt anders und hat einen Sinn, mit dem er am liebsten wahrnimmt“, so Kippes. Der Zugang über verschiedene Sinne beginnt schon in den ersten Minuten, als Sophia Kippes von der Kindheit Emy Roe­ders in Würzburg und ihrer Liebe zur fränkischen Heimat erzählt: Mit Fotografien lässt sie das alte Würzburg wiedererstehen und zitiert kurze Tagebuch-Passagen. Vor den einzelnen Skulpturen listet sie nicht einfach kunsthistorische Merkmale auf, sondern animiert die Besucher anhand einfacher Fragen selbst zu entdecken, ihrem Eindruck zu trauen und diesen in Worte zu fassen. Die Gruppe – an diesem Abend handelt es sich um einen Malkurs aus dem Matthias-Ehrenfried-Haus – nimmt das spielerische Angebot gerne an und benennt zielsicher zentrale Charakteristika. Die Einordnung ins große Ganze übernimmt dann Kippes – der expressive Ausdruck der Figuren aus der Berliner Zeit, die eher naturalistische Emy Roeder der 1920er Jahre, die stilisierten Tierdarstellungen aus Italien, die birnenförmigen Frauen der Mainzer Zeit, die hochgewachsenen Figuren aus Nordafrika. Indem Kippes vor einer Tiergruppe ein Schaffell und eine Dose mit frischem Heu herumreicht oder zum Betasten der „Geschwisterchen“ einlädt, werden die Exponate auch über Nase und Tastsinn erlebbar. Dabei treten rasch die unterschiedlichen Vorlieben hervor: Während Agneta begeistert die Figur streichelt, kann Marlies dem Berühren mit einem Handschuh nichts abgewinnen.

    Eigene Werke schaffen

    Ein Höhepunkt für alle ist der Kreativ-Teil am Ende. Besuchern, die sich das Zeichnen nicht zutrauen, gibt Kippes die Kopie einer Roeder-Zeichnung in die Hand und empfiehlt, diese kopfüber abzumalen: „So zeichnen Sie nicht das, was Sie zu sehen glauben, sondern die reine Linie“, begründet sie. Die Damen und Herren aus dem Malkurs muss Kippes nicht lange bitten; sie schwärmen in Windeseile aus und zeichnen in wenigen Zügen ihre Lieblingsexponate. Für Karin ist das ein großer Gewinn: „Ich trainiere so das genaue Hinschauen und nehme intensiver wahr“, meint sie, und Waltraud kann „durch das Zeichnen den Charakter eines Kunstwerks viel besser erfassen“. Für das Team der Museumspädagogik sollen Führungen wie diese keine Einzelaktionen bleiben. „Unser Ziel ist es, künftig in jedem Raum eine Sinnesstation zu haben“, berichtet Kippes. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung tut man bei den aktuell laufenden Inklusionswochen: Hier finden Besucher eine erste „inklusive Station“, an der sie das Bild „Mondscheinlandschaft“ von Andreas Geist durch Tasten, Riechen, Hören und Sehen erleben können. Zugleich wird die Smartphone-App „SmartInfo“ des Berufsförderungswerks getestet, die Besuchern mit und ohne Beeinträchtigungen einzelne Exponate visuell, textlich oder akustisch erläutert.      

    Anja Legge