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Pater Demosthenes ist der bedeutendste Kirchen- und Ikonenmaler der Insel Zypern
Kraftakt für Himmelsfenster
Seine Armmuskeln trainiert Pater Demosthenes zurzeit fast täglich in der Kirche des Heiligen Demetrios. In einer Gondel, die in sechs Metern Höhe dicht an der Wand von einer stählernen Schiene herabhängt. In das wackelige Gefährt steigt der orthodoxe Geistliche auf der Empore über dem Eingangsbereich des Gotteshauses ein. Dann streckt er seine Hände nach oben, greift nach der Stahlschiene und zieht sich an ihr samt der Gondel Stück für Stück in den Kirchenraum hinein.
Erst nach diesem Kraftakt, wenn Pater Demosthenes die richtige Stelle erreicht und die Gondel mit einem Schraubmechanismus in die Ruheposition gebracht hat, kann er seiner Arbeit nachgehen. Denn Pater Demosthenes ist nicht nur Priester, sondern auch der bedeutendste Kirchen- und Ikonenmaler Zyperns. Seine Arbeit ist weit über die Grenzen seiner Heimat bekannt und gefragt.
Mit kritischem Kennerblick begutachtet Pater Demosthenes seine letzten Arbeiten an der Nordwand der Demetrios-Kirche in Nikosia. Alles scheint tadellos. Doch der Experte taucht einen Pinsel in ein Gläschen weißer Farbe und bessert einige Stellen aus, die ihm zu blass scheinen. Anschließend vervollständigt er den Rahmen um eine Abbildung des heiligen Spyridon.
Bei großflächigen Wandikonen verzichtet man weitgehend auf Details“, erklärt der 42-Jährige. Nur so könnten die Bilder aus der Höhe bis zu den Sitzreihen, die in diesem Fall 1500 Gläubigen Platz bieten, ihre Wirkung entfalten. Und die ist prachtvoll.
Vor allem in kräftigem Blau, Rot und Gold erstrahlen die Malereien an den Deckenwölbungen und Wänden, zeigen Erzengel, Heilige und einzelne Episoden der Jesusgeschichte von der Geburt über die Abnahme vom Kreuz bis hin zum Pfingstwunder – eine riesige räumliche Ikone. Dass orthodoxe Kirchen ausgemalt werden, hat seinen Grund in der zentralen Bedeutung von Ikonen im kultischen Leben der Ostkirche. Sie gelten als geisterfüllte Stellvertreter dessen, was auf ihnen dargestellt ist. Ikonen sind Vermittler himmlischer Gnade. Sie sollen die Grenzen zwischen Raum und Zeit überwinden, das Sehen mit dem inneren Auge ermöglichen. „Ikonen sind Fenster zum Himmel“, sagt Pater Demosthenes.
Besonders wichtig für diesen Zweck ist die symbolische Aussage der Farben in der byzantinisch-orthodoxen Bildsprache. „Der goldene Hintergrund von Ikonen steht für die Herrlichkeit Christi und das göttliche Licht. Blau ist die Farbe des Himmels und der Ewigkeit. Rot verweist auf das Blut Christi oder aber den Glaubenseifer“, erklärt Pater Demosthenes.
Seit der Zeit des Urchristentums werden Ikonen gemalt, seit fast 2000 Jahren. So soll die Muttergottes zum ersten Mal vom Evangelisten Lukas gemalt worden sein. Alle folgenden Marien-Ikonen wurden voneinander abgemalt. Nicht immer aber steht eine persönliche Begegnung am Anfang einer Motivtradition. „Als Urbilder gelten auch Ikonen, die auf wundersame Weise erschienenen sind“, sagt Pater Demosthenes.
Die hohe Kunst der byzantinischen Sakralmalerei hat er zunächst auf Zypern erlernt. Anschließend ließ er sich in Florenz zum Restaurator ausbilden und verfeinerte später seine Fähigkeiten in der Ikonenmalerei während eines Studiums in Rom, wo er auch seinen Doktortitel der Theologie erwarb. Rund 500 Quadratmeter hat Pater Demosthenes bislang in der 1970 erbauten Kirche des Heiligen Demetrios ausgemalt. „Halbzeit“, sagt er über den erreichten Abschnitt. Fast 20 Jahre hat er hierfür gebraucht, obwohl er die Gesamtfläche von 1000 Quadratmetern auch innerhalb von zehn Monaten ausgestalten könnte. Das Studium und der Auftrag, die griechisch-orthodoxe Kirche des Heiligen Andreas in Rom auszumalen, unterbrachen seine Arbeit in der Heimat. Nach Zypern zurückgekehrt, konnte er sein Werk in der Demetrios-Kirche nur in Etappen fortsetzen. Denn neben seiner Tätigkeit als Kirchenmaler und Seelsorger widmet er sich dem Malen von Ikonen auf Holztafeln, ist auf diesem Gebiet eine Koryphäe in der orthodoxen Welt. Zudem leitet Pater Demosthenes die Byzantinische Akademie Zyperns, wo jährlich rund 60 Studenten in die Geheimnisse der Ikonenmalerei eingeweiht werden. Außerdem ist er der Direktor der erzbischöflichen Arbeitsstelle für Restaurierung. Dort sorgt Pater Demosthenes mit zehn Mitarbeitern für die Wiederherstellung und Konservierung alter Ikonen und Handschriften.
Trotz der vielen Aufgaben ist Pater Demosthenes zuversichtlich, sich für die restlichen 500 Quadratmeter in der Demetrios-Kirche genug Freiräume im Terminkalender zu schaffen, um die Arbeiten innerhalb eines Jahres abschließen zu können. Ab und zu hilft ihm auch einer seiner Studenten dabei. Das kann zu Überraschungen führen. „Hier ist einem meiner Schüler ein Bein etwas zu groß geraten“, sagt Pater Demosthenes und zeigt auf eine Figur die zum Spyridon-Ensemble gehört.
Pater Demosthenes nimmt es gelassen: „Zu unserer Kunst gehört auch, dass man Fehler immer ausbessern kann“. Dies geschieht durch Abwischen des Makels mit einer Speziallösung und geschicktes Abdecken der Stelle, so dass anschließend die richtigen Proportionen darüber gemalt werden können.
In diesem Fall ist dies besonders wichtig. Schließlich hat die Geschichte, die zur Motivgruppe um den heiligen Spyridon gehört, eine ganz aktuelle Bedeutung: Die Abbildungen erzählen vom Ende der türkischen Belagerung der Burg von Korfu im Jahre 1716. Als ein heftiges Unwetter über der Insel aufzog, geriet die türkische Streitmacht so sehr in Unordnung, dass sie abzog.
Bis heute führen dies viele orthodoxe Gläubige auf Korfu auf das Einwirken ihres Schutzheiligen Spyridon zurück. „Wir auf Zypern verbinden mit diesem Wunder die Hoffnung, dass auch auf unserer Insel die seit 1974 dauernde militärische Besetzung des Nordens durch die Türkei bald zu Ende ist.“
Dieser Wunsch könnte schon bald in Erfüllung gehen. Denn für einen Abzug der Besatzungstruppen und eine baldige Wiedervereinigung des griechischen Südteils mit dem türkischen Norden stehen die Zeichen im Augenblick besonders gut. UN-Generalsekretär Kofi Annan hat einen Lösungsplan vorgelegt, der die Gründung eines neuen föderativen Gesamtstaates nach Schweizer Vorbild vorsieht. Die UNO drängte auf eine Einigung der Konfliktparteien bis Ende Februar.
Sollte die Wiedervereinigung glücken, wartet auf Pater Demosthenes viel Arbeit. Seine Fähigkeiten als Restaurator werden dann dringend benötigt. Denn 520 orthodoxe, zum Teil sehr alte Kirchen wurden seit dem Einmarsch türkischer Truppen im Norden der Insel beschädigt und geplündert. „Einige der Gotteshäuser werden als Viehställe benutzt,“ berichtet Pater Demosthenes, der zu diesem Thema einen Dokumentationsband herausgegeben hat. Die Kosten für die bevorstehenden Restaurierungsarbeiten schätzt er auf „mehrere hundert Millionen Euro“. Trotz der massiven Vergehen am orthodoxen Kulturgut ist Pater Demosthenes weit von einer pauschalen Anprangerung entfernt. Einem erneuten Zusammenleben mit den moslemischen türkischen Zyprioten sieht er mit Zuversicht entgegen.
Pater Demosthenes wirft einen letzten Blick auf sein heutiges Werk an der Nordwand und zeigt sich zufrieden. Also lockert er die Schraube am Fixierungsmechanismus der Gondel. Dann streckt er wieder die Arme nach oben, greift nach der Stahlschiene und trainiert seine Muskeln auf ein Neues, indem er sich mit der Gondel zurück zur Empore über dem Eingangsbereich zieht. Mit einem erstaunlich kräftigen Schwung für jemanden, der als gläubiger Ikonenmaler über sich sagen darf: „Ich bin schon 2000 Jahre alt.“
Erst nach diesem Kraftakt, wenn Pater Demosthenes die richtige Stelle erreicht und die Gondel mit einem Schraubmechanismus in die Ruheposition gebracht hat, kann er seiner Arbeit nachgehen. Denn Pater Demosthenes ist nicht nur Priester, sondern auch der bedeutendste Kirchen- und Ikonenmaler Zyperns. Seine Arbeit ist weit über die Grenzen seiner Heimat bekannt und gefragt.
Mit kritischem Kennerblick begutachtet Pater Demosthenes seine letzten Arbeiten an der Nordwand der Demetrios-Kirche in Nikosia. Alles scheint tadellos. Doch der Experte taucht einen Pinsel in ein Gläschen weißer Farbe und bessert einige Stellen aus, die ihm zu blass scheinen. Anschließend vervollständigt er den Rahmen um eine Abbildung des heiligen Spyridon.
Bei großflächigen Wandikonen verzichtet man weitgehend auf Details“, erklärt der 42-Jährige. Nur so könnten die Bilder aus der Höhe bis zu den Sitzreihen, die in diesem Fall 1500 Gläubigen Platz bieten, ihre Wirkung entfalten. Und die ist prachtvoll.
Vor allem in kräftigem Blau, Rot und Gold erstrahlen die Malereien an den Deckenwölbungen und Wänden, zeigen Erzengel, Heilige und einzelne Episoden der Jesusgeschichte von der Geburt über die Abnahme vom Kreuz bis hin zum Pfingstwunder – eine riesige räumliche Ikone. Dass orthodoxe Kirchen ausgemalt werden, hat seinen Grund in der zentralen Bedeutung von Ikonen im kultischen Leben der Ostkirche. Sie gelten als geisterfüllte Stellvertreter dessen, was auf ihnen dargestellt ist. Ikonen sind Vermittler himmlischer Gnade. Sie sollen die Grenzen zwischen Raum und Zeit überwinden, das Sehen mit dem inneren Auge ermöglichen. „Ikonen sind Fenster zum Himmel“, sagt Pater Demosthenes.
Besonders wichtig für diesen Zweck ist die symbolische Aussage der Farben in der byzantinisch-orthodoxen Bildsprache. „Der goldene Hintergrund von Ikonen steht für die Herrlichkeit Christi und das göttliche Licht. Blau ist die Farbe des Himmels und der Ewigkeit. Rot verweist auf das Blut Christi oder aber den Glaubenseifer“, erklärt Pater Demosthenes.
Seit der Zeit des Urchristentums werden Ikonen gemalt, seit fast 2000 Jahren. So soll die Muttergottes zum ersten Mal vom Evangelisten Lukas gemalt worden sein. Alle folgenden Marien-Ikonen wurden voneinander abgemalt. Nicht immer aber steht eine persönliche Begegnung am Anfang einer Motivtradition. „Als Urbilder gelten auch Ikonen, die auf wundersame Weise erschienenen sind“, sagt Pater Demosthenes.
Die hohe Kunst der byzantinischen Sakralmalerei hat er zunächst auf Zypern erlernt. Anschließend ließ er sich in Florenz zum Restaurator ausbilden und verfeinerte später seine Fähigkeiten in der Ikonenmalerei während eines Studiums in Rom, wo er auch seinen Doktortitel der Theologie erwarb. Rund 500 Quadratmeter hat Pater Demosthenes bislang in der 1970 erbauten Kirche des Heiligen Demetrios ausgemalt. „Halbzeit“, sagt er über den erreichten Abschnitt. Fast 20 Jahre hat er hierfür gebraucht, obwohl er die Gesamtfläche von 1000 Quadratmetern auch innerhalb von zehn Monaten ausgestalten könnte. Das Studium und der Auftrag, die griechisch-orthodoxe Kirche des Heiligen Andreas in Rom auszumalen, unterbrachen seine Arbeit in der Heimat. Nach Zypern zurückgekehrt, konnte er sein Werk in der Demetrios-Kirche nur in Etappen fortsetzen. Denn neben seiner Tätigkeit als Kirchenmaler und Seelsorger widmet er sich dem Malen von Ikonen auf Holztafeln, ist auf diesem Gebiet eine Koryphäe in der orthodoxen Welt. Zudem leitet Pater Demosthenes die Byzantinische Akademie Zyperns, wo jährlich rund 60 Studenten in die Geheimnisse der Ikonenmalerei eingeweiht werden. Außerdem ist er der Direktor der erzbischöflichen Arbeitsstelle für Restaurierung. Dort sorgt Pater Demosthenes mit zehn Mitarbeitern für die Wiederherstellung und Konservierung alter Ikonen und Handschriften.
Trotz der vielen Aufgaben ist Pater Demosthenes zuversichtlich, sich für die restlichen 500 Quadratmeter in der Demetrios-Kirche genug Freiräume im Terminkalender zu schaffen, um die Arbeiten innerhalb eines Jahres abschließen zu können. Ab und zu hilft ihm auch einer seiner Studenten dabei. Das kann zu Überraschungen führen. „Hier ist einem meiner Schüler ein Bein etwas zu groß geraten“, sagt Pater Demosthenes und zeigt auf eine Figur die zum Spyridon-Ensemble gehört.
Pater Demosthenes nimmt es gelassen: „Zu unserer Kunst gehört auch, dass man Fehler immer ausbessern kann“. Dies geschieht durch Abwischen des Makels mit einer Speziallösung und geschicktes Abdecken der Stelle, so dass anschließend die richtigen Proportionen darüber gemalt werden können.
In diesem Fall ist dies besonders wichtig. Schließlich hat die Geschichte, die zur Motivgruppe um den heiligen Spyridon gehört, eine ganz aktuelle Bedeutung: Die Abbildungen erzählen vom Ende der türkischen Belagerung der Burg von Korfu im Jahre 1716. Als ein heftiges Unwetter über der Insel aufzog, geriet die türkische Streitmacht so sehr in Unordnung, dass sie abzog.
Bis heute führen dies viele orthodoxe Gläubige auf Korfu auf das Einwirken ihres Schutzheiligen Spyridon zurück. „Wir auf Zypern verbinden mit diesem Wunder die Hoffnung, dass auch auf unserer Insel die seit 1974 dauernde militärische Besetzung des Nordens durch die Türkei bald zu Ende ist.“
Dieser Wunsch könnte schon bald in Erfüllung gehen. Denn für einen Abzug der Besatzungstruppen und eine baldige Wiedervereinigung des griechischen Südteils mit dem türkischen Norden stehen die Zeichen im Augenblick besonders gut. UN-Generalsekretär Kofi Annan hat einen Lösungsplan vorgelegt, der die Gründung eines neuen föderativen Gesamtstaates nach Schweizer Vorbild vorsieht. Die UNO drängte auf eine Einigung der Konfliktparteien bis Ende Februar.
Sollte die Wiedervereinigung glücken, wartet auf Pater Demosthenes viel Arbeit. Seine Fähigkeiten als Restaurator werden dann dringend benötigt. Denn 520 orthodoxe, zum Teil sehr alte Kirchen wurden seit dem Einmarsch türkischer Truppen im Norden der Insel beschädigt und geplündert. „Einige der Gotteshäuser werden als Viehställe benutzt,“ berichtet Pater Demosthenes, der zu diesem Thema einen Dokumentationsband herausgegeben hat. Die Kosten für die bevorstehenden Restaurierungsarbeiten schätzt er auf „mehrere hundert Millionen Euro“. Trotz der massiven Vergehen am orthodoxen Kulturgut ist Pater Demosthenes weit von einer pauschalen Anprangerung entfernt. Einem erneuten Zusammenleben mit den moslemischen türkischen Zyprioten sieht er mit Zuversicht entgegen.
Pater Demosthenes wirft einen letzten Blick auf sein heutiges Werk an der Nordwand und zeigt sich zufrieden. Also lockert er die Schraube am Fixierungsmechanismus der Gondel. Dann streckt er wieder die Arme nach oben, greift nach der Stahlschiene und trainiert seine Muskeln auf ein Neues, indem er sich mit der Gondel zurück zur Empore über dem Eingangsbereich zieht. Mit einem erstaunlich kräftigen Schwung für jemanden, der als gläubiger Ikonenmaler über sich sagen darf: „Ich bin schon 2000 Jahre alt.“