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    Von Kindesbeinen an sind sie Passionsschauspieler: Willy Rosenberger und Aurelia Martschoke

    Knoblauchwurst und Zitronenlimo als Gage

    Von Kindesbeinen an sind sie Passionsschauspieler: Willy Rosenberger und Aurelia Martschoke
    SÖMMERSDORF. Als vor 70 Jahren die ersten Passionsspiele in Sömmersdorf (Dekanat Schweinfurt-Nord) aufgeführt wurden, standen unter den Darstellern auch Kinder auf der Bühne. Zwei von ihnen, Willi Rosenberger und Aurelia Martschoke, haben bis zur Aufführung im Sommer vergangenen Jahres durchgehalten: Auch im hohen Alter standen sie als Angehörige des jüdischen Volkes auf den Brettern, die die Welt bedeuten.
     
    Zehn und dreizehn Jahre waren die beiden Kinder damals alt, als ihr Dorflehrer Guido Halbig im „Heiligen Jahr“ 1933 den Männergesangverein für seine Idee von dem religiösen Stück um die Leidensgeschichte Jesu begeistern konnte. Geblieben ist zwar im Großen und Ganzen der Text des Schauspiels, doch hat sich seit damals einiges geändert, stellen die beiden Senioren fest.
    Gespielt wurde 1933 und 1934 noch im Biergarten der Gastwirtschaft, das heutige Bühnenhaus in einem Waldstück am Dorfrand wurde erst 1967 gebaut. Zimmerleute bauten damals extra eine Holzbühne auf, erinnert sich der 80-jährige Willi Rosenberger. „Drei große Kastanien standen da“, ergänzt Aurelia Martschoke, deren Elternhaus und Obstgarten an das Gelände angrenzte. „In der Scheune haben wir uns umgezogen“, weiß sie noch. Das ganze Dorf war geschmückt, Girlanden aus Eichenlaub hingen an den Häusern, große Fahnen kündeten in den Straßen von dem Ereignis.
     
    Zu Fuß zu den Spielen
    Aus der ganzen Gegend kamen die Zuschauer zu den Aufführungen, zu Fuß, mit Fahrrädern und Pferdefuhrwerken. „Das war wunderbar, was haben wir da eine Freud’ gehabt“, strahlt Rosenberger über diesen Abschnitt seiner Kindheit. „Wenn die Plätze nicht gelangt haben, haben wir halt Stühle von daheim geholt“, weiß die 83-jährige Aurelia Martschoke noch. Natürlich gab es damals keine Mikrofone, Lautsprecher oder musikalische Einblendungen wie heute. Stattdessen haben die Darsteller hinter der Bühne kirchliche Lieder gesungen, so zum Beispiel „Beim Letzten Abendmahle“.
    Im Gedächtnis geblieben ist Rosenberger auch der „Lohn“ für die Schauspielerei: „Eine Knoblauchwurst, ein Brötle und eine Zitronenlimo – wir Kinder waren da ganz begeistert“. Heute erhalten die Sömmersdorfer Laiendarsteller – statt damals 70 stehen heute 300 auf der Bühne – Essens- und Getränkegutscheine; Geld soll und darf nicht gezahlt werden.
     
    Zucht und Ordnung
    An den ersten Spielleiter Guido Halbig haben beide wie auch der 65-jährige Vorsitzende der Fränkischen Passionsspiele, Robert Seemann, noch genaue Erinnerungen. „Der Halbig hat viel auf Disziplin geachtet“, als Regisseur und als Lehrer, weiß Rosenberger. Wenn er die Schulbuben abends um sieben noch auf der Straße fand, dann setzte es was. Streng war er auch zu seinen Darstellern: Er achtete genau auf die Aussprache, die Betonung und das Sprechtempo. Den ursprünglich zehn Aufzügen fügte er vier hinzu, heute sind es 20 Szenen, ergänzt Seemann. Nachts malte „der Halbig“ sogar einige Bühnenbilder selber, die ersten Kostüme lieh man sich vom Würzburger Friseur Jakob Kemmer, der nach dem Ersten Weltkrieg in der Bischofsstadt Passionsspiele mit umher reisenden Schauspielern veranstaltet und auch den Ursprungstext des Sömmersdorfer Stücks besorgt hatte.
    Als bereits 1935 die Passionsspiele durch die Reichstheaterkammer verboten wurde, war bei allen Sömmersdorfern die Enttäuschung groß, denken die Senioren zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der Wunsch, die Spiele wieder aufleben zu lassen. Der inzwischen nach Bayreuth verzogene Halbig übernahm erneut die Leitung. Doch die Kostüme waren während des Krieges in Würzburg verbrannt. Frauen aus dem Dorf nähten daher neue Gewänder für die erste Aufführung 1957.
     
    Frühere Rollen im Gedächtnis
    Als Mitglied des Hohen Rates und als Händler Abiron wirkte Rosenberger nun mit. Den Text kann er heute noch: „Geld zum Wechseln, kann ich drechseln, in ganz kurzer Zeit“ spricht er seine frühere Rolle fließend daher. Aurelia Martschoke spielte damals eine der Frauen auf dem Weg zum Grab Jesu: „Sieh her, in diesem Krug befindet sich genügend Palmwein, um damit die Glieder Jesu zu benetzen“, entsinnt sich auch die 83-Jährige ihrer Rolle.
    Als Jünger Johannes, später als König Herodes, in diesem Jahr als Verbrecher Barabas steht auch Robert Seemann immer mit auf der Bühne. Seit 28 Jahren ist er die treibende Kraft der Fränkischen Passionsspiele. Ihm sowie den beiden ältesten Spielern und zahlreichen langjährigen Darstellern galt ein Ehrenabend, an dem sie vom Verband Deutscher Freilichtbühnen, dem Verband Bayerischer Amateurtheater, dem eigenen Verein sowie der Gemeinde Euerbach ausgezeichnet wurden.
    Ans Aufhören – vor allem als Schauspieler – denkt der Vorsitzende der Fränkischen Passionsspiele, Robert Seemann, noch lange nicht. Für den 83-jährigen Willi Rosenberger ist Krankheit ein Hindernis, in fünf Jahren erneut auf der Bühne zu stehen. Und die 83-jährige Aurelia Martschoke lacht nur: „Wenn ich gesundheitlich beieinander wäre, würde ich gerne wieder mitmachen.“