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    Die Sperrmauer im Heiligen Land

    Kein Garant für Sicherheit

    Eine Welle von Gewalt erschüttert derzeit wieder einmal das Leben der Menschen in den besetzten palästinensischen Gebieten und in Jerusalem. Dabei sollte die sogenannte Sperr­mauer genau das verhindern.

    Der Plan war so groß wie verwegen. Eine neun Meter hohe Sperrmauer sollte Jerusalem vor palästinensischen Angriffen schützen und Sicherheit bieten. Nicht nur die jüngsten Anschläge in Jerusalem haben gezeigt, dass diese Hoffnung vergebens war. Ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag wurden bei einem Angriff auf eine Synagoge sieben Menschen erschossen; einen Tag später feuerte ein erst 13-jähriger Palästinenser auf Passanten. Der neuerliche Gewaltausbruch sorgte auch international für Entsetzen und Zorn. Es ist ein weiteres trauriges Kapitel in einer langen Geschichte von Gewalt und gescheiterten Friedens­bemühungen, die 2002 in den Bau der Sperrmauer zwischen dem Westjordanland und Israel mündeten. Bis zur Jahrhundertwende hofften noch viele im Heiligen Land auf Frieden. Die Abkommen von Oslo lagen noch nicht lange zurück. Dann aber begann die zweite Intifada.

    Baubeginn im Jahr 2022

    Israel besann sich auf die Anfang der 90er Jahre vom damaligen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin vorgebrachte Idee, eine Barriere zwischen Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten zu errichten. Dass Rabin 1994 gerade für seine historischen Bemühungen um Frieden den Friedensnobelpreis erhalten hatte, geriet ins Hintertreffen. Am 23. Juni 2002 bewilligte die damalige israelische Regierung unter Ministerpräsident Ariel Scharon die Mittel für die Umsetzung des Plans. Man begann mit dem Bau einer auf 760 Kilometer Länge angelegten Grenze. Sie prägt und beeinträchtigt seither das Leben vor allem der Palästinenser.

    „Großen diplomatischen Schaden“ sah der damalige Außenminister Schimon Peres durch den Mauerbau auf Israel zukommen. Dennoch wurde auch unter ihm als Staatspräsident (2007 bis 2014) an dem „Sicherheitsprovisorium“ weitergebaut. Bis heute ist die Sperranlage aus Mauer und Zaun lückenhaft, auch aus wirtschaftlichem und politischem Kalkül. Israel ist auf die billigen palästinensischen Arbeitskräfte angewiesen, auch wenn sie sich illegal im Land aufhalten. Umgekehrt stabilisierte der Geldfluss in die besetzten Gebiete in Form von Löhnen bis zu einem gewissen Grad die soziale Lage dort.

    Der Zaun ist lückenhaft

    Zehntausende sollen laut israelischen Medien täglich die Schlupflöcher der Sperranlage überqueren, unter den geschlossenen Augen der israelischen Armee. Während Sicherheitsexperten in der indirekten Wirtschaftshilfe eine sinkende Motivation für Terrorakte sahen, nahm die Nichtfertigstellung den Anhängern eines Groß-Israel die Sorge um die Abgabe von Gebieten. Als jedoch im Frühjahr 2022 bei einer Reihe von palästinensischen Anschlägen an verschiedenen Orten in Israel Menschen starben, trat die Sperranlage erneut auf die politische Agenda. Forderungen nach Schließung der Lücken wurden laut. Zuletzt im April hatte das israelische Sicherheitskabinett beschlossen, auf einem 40 Kilometer langen Teilstück den bestehenden Zaun durch eine neun Meter hohe Betonmauer zu ersetzen – in der Gegend, aus der die Attentäter stammen sollen, die Ende März 2022 in Bnei Brak bei Tel Aviv fünf Menschen getötet haben. Mit der Erneuerung des Teilstücks belebe er Oslo wieder, kritisierten Politiker des rechten Flügels das Vorhaben des damaligen Ministerpräsidenten Naftali Bennett als Markierung einer künftigen Grenze Israels – und damit als Vorbereitung für einen palästinensischen Staat. Ob eine physische Barriere zwischen Israel und den besetzten Gebieten eine wirksame Terrorabwehr ist oder ob es vielleicht doch die Löcher im System sind, die die Lage halbwegs unter Kontrolle halten, darüber können mit Blick auf die jüngs­ten Anschläge Zweifel aufkommen. Unübersehbar sind hingegen die Auswirkungen auf das tägliche Leben der Palästinenser. Menschenrechtler kritisieren, dass die bei Errichtung der Sperranlage gegebenen Versprechen, die Eigentumsrechte der Palästinenser zu respektieren und den Zugang von Bauern zu ihrem Land zu gewährleisten, immer wieder gebrochen werden. Immer mehr Anträge auf Zugang würden abgelehnt, Zulassungskriterien immer weiter verschärft, bemängelte Anfang 2020 die israelische Menschenrechtsorganisation Ha Moked. Auch international wird die Sperranlage kritisiert. Unter anderem urteilte der Internationale Gerichtshof 2004 in einem von der UN in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten, dass Israel mit dem Bau gegen das Völkerrecht verstoße. Das Land hat sich unterdessen weiter eingezäunt. Gut 240 Kilometer Zaun entlang der ägyptischen Grenze, fertiggestellt 2014, sollen Israel vor „illegalen Eindringlingen“, Flüchtlingen aus dem Sudan und anderen afrikanischen Staaten schützen. Im Dezember 2021 schloss Israel zudem die Umzäunung des Gazastreifens ab. Auf einer Länge von 65 Kilometern trennen nun unter- und überirdisch Stahl und Beton den schmalen palästinensischen Küstenstreifen mit mehr als zwei Millionen Einwohnern von seinem Nachbarn.

    Andrea Krogmann/KNA