An einem sonnigen Julitag mitten in den Weinbergen der Lage „Königin“ in Tauberrettersheim (Dekanat Ochsenfurt) – mit Blick auf die 840 Einwohner zählende Gemeinde im Taubergrund. Mit Anmut präsentiert die amtierende Fränkische Weinkönigin Marion Wunderlich einen 3-Liter-Bocksbeutel. Für die 23-Jährige ist die Flasche ein ganz besonderes Stück. Die Schauseite zeigt ein von Weinreben umkränztes Dorf – das Heimatdorf der Weinkönigin, mit der charakteristischen Balthasar-Neumann-Brücke. Gemalt hat die Ansicht ihr Großvater Josef, der wie Oma Maria – wären sie nicht vor einigen Jahren schon gestorben – „sich riesig über meine Wahl zur Fränkischen Weinkönigin gefreut hätte“.
Monate nach der Wahl und der triumphalen Kutschenfahrt durchs Königinnen-Dorf schwirren Marion Wunderlich die Bilder noch im Kopf herum: „Das ist doch schon der Wahnsinn, wenn ein ganzes Dorf so hinter einem steht.“ Über 1000 Menschen hätten die Straßen gesäumt, und nicht nur aus Tauberrettersheim. Sie habe von alledem nichts gewusst. „Es hieß nur, ich krieg einen Empfang. Dann dieser Fackelumzug. Jeder hat Kerzen vor sein Haus gestellt, wo der Zug entlang ging ...“
Wer glaubt, dass jetzt Ruhe eingekehrt ist, der irrt. Alleine in den ersten 100 Tagen ihrer Regentschaft hat die Fränkische Weinkönigin bereits über 130 Repräsentationstermine hinter sich gebracht. Ob sie es schon bereue, ob der vielen Termine zur Wahl angetreten zu sein? „Nein, das Amt reizt immer noch. Angesichts der vielen Termine muss ich erstmals überlegen, was war eigentlich gestern?“ Doch das schöne sei, beispielsweise Politiker bei einem Gespräch mal von ihrer privateren Seite her kennenzulernen, erzählt sie, immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Dann erkenne sie, dass Politiker auch nur Menschen seien. „Und viele auch Weintrinker“, fügt sie spontan an, um als Königin des fränkischen Rebensafts, dann auf das Wesentliche, nämlich auf den Wein sprechen zu kommen.
Die südlichste Ecke
Als Fränkische Weinkönigin repräsentiere sie nun die gesamte Region des Frankenweins. Manchmal werde sie gefragt, wie es denn sein könne, dass eigentlich eine badische Frau Fränkische Weinkönigin werden könne. „Nein nein, wenn, dann wäre ich württembergisch und nicht badisch“, kontere sie. „Ich muss den Leuten immer erst erklären, dass es drei Weinanbaugebiete an der Tauber gibt. Und dass die Ortschaften Tauberrettersheim und Röttingen die südlichste Landkreisecke vom Bezirk Unterfranken bilden.“
Wann sie zum Wein gekommen ist, das weiß Marion Wunderlich nicht mehr so recht. „Man war als kleines Kind schon immer bei der Lese dabei. Da gab es natürlich auch immer schon einen Wein irgendwo auf dem Tisch.“ Und welche Rebsorte mag die Weinkönigin am liebsten? „Ich hab keine Lieblingsrebsorte. Es kommt eben auch immer auf die Stimmung an, oder was zum Essen passt. Wenn es heiß ist, mag ich eher mal was Leichtes, im Winter vorm Kachelofen lieber Rotwein. Ich kann da schwer eine Lieblingsrebsorte benennen.“
Auch die zahlreichen notwendigen Arbeiten im Weinberg kenne sie. Traubenlese sei was Schönes. Aber auch außerhalb der Lesezeit steht die gelernte Vermessungstechnikerin ihre Frau: „Beim Schneiden, Binden, da bin ich immer dabei.“ Sie beherrsche das, vor allem mit Unterstützung vom Stiefopa. Der sei natürlich auch immer an ihrer Seite, weil ihm der Weinberg gehöre. Manche mag es jetzt verwundern: Die Eltern der Fränkischen Weinkönigin besitzen gar keine eigenen Weinberge, sondern betreiben auf ihrem Aussiedlerhof gegenüber des Dorfs, mitten in der Weinlage „Tauberrettersheimer Königin“ gelegen, Schweinemast und Schweineaufzucht. Doch das tut dem Amt keinen Abbruch, lässt Marion durchblicken.
Wer der 22-Jährigen begegnet, den fasziniert ihre natürliche Ausstrahlung. Sie selbst beschreibt sich als lebenslustigen Menschen: „Ich geh gern auf Menschen zu. Ich bin offen.“ Da gebe es kaum mal einen Tag, an dem sie kein Lächeln im Gesicht habe. „Ich bin auch beim Fasching dabei.“ Eine echte Weinkönigin in der Bütt? „Nein, nicht als Weinkönigin, sondern als die Wurschtuschi!“ Beim Metzger sei früher immer der Dorftreff gewesen. „Was man da so alles an Dorftratsch und Klatsch gehört hat. Da war ich dann immer die Wurstverkäuferin, die Wurschtuschi.“
Ehrlich und auch ehrgeizig
Doch im wahren Leben liegen ihre Stärken nicht beim Wurstverkauf. Gesunden Ehrgeiz habe sie und zielorientiert sei sie auch. „Wenn ich ein Ziel habe, dann will ich das auch erreichen. Ich bin ehrlich, das ist für mich sehr wichtig. Ehrlichkeit rechne ich auch anderen ganz hoch an.“ Und Schwächen? „Nicht ,nein’ sagen zu können. Deswegen bin ich wohl auch überall aktiv, weil ich einfach schwer nein sagen kann.“ Und wie stehts mit Gummibärchen? „Eher Gummibärchen als Schokolade. Am meisten stehe ich aber auf herzhafte Sachen, beispielsweise auf Sauerbraten, das ist meine Schwäche.“ Eine Schwäche von der Wurschtuschi? „Nein, von Marion Wunderlich.“
In der Pfarrei engagiert
Seit 2010 engagiert sich die 22-Jährige im Pfarrgemeinderat ihrer Pfarrei St. Vitus. Vom Ministrantenamt gleich in die Gremienarbeit? „So war das nicht“, erzählt sie. Sie sei gezwungenermaßen nie Ministrantin gewesen. „Bei uns durften bis vor ein paar Jahren nur Jungen Ministranten werden.“ Heute, unter dem neuen Pfarrer, sei der Zulauf der Mädchen größer als der der Buben. „Und die sind es auch, die eher durchhalten“, lacht Marion.
Was sie dazu bewogen habe, als junge Frau von 18 Jahren das Amt der Pfarrgemeinderätin anzustreben? Ihr Opa Josef Wunderlich sei Mesner gewesen. Nach seinem Tod habe Oma Maria Wunderlich das Amt übernommen. „Und die hat mich kurz vor ihrem Tod noch auf die Wahlliste gebracht.“ Es sei ihr großer Wunsch gewesen, dass ihre Enkeln sich da engagiere. Seitdem betreibe sie Jugendarbeit, weil: „Mit Kindern arbeite ich sehr gerne.“ Gemeinsam mit einer Kollegin bereite sie Kinderbibel- und Actiontage vor. Ansonsten gebe es viel Organisatorisches zu besprechen. Um Jugendliche für Kirche zu gewinnen, wie sollte man ihrer Meinung nach sie ansprechen? „Familiengottesdienste kommen sehr gut an, weil man einfach auch selbst aktiv werden und mitgestalten kann. Es wird schon mal ganz anders begrüßt, da werden die Kinder mit eingebunden.“
Und was schätzt Pfarrer Gerhard Hanft an Marion Wunderlich? „Marion ist natürlich, das heißt: In Gesprächen kommt sie nicht gekünstelt rüber. Sie hat aber nicht nur eine ehrliche Ausstrahlung, sondern sie steht auch wirklich hinter dem, was sie sagt und tut. Gerade bei kirchlicher Jugendarbeit ist eine solche Ausstrahlung wichtig, denn die jungen Menschen merken, ob man auch authentisch ist.“
Das Leben nach dem Jahr als Weinkönigin, wie stellt sich Marion Wunderlich die Zukunft vor? „Natürlich erstmal wieder das Arbeiten anfangen. Dann auf jeden Fall Kinder, Familie. Das ist so mein Hauptziel.“ Und der Richtige ist schon da? „Ich hab sozusagen schon einen im Auge“, mehr aber verrät sie nicht.