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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Jesus es nuestra esperanza – Jesus ist unsere Hoffnung

    Nach einer Kubarundreise besuchten Dr. Wilfried Behl und seine Frau Ingrid aus Höchberg den deutschen Priester Michael Bautz, der seit sieben Jahren in der Diözese Pinar del Rio als Missionar tätig ist. Viel Beeindruckendes hat das Ehepaar bei dieser Gelegenheit erlebt; hier ihr Bericht:
    Nach einer Kubarundreise besuchten Dr. Wilfried Behl und seine Frau Ingrid aus Höchberg den deutschen Priester Michael Bautz, der seit sieben Jahren in der Diözese Pinar del Rio als Missionar tätig ist. Viel Beeindruckendes hat das Ehepaar bei dieser Gelegenheit erlebt; hier ihr Bericht:
    Padre Miguel holt uns mit dem Auto ab. Die Autobahn von Havanna nach Pinar del Rio ist kerzengerade und fast leer, da es kaum Treibstoff gibt. Ab und zu sehen wir Straßenkreuzer aus der Zeit vor der Revolution. Wir überholen rostige LKW’s, die den Personennah- und -fernverkehr sicherstellen: Auf den Ladeflächen stehen die Einheimischen zusammengepfercht. Am Autobahnrand fahren Pferdefuhrwerke, Ochsengespanne und Radler, die uns auch manchmal als Geisterfahrer entgegenkommen.

    Unser erster Besuch gilt dem Bischof José Siro González Bacallao von Pinar del Rio. Am Tag zuvor ist er 74 geworden. Wir kommen auch auf den Papstbesuch von 1998 zu sprechen. Ja, kurze Zeit danach habe es Erleichterungen gegeben, da habe auch der Padre sein Auto erwerben und es dem Bischof überschreiben können. Inzwischen wird von Fidel Castro, der Staatspartei und der Staatsregierung als Handlungsanweisung die Devise ausgegeben, den Papstbesuch habe es nie gegeben. So mussten zum Beispiel die Polizisten von Mantua am 25. Dezember 2004 – der Weihnachtsfeiertag ist in Kuba anlässlich des Papstbesuches wieder eingeführt worden – ihre Station außen streichen. In einer anderen Pfarrei wurde an den drei Weihnachtsfeiertagen Karneval angeordnet, so dass die Gemeinde das Weihnachtsfest verlegen musste, weil der Festplatz neben der Kirche liegt und man kein Wort verstanden hätte. Noch mit seinem Sterben hat Johannes Paul II. die kubanische Politik beeinflusst: Erst am Todestag des Papstes durfte das kubanische Fernsehen über den totkranken Papst berichten.

    Die Diözese Pinar del Rio hat am meisten unter Repressalien des Staates zu leiden. Das Bischöfliche Amt gibt nach dem päpstlichen Motto „Habt keine Angst!“ alle zwei Monate die kritische Zeitschrift „Vitral“ heraus. Der Bischof wurde deshalb bereits zweimal auf der Titelseite der Parteizeitung „Granma“ in Großaufnahme gebrandmarkt. Wegen „Vitral“ bekommt die Diözese keine Missionare, keine Autos, kein Baumaterial; Baugenehmigungen werden nur unter erschwerten Bedingungen erteilt. Anderen Diözesen gehe es etwas besser, meint der Bischof. Sekten dagegen werden vom Staat sehr gefördert. Sie sind für den Staat die stärkste Waffe gegen die katholische Kirche.

    Später zeigt uns Padre Miguel in einem Slumgebiet sein Kinderhaus, in dem 40 Kinder ab dem ersten Lebensjahr betreut werden und auch ein einfaches Mittagessen bekommen. Laut Gesetz darf nur der Staat Kindergärten errichten, eine Betreuung dagegen ist jedermann gestattet. Wir sind spät dran. Einige Kinder sind noch nicht abgeholt. Sie sind müde und sitzen still nebeneinander auf einer Bank. „Womit beschäftigen sich die Kinder den ganzen Tag?“, wollen wir wissen. Die Betreuerinnen zucken mit den Schultern. Spielzeug können wir nirgends entdecken.
    Es ist schon dunkel als wir nach zwei Polizeikontrollen unser Ziel, die Kirche in Mantua, erreichen. In Kuba wohnen die Priester in der Regel auf dem Dachboden des Kirchengebäudes. Staatssicherheit und Polizei, die ihre Stützpunkte genau der Kirche gegenüber haben, observieren uns und das, was wir aus dem Auto laden. Unser Padre hat uns für einige Tage aufgenommen und ist derweil in die Sakristei gezogen. Erschöpft lassen wir uns auf die kubanischen Schaukelstühle fallen und springen sofort wieder auf. Ohrenbetäubende Discomusik hat eingesetzt. Das an die Kirche angrenzende Kulturzentrum sorgt jedes Wochenende für diese entsetzliche Beschallung. Es soll der Eindruck entstehen, als würde sich die ganze Jugend der Kleinstadt im Kulturzentrum aufhalten. In Wirklichkeit sind es nur einige wenige.
    1962 wurden in Kuba Lebensmittelkarten eingeführt. Zur Zeit gibt es pro Person im Monat je drei Kilogramm Zucker und Reis, drei Eier, vier Liter Öl und ein Stück Seife. Milch gibt es nur für Kinder bis zum siebten Lebensjahr. Täglich bekommt jeder Kubaner ein kleines Brötchen. Seit über 20 Jahren erhalten die Menschen in Kuba den gleichen Lohn, wenn sie Glück haben, 15 Euro im Monat, in der Regel sind es nur acht. Überall wird versucht zu stehlen. Dies ist eine Art Notwehr und ein Ausbruchsversuch aus der Armut. Was Michael Bautz unbedingt für sich und für die Kirche braucht, muss er neben dem Bett und auf Schränken lagern: Werkzeug, Nägel, Farbeimer.
    In den Apotheken in Kuba ist fast nichts zu finden. Der Staat hat keine Devisen, um Arzneimittel im Ausland zu kaufen. Jedem Touristen ist es erlaubt, zehn Kilogramm Medikamente ins Land zu bringen. Wir haben das gemacht. Die Kirche gibt dann die Medikamente verlässlich an kranke Menschen aus.

    Wir begleiten Padre Miguel zu seinen Außenstationen. Eine Stunde vor Gottesdienstbeginn ist Katechese, heute für die Alten. Eine temperamentvolle Frauengruppe sucht Gottesdienstlieder aus. Viele Leute, die vorzeitig in die Kirche kommen, gesellen sich zu den Sängerinnen. Die Kinder drängen sich alle um den Padre. Neuankömmlinge umarmen die bereits Anwesenden und unterhalten sich lebhaft. Auf einmal wird es ganz still. Dann beginnen alle zu singen: „Ven, ven, senor, no tardes“ – „Komm, komm, Herr, komm bald!“  „Jesus es nuestra esperanza“, predigt der Padre, „Jesus ist unsere Hoffnung“.
    Für sich braucht Bautz im Monat knapp 50 Euro. Sein restliches deutsches Gehalt fließt in die Pastoral und in die Häuser der Ärmsten. In Mantua zum Beispiel bekommen 500 Schulkinder jeden Tag vor der Schule eine Tasse heiße Schokolade. Viele Initiativen hat Michael Bautz ergriffen. Im April wurde er 65. Würde sich ein Nachfolger finden, ließe er sich zur Rückkehr nach Deutschland überreden. Doch er will die Menschen in Mantua nicht ohne Priester zurücklassen. Jesus es esperanza! Welche Hoffnung sollten sie sonst haben?