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      Pfarrer der ukrainisch-griechisch-katholischen Kirche über Hoffnung in unsicheren Zeiten

      Intensiver Dialog mit Gott hat begonnen

      Mit Bischof Bohdan Dzyurakh erwarten die Gläubigen der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche in der Würzburger Pfarrei St. Bruno in Heidingsfeld am 4. Februar hohen Besuch. Was diese Kirche ausmacht und wie das Gemeindeleben aussieht, erzählt Pfarrer Ivan Sokhan, seit April 2023 Priester und Administrator der Personalpfarrei dieser katholischen Ostkirche in den Bistümern Würzburg und Bamberg.

      Als Katholik weiß man die ukrainische griechisch-katholische Kirche nicht so recht einzuordnen. Können Sie weiterhelfen?

      Das sind drei Wörter, die auf verschiedene Aspekte hinweisen. „Ukrainisch“, weil diese Glaubensgemeinschaft in der Ukraine beheimatet ist. „Katholisch“ bedeutet, dass wir uns als Teil der katholischen Kirche verstehen. Wir sind mit Rom uniert (vereinigt; Anmerkung d. Red.) und Papst Franziskus ist unser Oberhaupt. „Griechisch“ verweist auf den byzantinischen Ritus.

      Das bedeutet der Ablauf der Messe ist ein anderer?

      Wir feiern in weiten Teilen noch die Liturgie des heiligen Johannes Chrysostomos aus dem 4. Jahrhundert, allerdings verwenden wir unsere Muttersprache. Unsere Messe teilt sich auch in Wortgottesdienst und Eucharistie. Doch gibt es viele Unterschiede zum römisch-katholischen Ritus. Wir singen andere Lieder, sprechen andere Gebete und es gibt kein Orgelspiel. Wir verwenden nicht ungesäuertes Brot als Hostie, sondern Hefebrot und die Kommunion empfangen die Gläubigen immer in beiden Gestalten. Bei uns trennt die sogenannte Ikonostase den Altarraum vom Raum der Gläubigen. Das ist keine Barriere, sondern eine Visualisierung der Himmelstüre, die sich während des Gottesdienstes öffnet.

      Das erinnert stark an eine orthodoxe Messe.

      Ja, der byzantinische Ritus meint orthodox. Nur sind wir eine katholische Ostkirche. Das hat komplexe kirchengeschichtliche Gründe. Papst Johannes Paul II. sagte einmal: „Die katholische Kirche atmet mit zwei Flügeln einer Lunge“.

      Wie groß ist die Glaubensgemeinschaft?

      Wir sind die größte katholische Ostkirche. Die Schätzungen liegen zwischen 4,5 und 6 Millionen Gläubigen. Es ist schwierig eine genaue Zahl zu nennen, weil sie in keinem Register eingetragen sind. Laut jüngster Befragung fühlen sich 8,8 Prozent der ukrainischen Bevölkerung der griechisch-katholischen Kirche zugehörig. In Deutschland leben schätzungsweise 120000 Gläubige.

      Der Bereich, den Sie als Priester und Seelsorger abdecken, ist groß.

      Im ganzen Frankenland bin ich zuständig für drei Pfarreien und feiere an jedem Wochenende Gottesdienste in Bamberg, Nürnberg und Würzburg. Seit September gelegentlich in Erlangen und Kulmbach. Das sind zwei Diözesen mit ziemlich intensiver pastoraler Arbeit.

      Vermutlich ist mit Kriegsbeginn der Bedarf gestiegen?

      In Unterfranken leben rund 17200 ukrainische Flüchtlinge. Vor dem Krieg waren es 2500 Ukrainer. Zu uns kommen nicht nur die griechisch-katholischen Gläubigen, sondern auch Menschen aus der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche. Der Ritus ist gleich, nur die Sprache in der Messe ist eben nicht russisch oder kirchenslawisch. Viele haben ein Trauma und können nicht weiter in die orthodoxe Kirche gehen. Selbstverständlich spenden wir auch diesen Menschen die Sakramente.

      Wie sieht Gemeindeleben in Würzburg aus?

      Wir feiern jeden Sonntag um 16 Uhr Gottesdienst. Würzburg ist die kleinste meiner Gemeinden. Früher besuchten maximal zehn Leute regelmäßig den Gottesdienst, nun kommen auch mal 20, 40 und bis zu 70 Leute an großen Festtagen. Das sind geflüchtete Familien aber auch Menschen, die sich hier vorher ein Leben aufgebaut haben. In Würzburg gibt es eine kirchliche und eine weltliche ukrainische Gemeinde und wir versuchen beide zusammenzubringen. Wir haben ja das gleiche Ziel: Unsere Leute zu unterstützen.

      Haben Sie ein Beispiel für die Zusammenarbeit?

      Zum Gottesdienst mit Bischof Bohdan Dzyurakh haben wir den ukrainischen Verein „Mrija“ (übersetzt „Traum“) eingeladen, der einen Chor hat.

      Welche Angebote gibt es neben Gottesdiensten?

      An Weihnachten haben wir ein Konzert mit traditionellen ukrainischen Liedern mit anschließendem Weihnachtsessen organisiert. Es gab Biergartenbesuche im Sommer und Weihnachtmarktbesuche in der Adventszeit. Im Zusammenhang mit dem Krieg bin ich als Priester in den Bistümern oft auf Kundgebungen eingeladen. Dort wird sichtbar, dass die Menschen eben nicht nur einen Appell benötigen, sondern Gebet, Worte der Beruhigung und persönliche Begegnungen.

      Welche geistlichen Angebote gibt es?

      Es gab vergangenen Sommer eine Wallfahrt aller Ukrainer aus Europa nach Lourdes. Wir haben das finanziell unterstützt und auch aus unserer Personalpfarrei sind einige mitgefahren. In Bamberg gab es zum Weltjugendtag ein Treffen aller ukrainischen Jugendlichen aus Deutschland. Zum Glück helfen viele Ehrenamtliche und Eltern. Letztere organisieren die Katechese für ihre Kinder. Bei uns empfangen Täuflinge neben der Taufe auch die Firmung und die Eucharistie. Dafür haben wir einen anderen Ritus: Aktuell bereiten wir unsere Kinder im Alter von sieben Jahren auf ihre erste Beichte mit anschließender feierlicher Kommunion vor. Es ist jetzt erstmals möglich, online an dieser Vorbereitung teilzunehmen.

      Wie wird Ökumene gelebt?

      Allein logistisch ist Vieles nicht möglich. Deshalb frage ich bei der römisch-katholischen Kirche in den Bistümern nach, wo wir zusammenarbeiten können. Auf diese Weise konnten sich ein paar unserer Jugendlichen einer Taizé-Fahrt anschließen. Ähnlich wird es bei der Ministranten-Romwallfahrt Ende Juli sein. Das ist eine tolle Möglichkeit, sich zu integrieren. Und nicht zuletzt pflegen wir Kontakt zu unseren römisch-katholischen Brüdern und Schwestern. In St. Bruno hat uns die Gemeinde zum Pfarrfest eingeladen, wozu wir ukrainisches Essen mitgebracht haben. Es gab auch eine Gegeneinladung.

      Sie sind als Seelsorger nah an den Menschen dran. Nach fast zwei Jahren Krieg, was beschäftigt Ihre Gläubigen am meisten?

      Die Unsicherheit. Den Krieg hat keiner gewählt. Und so leben hier Ukrainer, die mental und emotional nicht vorbereit waren. Sie sind alle traumatisiert und haben mehr oder weniger das Gleiche erlebt. Auch meine Frau und ich sind am 20. Februar 2022 morgens aufgewacht und mussten innerhalb weniger Stunden entscheiden, was zu tun ist. Die Geflüchteten hatten ein eigenes zu Hause und müssen jetzt irgendwo wohnen, sie haben zum Teil Universitätsabschlüsse und arbeiten nun als Reinigungskraft, können sich beruflich nicht mehr ausleben. Die meisten sagen, dass ihr Leben nun vorbei sei. Trotz wirklich toller Bedingungen, vor allem Geld vom deutschen Staat, haben die meisten Schwierigkeiten, sich hier einzuleben. Da sind die Sprachbarriere und eine völlig andere Mentalität. Vor allem aber fehlt das Menschliche. Deshalb versuchen wir einen Raum und eine Atmosphäre zu schaffen, wo viele Leute sich wohlfühlen.

      Vermutlich beschäftigt ihre Gläubigen auch permanent das Kriegsgeschehen in der Heimat.

      Natürlich. Ich betreue viele Eltern, Ehefrauen und Ehemänner seelsorgerisch, deren Angehörige an der Front oder in besetzten Gebieten sind. Es gibt Männer, die aus Angst in die Armee eingezogen zu werden, nicht mehr ausreisen können. Auch wenn hier alle in Sicherheit leben, haben manche auf dem Handy noch immer den Luftalarm eingeschaltet. Auch ich, da meine Frau noch in der Ukraine lebt. Alle fühlen sich zerrissen, das ist die größte Unsicherheit.

      Trotz unsicherer Zeiten: Was gibt Ihnen Hoffnung mit Blick auf Ihre Gemeinden?

      Unser Glaube ohne Hoffnung würde keinen Sinn machen. Und wir als Kirche sind jetzt seelsorgerisch gefragt wie nie. Wann, wenn nicht jetzt, müssen wir für Menschen da sein? Ich sehe bei vielen Gläubigen, dass jetzt, wo viele Heimat, Familie und Besitz zurücklassen mussten, ein intensiver Dialog mit Gott begonnen hat. In diesen Zeiten zieht jeder seine eigenen Konsequenzen. Mit Blick auf meine Gemeinde macht es mir Hoffnung, wenn ich sehe, wie stark die Menschen sind und in der Fremde ein neues Leben beginnen. Ich möchte mich bei allen bedanken, die Ukrainer herzlich aufgenommen haben und weiterhin unterstützen. Und ich möchte auch um Geduld bitten. Denn mit dem Blick eines Seelsorgers habe ich Verständnis für die Nöte der Geflüchteten und verstehe, warum sich Menschen so verhalten, wie sie es tun.    

      Galina Bauer

      Hoher Besuch

      Die ukrainische griechisch-katholische Gemeinde feiert am 4. Februar, um 16 Uhr, in der Kirche St. Bruno in Würzburg-Heidingsfeld einen Gottesdienst samt Kerzenweihe. Zu Gast ist Bischof Bohdan Dzyurukh. Auf dem Programm: ein Konzert und Begegnung mit Bischof Bohdan.

      Ukranische griechisch-katholische Kirche

      Die ukrainisch-grichisch-katholische Kirche ist eine von 23 katholischen Ostkirchen. Die Teilkirche ist mit Rom uniert und erkennt das Primat des Papstes an. Ihre Liturgie folgt dem byzantinischen Ritus, weshalb sie den orthodoxen und altorientalischen Ostkirchen nahe steht. Die ukrainisch-griechisch-katholische Kirche untersteht nicht dem sogenannten „Codex Iuris Canonici“, dem Kirchenrecht der westlich lateinischen Kirche, sondern dem sogenannten „Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium“, dem Kirchenrecht der katholischen Ostkirchen“. Der Zölibat gilt nur für Bischöfe, Mönche und für bei der Diakonenweihe noch unverheiratete Priesteramtsanwärter.