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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    In Gemeinde und Betrieb

    Seit 125 Jahren tritt die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) in Bayern aktiv für soziale Gerechtigkeit ein. Auch im Bistum Würzburg entstanden in den 1890er Jahren zahlreiche Ortsgruppen, die nun ihr 125-jähriges Jubiläum feiern. Das Jubiläum des Ortsvereins Würzburg-Lengfeld haben wir zum Anlass genommen, mit KAB-Diözesanpräses Peter Hartlaub und Susanne Öttinger (KAB Lengfeld) über die Bedeutung sowie aktuelle Ziele und Anliegen des Verbandes zu sprechen.

    ? Die unvorstellbaren Arbeitsbedingungen, die im 19. Jahrhundert Gründungsanlass waren, sind mittlerweile Geschichte. Wozu braucht es die KAB heute noch?

    Hartlaub: Auch heute noch stellt die Arbeitswelt einen zentralen Teil unseres Lebens dar. Der Kampf um gerechte und menschliche Arbeitsbedingungen ist nach wie vor notwendig, er hat nur andere Dimensionen und Gesichter bekommen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Frage nach der sozialen Sicherung, die Zunahme prekärer Beschäftigung, der Schutz des arbeitsfreien Sonntags, der innerbetriebliche Umgang miteinander – all das sind Themen, bei denen der Einsatz von Christinnen und Christen nach wie vor notwendig ist.  

    ? Was sind momentan die KAB-Herzensanliegen? 

    Hartlaub: Unter dem Schlagwort Arbeiten 4.0 erleben wir momentan einen epochalen Wandel in der Arbeitswelt. Globalisierung, Digitalisierung und Automatisierung haben auch Auswirkungen auf die Frage nach der sozialen Sicherung, auf die wir neue Antworten finden müssen. Die Antwort der KAB umfasst zwei Schritte. Visionär ist dabei der erste Schritt, ein bedingungsloses Grundeinkommen, mit dem ein Leben in bescheidenem Ausmaß gesichert werden soll – unabhängig davon, wie viel jemand gearbeitet hat. Darauf aufbauend könnte jeder seine individuelle Tätigkeit entfalten – ob das nun Erwerbsarbeit ist, Familienarbeit oder ehrenamtliches Engagement. Weil wir zur Umsetzung dieser Vision Zwischenschritte brauchen, schlagen wir im Diözesanverband vor, dass Eltern ein Grundeinkommen für ihre Erziehungsleistung erhalten. Indem sie so freier entscheiden können, ob ein Elternteil zu Hause bleibt, beide Partner reduzieren oder sie in außerhäusliche Kinderbetreuung investieren, entstünde echte Wahlfreiheit. Hinzu kommt der Rentenanspruch, weil dieses Einkommen renten- und sozialversicherungspflichtig wäre.    Der zweite Schritt ist das bereits 1999 von der KAB entwickelte Rentenmodell. Es baut bewusst auf der Umlagefinanzierung auf und wird vom Familienbund der Katholiken, der katholischen Frauengemeinschaft, der Katholischen Landvolkbewegung und dem Kolpingwerk unterstützt. Grundlage ist eine Sockelrente von 515 Euro für alle. Finanziert wird diese aus Beiträgen auf alle Einkommensarten, also Arbeitseinkommen ebenso wie Zins-, Miet- und Vermögenserträge. Auch Beamte und Selbstständige würden herangezogen. Auf diese Sockelrente würden wir die Arbeitnehmer-Pflichtversicherung aufsatteln. Die Beiträge könnten hier etwas gesenkt werden, Frauen sollen mehr Rentenpunkte für Kindererziehungszeiten bekommen und auch die Pflege von Angehörigen soll angemessen honoriert werden. Das Sahnehäubchen in unserem Rentenmodell ist die betriebliche Altersvorsorge. Sie ist gewissermaßen eine Belohnung für ein durchgängiges Arbeitsleben, mit dem sich Arbeitnehmer ihren Lebensstandard sichern können.   

    ? Funktioniert dieses Modell auch in der Praxis und wer hat etwas davon?

    Hartlaub: Das Münchner ifo-Institut hat das Modell bereits vor Jahren durchgerechnet und festgestellt: Es funktioniert. Profitieren würden vor allem Durchschnitts- und Geringverdiener. Ein Durchschnittsverdiener, der 40 Jahre lang eingezahlt hat, hätte im Rentenalter etwa 100 Euro mehr in der Kasse. Darüber hinaus profitieren diejenigen, die diese 40 Jahre nicht schaffen oder unterhalb des Durchschnittseinkommens von 35000 Euro im Jahr liegen. Sie rücken merklich von der Grundsicherungsgrenze weg.  

    ? Welche Chancen auf Durchsetzung hat die KAB-Vision? 

    Hartlaub: Gerade im Hinblick auf die anstehenden Bundestagswahlen haben wir das Rentenmodell zu unserem Schwerpunktthema gemacht. Wir haben bereits viele Gespräche geführt und es werden weitere folgen. Dabei wurde klar: Interesse zeigen alle Parteien, doch gibt es natürlich auch Widerstände – vor allem bei Selbstständigen, Beamten und in der Finanzwirtschaft, die ein gehöriges Interesse an der privaten Rente hat.  

    ? Über die familienpolitische Lobbyarbeit hinaus – wo ist die KAB vor Ort anzutreffen?

    Öttinger: Unsere Mitglieder bringen sich in den Pfarrgemeinden ein und engagieren sich in ihren Betrieben. Hier in Lengfeld wollen wir durch Veranstaltungen wie Männerbrotzeiten, Schafkopfturnier und Ausflüge Gemeinschaft pflegen, Gelegenheit zum Austausch geben und Hilfestellungen anbieten. Mit einer breiten Palette an Informations- und Bildungsveranstaltungen für Ehrenamtliche, Familien, Frauen, Senioren, Personal- und Betriebsräte wollen wir unsere Mitglieder fortbilden und dazu ermutigen, ihre Gaben und Talente einzubringen.   

    ? Was ist das „Katholische“ an der KAB?

    Öttinger: Unser soziales Engagement speist sich aus dem Evangelium und der christlichen Sozialethik. Christlicher Glaube und Arbeitsweltfragen sollen Hand in Hand gehen. Ein Ausdruck dieser speziellen KAB-Spiritualität sind unsere GA-Kreise. GA steht dabei für „Glaube im Alltag leben“. Die beiden Lengfelder Kreise treffen sich ein Mal im Monat, um das eigene Leben aus dem Glauben heraus zu betrachten und die christliche Botschaft in den Alltag zu tragen.   Hartlaub: Diese spirituelle Dimension ist uns sehr wichtig. Seit zwei Jahren bilden wir deshalb gemeinsam mit anderen Verbänden Ehrenamtliche zu geistlichen Leitern aus und stellen dabei fest, dass es sehr viele Menschen gibt, die dafür eine echte Begabung haben. Ich bin überzeugt, dass in den Ehrenamtlichen die Zukunft der Pastoral liegt. Das ist ein Schatz, den die Amtskirche noch heben kann.  

    ? Was macht die KAB heute attraktiv?

    Hartlaub: Neben den schon genannten Dingen hat jedes unserer Mitglieder ein Anrecht auf kostenlose Rechtsberatung,  -hilfe und -vertretung in arbeits- und so­zialrechtlichen Fragen. Bei einem Jahresbeitrag von 42 Euro als Einzelperson beziehungsweise 56 Euro als Ehepaar ist das die günstigste „Rechtschutzversicherung“ für diese Fragen, die man sich vorstellen kann. Interview: Anja Legge