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    Kardinal Walter Kasper zum Thema „Ökumene“

    In Christus eins sein

    Kardinal Walter Kasper zum Thema „Ökumene“
    WÜRZBURG. Über die gegenwärtige ökumenische Situation und künftige Perspektiven der Ökumene hat Kardinal Walter Kasper in der Würzburger Neubaukirche gesprochen. Der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen war anlässlich einer Matinee zum 75. Geburtstag von Bischof Paul-Werner in die Domstadt gekommen.
     
    „Die getrennten Christen betrachten sich heute im Allgemeinen nicht mehr als Feinde, als Fremde oder als Konkurrenten, sondern sie verstehen und erfahren sich als Brüder und Schwestern.“ Als Walter Kardinal Kasper in der Neubaukirche am Rednerpult stand, ließ er keinen Zweifel daran, dass in der Ökumene bislang vieles erreicht wurde. Doch nicht die zahlreichen ökumenischen Dokumente wollte der Mann aus Rom aufzählen. Es ging ihm vor allem um einen Wandel im Lebensgefühl.
     
    Keine Krise der Ökumene
    Gemeinsam zu arbeiten, zu beten und Zeugnis vom Glauben zu geben – das alles sei vor 40 oder 50 Jahren völlig undenkbar gewesen. Mehr noch: Zu seiner eigenen Kinderzeit hätten „Luther“ oder „Calvin“ sogar als böse Worte gegolten, erzählte Kasper. Dennoch würden viele die derzeitige ökumenische Situation als eine Art Stillstand empfinden. Als Enttäuschung oder teils auch als Krise. Ein Eindruck, den der Kardinal nicht teilen wollte: „Aus Rom kommend machen mir solche Wertungen erhebliche Schwierigkeiten – angesichts der vielen Briefe, Besucher und Aktivitäten, die uns täglich in Atem und weltweit auf Trab halten, und nicht zuletzt aufgrund der vielen durchweg positiven Äußerungen des Papstes.“
    Warum also eine kritische Entwicklung, fragte er und gab sich gleich selbst die Antwort: Zum einen sei die scheinbare Krise keineswegs ein Zeichen des Misserfolges der Ökumene, sondern vielmehr ein Zeichen ihres Erfolges. „In dem Maß nämlich, als wir einander näher gekommen sind, spüren wir um so schmerzhafter das, was uns noch trennt“, sagte er. Und zum anderen stelle sich aufgrund der Globalisierung immer wieder die Frage nach der eigenen Identität. Kasper erklärte: „Sie ist auch in den christlichen Kirchen aufgebrochen, wo falsch verstandener billiger Ökumenismus manchmal zu Relativismus, Indifferentismus und zu einem Ökumenismus auf dem niedrigsten gemeinsamen Nenner geführt hat.“ In der Folge sei es in allen Kirchen zu fundamentalistischen Strömungen und entsprechenden Polarisierungen gekommen.
    Es lohnt sich trotzdem, weiterhin für die Ökumene einzutreten, findet Kasper. Denn sie sei kein Weg zurück, sondern genau das Gegenteil: ein Weg nach vorn. Vom „Austausch der Gaben“, von einem „Bereicherungsprozess“ und einem „gegenseitigen Lernprozess“ sprach der Kardinal. Noch dazu erstrebe die ökumenische Bewegung nicht die Bekehrung zur anderen Konfession, sondern vielmehr die Bekehrung zu Christus selbst: „In dem Maße, als wir ihm näher kommen, kommen wir uns auch untereinander näher. In Jesus Christus werden wir voll eins sein“, rief Kasper den Zuhörern in der Neubaukirche zu.
    Optimistisch zeigte er sich mit Blick auf die Gespräche mit den orientalischen Kirchen. Vor allem mit den Altorientalen befinde man sich auf einem guten Weg. Und wenn der Dialog mit der orthodoxen Kirche auch noch eine längere Zeit brauche, so stehe man doch am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung.
     
    Europa braucht den Osten
    Eine Aussicht, die Erzbischof Alfons Nossol von Oppeln (Polen) gefreut haben dürfte. Schließlich hatte der Co-Präsident der Gemeinsamen Römisch-katholischen/Evangelisch-lutherischen Kommission für die Einheit zuvor erklärt, Europa brauche den Osten wie auch der Osten das westliche Europa brauche. „Wir müssen daran arbeiten“, hatte er gesagt, „dass die Kirche zu einem Sakrament der Wahrheit und des Friedens in der Welt wird. Das kann uns nur in der Ökumene gelingen.“
    Kardinal Kasper richtete den Blick dann auf die Ökumene mit den reformatorischen Kirchen: Die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ nannte er einen Meilenstein und sprach davon, dass in den letzten Jahren weit mehr erreicht worden sei als Jahrhunderte zuvor. Und doch gebe es offene Fragen, die eine Eucharistiegemeinschaft noch nicht möglich machten. „Das ehrlich auszusprechen, schmerzt“, gab der Kardinal zu. „Es ist jedoch kein Grund zu Resignation, sondern ein Impuls weiterzuarbeiten.“
    MaS

     

    Begegnungen mit Menschen sind für Kardinal Walter Kasper sehr wichtig
     
    Wie kann jeder von uns im alltäglichen Leben etwas zur Ökumene beitragen?
    Es ist wichtig, dass wir als Christen nicht nebeneinander herleben, sondern uns untereinander austauschen: „Wie geht es dir mit dem Leben?“ „Wie geht es dir mit dem Beten?“ „Wie sieht bei euch der Gottesdienst aus?“ Wir kennen uns noch zu wenig. Auf beiden Seiten ist noch viel an Ingnoranz und auch an Vorurteilen vorhanden. Als Christen müssen wir uns gemeinsam einsetzen, um unsere christlichen Wertvorstellungen voranzubringen.
     
    Wie sieht der Alltag eines Kurienkardinals aus, der die Einheit der Christen zu seiner Hauptaufgabe gemacht hat?
    Das kommt sehr darauf an, ob ich in Rom bin, oder in der Weltgeschichte herumreise. Ökumene kann man nämlich nicht nur in Rom machen, da muss man vor Ort sein, Menschen begegnen, Freundschaft und Vertrauen aufbauen. Aber wenn ich in Rom bin, dann beginnt mein Arbeitstag um halb neun. Ich bekomme immer sehr viel Post, aber auch sehr viel Besuch. Bischöfe, nicht nur katholische, sondern auch orthodoxe, evangelische Bischöfe. Da kommen Pfarrer, Studenten, Besucher von Gemeinden. Mit allen suche ich das Gepräch, beantworte ihre Fragen. Dann hat man mit Botschaftern zu tun, mit den Nuntien. Es ist ein buntes, vielfältiges Treiben. Eine interessante Aufgabe, weil sie im internationalen Rahmen stattfindet. Dann kommen die vielen Reisen, wo man nicht nur auf die Leitungsgremien trifft, sondern auch Gottesdienste feiert und sich einfach vor Ort informiert, wie dort die Ökumene betrieben wird. Man hört zu, gibt seinen Rat, um selbst auch etwas dazuzulernen. Man muss auch sehr viele Vorträge halten. Es ist ein Fulltime-Job.
     
    Und wann knipsen sie abends das Licht aus?
    Ich bin jetzt in einem Alter, wo man gewöhnlich vor Mitternacht ins Bett geht. Früher habe ich halbe Nächte durchgearbeitet, heute nicht mehr.
     
    Weltreisender in Sachen Ökumene zu sein ist sehr anstrengend. Wie tanken sie neue Kraft?
    Ich tanke viel Kraft durch verschiedenste Begegnungen. Das macht Freude, das baut einen auf. Auch gehe ich selber gerne Bergwandern und Bergsteigen – auch mit meiner Herkunftsfamilie. Dann bin ich dem Himmel ein Stück näher. Das gibt mir sehr viel. Die Musik habe ich leider Gottes sehr früh der Theologie geopfert. Ich habe früher Violine, Klavier und Orgel gespielt.
     
    Wie oft kommen Sie mit dem Papst zusammen?
    Mindestens einmal im Monat. Das kann aber auch zweimal sein. Aber wenn ich einen persönlichen Gesprächstermin mit dem Papst benötige, dann bekomme ich die Audienz innerhalb nur weniger Tage.
    Interview: Matthias Risser