VOLKERSBERG. 1966 verließen die Franziskaner das Kloster Volkersberg. Für immer, wie es hieß. Zur gleichen Zeit verschwand auch eine Pietá, die ein unbekannter Künstler Mitte des 15. Jahrhunderts geschaffen hatte. Es schien so, als wäre dieses Werk für immer verschwunden.
Über Jahrzehnte warf der Verbleib der „Volkersberg Pietá“ Rätsel auf. Sie galt als das älteste Kunstwerk der Wallfahrtskirche Heilig Kreuz, das im Original erhalten geblieben war. Viele forschten in der Folgezeit ergebnislos nach dem Verbleib der aus Holz geschnitzten Muttergottes. 2005 regte der inzwischen verstorbene Pfarrer Ulrich Depler das Projekt einer Chronik der Gegend an, ein Arbeitskreis, der anfing, die Historie zu erforschen, bildete sich noch im gleichen Jahr.
Die Mitglieder baten schließlich Rosalinde Schwarz, sie beim Forschen zu unterstützen, denn die gebürtige Würzburgerin verfügte bereits über einige Erfahrung im Schreiben und Veröffentlichen. Sie hatte die Region um den Volkersberg zu ihrer Wahlheimat gemacht und arbeitet nun schon fünf Jahren lang an der Chronik, die den Titel „Volkers – Volkersberg: Geschichte und Geschichten“ trägt.
Das Kunstwerk allerdings blieb weiter verschwunden. Schließlich dehnte Schwarz die Suche auch auf den heiligen Berg der Franken, den Kreuzberg, aus. Im dortigen Kloster sollte sie den entscheidenden Hinweis finden. Sie traf sich mit Guardian Paul Waldmüller, und der legte ihr ein Photo auf den Tisch: Das Bild zeigte die seit Jahrzehnten vermisste Volkersberg-Pietá. Und Pater Paul wusste auch, wo die Pietá abgeblieben war.
Freudensprünge
„Mein Herz hat vor Freude einen Luftsprung gemacht“, erinnert sich Schwarz. Denn die Muttergottesstatue war offenbar unversehrt im Archiv des Klosters Sankt Anna in München gelandet. „Ein richtiges Gänsehautgefühl machte sich breit, das war die Krönung meiner bisherigen Arbeit“, sagt Schwarz. Wo das Schnitzwerk aber zwischenzeitlich verblieben war, blieb im Ungewissen. Angeblich sei es zwischenzeitlich auch in Hammelburg oder vielleicht auch auf dem Kreuzberg selbst gewesen, munkeln die Menschen in der Gegend. Gemeinsam mit Pater Paul und Pfarrer Alfred Bauer von der Pfarreiengemeinschaft Sankt Georg-Bad Brückenau versuchte Schwarz nun, die Pieta an ihren angestammten Platz in der Sakristei von Heilig Kreuz zurückzuholen. Herausgekommen ist dabei immerhin ein Dauerleihvertrag zwischen der Diözese Würzburg und dem Kloster in München. Ende März rief Pater Paul bei Schwarz an und verkündete: „Die Pietá ist eingetroffen.“ Sie war aber zunächst nicht auf dem Volkersberg, sondern auf dem Kreuzberg eingetroffen. In Volkers begann man nun mit Vorbereitungen zur feierlichen Rückführung der Skulptur.
Heimkehr am Muttertag
Mit Fahnenabordnungen, Musikkapelle und lautem Glockengeläut feierten die Menschen der Region schließlich am Muttertag im Marienmonat die Heimkehr der Pietá. Pater Paul brachte sie zusammen mit Bruder Pius, dem Guardian von Kloster Altstadt Hammelburg sowie Pater Oskar vom Kloster Kreuzberg nach Volkers. Festliche Gesänge mischten sich mit hellem Glockengeläut, als sich die Prozession den Berg hinaufschlängelte. Kommunionkinder schmückten den Weg der Pietà mit roten Rosen. Pater Paul, Pfarrer Alfred Bauer, Mitglieder von Pfarrgemeinderat und Kirchenverwaltung und natürlich die Finderin selbst trugen sie jeweils ein Stück des Weges zu ihrem alten Platz in der Sakristei von Heilig Kreuz. Jetzt will der Pfarrgemeinderat darüber beraten, ob man die Pietá erneut von ihrem Platz entfernt. Diesmal allerdings nicht, um sie auf eine mysteriöse Reise zu schicken, sondern um sie im Chorraum der Kirche der Öffentlichkeit zu zeigen.