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      Gedanken zum Evangelium - 33. Sonntag im Jahreskreis

      "Ich muss schon etwas tun"

      Die biblischen Texte zum Ende des Kirchenjahres sprechen vom Weltuntergang. Manche sagen: Wir leben angesichts der Klimakrise und Kriege in einer apokalyptischen Zeit. Stimmt das? Und wie können wir damit umgehen? Fragen an den Moraltheologen Michael Rosenberger.

      Evangelium

      In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: In jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.

      Dann wird man den Menschensohn in Wolken kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.

      Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So erkennt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, dass er nahe vor der Tür ist.

      Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles geschieht. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.

      Markusevangelium 13,24–32

      Herr Professor Rosenberger, sind wir dem Ende der Welt nahe?

      Die Bibel und auch unser christlicher Glaube lassen es offen, ob das apokalyptische Ende der Welt morgen bevorsteht oder die Erde noch Jahrmillionen weiterbesteht. Das ist auch das Spannende für uns heute.

      Angesichts von Kriegen und Katastrophen scheint das Ende der Welt ja nicht nur theoretisch näher zu rücken ...

      Vielleicht sind wir dem Ende der Menschheit etwas näher gekommen. Wir sind durchaus auf einem bedrohlichen Weg. Aber ich denke, dass es auf der Erde immer Leben geben wird, das sich der Situation anpassen kann. Der menschengemachte Klimawandel und der Verlust an Biodiversität kosten schon jetzt sehr viele Menschenleben. Wir zerstören uns in gewisser Weise selbst, aber nicht das Leben an sich.

      Was ist so faszinierend an der Apokalypse? Sie ist doch ganz schrecklich.

      Sie ist faszinierend, weil sie etwas Totales hat. Schäden für Mensch und Umwelt können wir verkraften. Aber wenn man sich vorstellt, dass etwas total untergeht, dann hat das auch im Schrecken eine Faszination. Das gilt aber genauso für die Faszination der absoluten Harmonie, wie wir sie auf den ersten Seiten der Bibel in der Schöpfung mit dem Garten Eden haben.

      Wollen diese Texte Angst machen?

      Das ist die Frage, ob die Bibel Frohbotschaft oder Drohbotschaft ist. Pädagogisch gesehen ist das aber keine Alternative, sondern eine Kombination aus „Push and Pull“, also einem Drücken und Ziehen. Das bringt uns am besten zum Handeln.

      Wie kann das aussehen?

      Wir können das Schöne und Attraktive als Ziel benennen. Wir können die Erde zu einem Planeten machen, der annähernd paradiesische Zustände hat; einem Ort, an dem es gerecht zugeht und wo alle in Frieden leben. Gleichzeitig sehen wir, dass wir alles komplett zerstören können. Wir sollten beides aufrichtig anschauen und entsprechend handeln. Es geht bei der Apokalypse weniger um eine Zukunftsvision als vielmehr um Gegenwartsbewältigung.

      Wie sieht das konkret aus – etwa beim großen Thema der Klimakrise?

      Das ist für den Einzelnen noch recht einfach: Ich kann mein Haus besser wärmedämmen, ich kann vom fossilen Brennstoff auf das E-Auto umsteigen oder den öffentlichen Verkehr nutzen. Bei der Industrie ist es mühsamer. Und klar ist: Das kostet Geld und auch ein Stück Wohlstand. Das bedeutet aber keinen Rückschritt in die Steinzeit, wie manche behaupten.

      Was ist der Beitrag, den Glaube und Theologie hier leisten können?

      Der Glaube schärft die Dramatik der Situation ein. Die Erde ist nicht unser Besitz, sondern eine Leihgabe des Schöpfers. Damit müssen wir sorgsam umgehen. Der Glaube kann auch Hoffnung vermitteln: Wenn wir tun, was uns möglich ist, dann dürfen wir vertrauen, dass es am Ende gut ausgeht. Gottvertrauen ist aber kein Anreiz für Faulheit. Ich muss schon etwas tun.

      Haben Sie dafür ein Beispiel?

      Ja, etwa aus einem anderen Bereich, der Medizin: Bei einer Krebsbehandlung kann eine Chemotherapie sehr vernünftig sein. Da hilft es auch einem gläubigen Menschen nicht, den Krebs sozusagen wegbeten zu wollen. Gottvertrauen heißt nicht, eine Operation abzulehnen. Aber wenn die Mediziner nach menschlichem Ermessen nichts mehr tun können, dann kann ich mein Leben in Gottes Hand legen und darauf vertrauen, dass Gott mich nicht allein lässt, wie auch der weitere Weg sein wird.

      Welche Rolle spielt die Frage nach der Schuld in der Apokalypse?

      Der Glaube kann uns zunächst ein Bewusstsein für Schuld geben, auch ganz konkret: Ja, wir haben viel zu achtlos gelebt und haben zu oft auf den eigenen Vorteil geschaut und nicht auf das Wohl der gesamten Schöpfung. Dieses Eingeständnis und die Reue sind die Bedingung für einen Umkehr- und Versöhnungsprozess. Und dann dürfen wir auch auf Vergebung hoffen und können anders handeln.

      Warum handeln, wenn man die Apokalypse ohnehin nicht abwenden kann?

      Niemand ist allein für die gesamte Apokalypse verantwortlich und kann sie auch nicht allein abwenden. Der Blick auf die universalen Katastrophen kann und muss aber runtergebrochen werden auf den Einzelnen, damit es nicht in Frust und Resignation endet. Das hat auch etwas Positives: Jeder Schritt zählt – nicht nur im Negativen bei der Schuld, sondern auch im Blick auf die guten Taten und was jeder und jede bewirken kann.

      In der Bibel kommt nach der Apokalypse die Wiederkunft Christi. Sollten wir uns darauf nicht eigentlich freuen?

      Das wäre ein Missverständnis der biblischen Apokalyptiker. Die wollten ja erreichen, dass die Menschen ihr Handeln grundlegend verändern. Es geht nicht darum, sich in der Katastrophe wegzuducken und auf bessere Zeiten zu warten. Die Aussage ist: Tu alles, was dir möglich ist, um die Katastrophe abzuwenden. Dann kann genau dadurch eine alternative, eine bessere Welt entstehen.

      Interview von Michael Kinnen

      Zur Person

      Michael Rosenberger (62) ist Priester des Bistums Würzburg und Professor für Moraltheologie an der Katholischen Privatuniversität Linz. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Schöpfungsethik und Schöpfungsspiritualität.