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"Ich hoffe, Frieden auszustrahlen"

Generaloberin der Ritaschwestern Angela Zehe im Interview
Seit Ende August wirkt Schwester Angela Zehe als Generaloberin der Ritaschwestern. Damit trägt sie Verantwortung für 51 Schwestern in Unterfranken und den USA. Seit über 41 Jahren lebt und arbeitet sie im Augustinerorden. Wie hat sie die Wahl erlebt und worauf freut sie sich? Im Interview mit dem Sonntagsblatt gibt sie Einblicke.

Die Ritaschwestern widmen sich der Familienhilfe und arbeiten mit externen Angestellten. Diese unterstützen etwa Frauen bei Risikoschwangerschaften, Alleinerziehende oder schwer kranke Mütter bei Erziehung und Haushalt. Im Mutterhaus in Würzburg leben die meisten der Augustinerinnen. Doch die Ordensgemeinschaft unterhält auch Konvente in Bad Königshofen und in Racine, USA. Angela Zehe aus Grettstadt bei Schweinfurt ist 61 Jahre alt. Ihre Profess auf Lebenszeit legte sie 1992 ab, zuletzt wirkte sie sechs Jahre als Vikarin.

Schwester Angela Zehe, was macht Ihre Ordens­gemeinschaft für Sie persönlich so besonders?

Wir waren immer am Puls der Zeit und offen für Menschen in Notlagen. Auch spirituell – für jene, die auf der Suche sind nach Orientierung. Das finde ich nach wie vor großartig. Und es ist ein Anspruch, der bleibt. Es gibt immer suchende Menschen. Wenn wir als kleine Klosterkommunität innerhalb der katholischen Kirche ein Ort sein können, an den Menschen immer noch gehen, um Fragen zu stellen und auf der Suche zu sein, ist das wunderbar. Das ist das Reich Gottes.

Wie haben Sie den Moment Ihrer Wahl erlebt?

Es war nicht ganz überraschend. Den inneren Weg bin ich schon zwei Jahre zuvor gegangen, als ich mich gefragt habe: Kann ich mich für diese Aufgabe zur Verfügung stellen? Aber der Moment der Auszählung war schon überwältigend – wegen des Vertrauens der Mitschwestern, die glauben, dass sie mit mir gut in die Zukunft gehen können.

Welche Hauptaufgaben haben Sie in Ihrem neuen Amt als Generaloberin?

In allen Bezügen die Hauptverantwortliche zu sein. Gottes Liebe spürbar machen in den familiären Beziehungen, die wir unterstützen; auch in veränderten Familienkonstellationen, wie Patchwork-Familien. Wir sind eine spirituelle Oase hier in der Sanderau und ich werde die Veränderungen verantworten, die uns die Zeit aufgibt. Die Sorge und das Kümmern gilt auch gegenüber unseren älteren und hochbetagten Mitschwestern.

Welche Schwerpunkte möchten Sie in den kommenden Jahren setzen?

Meine wichtigste Aufgabe sehe ich darin, den Versöhnungsweg zu gehen und andere auf diesem Weg zu begleiten. Ich nehme mir unsere Patronin, die Heilige Rita, als Friedensstifterin zum Vorbild. Und Frieden fängt bei mir an: mit meiner Biografie, mit meinem „Gewordensein“. Ich hoffe, Frieden in unsere Kommunität ausstrahlen zu können – und hinaus in die Welt.

Welche Themen oder Schwierigkeiten beschäftigen Sie als Gemeinschaft aktuell am stärksten?

Die Lage in der Welt und die vielen Krisenherde. Wir haben uns zu Beginn des Ukrainekrieges in der Leitung konkrete Gedanken gemacht, wie wir für unsere Schwestern und Mitarbeitenden Schutzvorkehrungen treffen können. Jetzt ist uns das Gebet für die betroffenen Menschen ein wichtiges Anliegen. Aber wir blicken auch auf die sogenannte „Überalterung“ unserer Gemeinschaft. Wir machen uns Gedanken, wie wir die letzte Lebensphase unserer Mitschwestern sinnvoll gestalten können. Als Leiterin frage ich mich: Wie sieht eine spirituelle Vorbereitung auf den Heimweg aus? Da bin ich wieder beim Versöhnungsweg. Wie kann ich dabei helfen, dass die Schwestern in diese letzte Hingabe hineinfinden? Das sind Themen, die wir gemeinsam besprechen und die auch ihren Platz in der Liturgie und dem Gebet haben.

In welcher gesellschaftlichen Rolle sehen Sie Ihre Gemeinschaft?

In der Familienarbeit. Aber auch, dass wir uns Menschen zuwenden, die in Not sind, am Rande stehen und suchen. Ganz im Sinne unseres Ordensvaters Augustinus, dem großen Gottsucher. Ich glaube, dass viele Menschen auch in dieser säkularen Welt nach Gott suchen, auch wenn sie es anders benennen, sei es eine transzendente Größe oder einfach Liebe, die sie suchen. Hier geben wir ihnen Gelegenheit, diesen Weg zu gehen.

Worauf freuen Sie sich in Ihrem neuen Amt als Generaloberin am meisten?

Ich freue mich darauf, diese spirituelle Oase zu gestalten. Wir müssen uns darauf einstellen, dass Wohnfläche wegfällt, weil weniger Schwestern da sind. Wie können wir diese Räume umwandeln? Ich freue mich auf ein offenes Mutterhaus – zum Beispiel auf die niederschwelligen, professionellen Angebote beim Familientreffpunkt. Hier sehen wir viel Potenzial. Vielleicht wird es in Zukunft möglich sein, einen spirituellen Wohnraum für Interessierte zu schaffen. Und ich möchte unseren Mitschwestern und Mitarbeitenden einen guten Rahmen geben, in dem sie leben und arbeiten können.

Wovor fürchten Sie sich?

Dass in unserem Land und anderswo die demokratischen Grundstrukturen instabil geworden sind. Da bin ich ganz ehrlich – es macht mir wirklich Angst. Wo führt das hin? Diese Gefühle der Ohnmacht gibt es auch in der Kommunität und sie wollen wahrgenommen werden.

Was ist Ihre Botschaft für die Welt?

Wir müssen die Würde des einzelnen Menschen sehen und entsprechend handeln. Das ist die Friedensbotschaft von dem, der sich inkarniert hat als Mensch, und uns zugesagt hat, den Frieden auf die Erde zu bringen. Auch von uns Ritaschwestern gilt dieser Aufruf und diese Einladung: Der Friede sei mit Euch!

Interview von Angelina Horosun