Wovor ist in jüngster Zeit nicht schon alles gewarnt worden. Dazu kommen seit geraumer Zeit nahezu täglich verbreitete Sparappelle und Spartipps sowie Prophezeiungen, was im Herbst und Winter auf die Bevölkerung hierzulande alles zukommen könnte. Da wurden etwa Horrorszenarien an die Wand gemalt von Rentnern, die sich in Sammelunterkünften aufwärmen müssen, oder frierenden Schülern in ungeheizten Klassenzimmern.
Einmal abgesehen davon, dass es den Akteuren leider oft mehr um ein öffentlichkeitswirksames Schaulaufen geht als um inhaltliche Auseinandersetzung, kann solche Taktik durchaus negative Auswirkungen bei denjenigen zeitigen, die diesem ständigen Bombardement von Forderungen und Warnungen ausgesetzt sind. Es verstärkt die angesichts einer unbestreitbar schwierigen und bedrohlichen Lage eh schon vorhandene Verunsicherung und fördert die Tendenz, nur noch Negatives und (angebliche) Defizite wahrzunehmen. Da wundert es nicht, wenn Menschen in Panik und Hoffnungslosigkeit verfallen oder bei Gruppierungen Zuflucht suchen, die mit vermeintlich einfachen Antworten aufwarten.
Vielleicht täte es der Gesellschaft gut, wenn sich der eine oder andere Akteur öffentlich etwas zurücknähme, wenn statt Forderungen an andere zu erheben, mögliche eigene Beiträge zur Krisenbewältigung thematisiert und besser noch: umgesetzt würden. Unsere Gesellschaft leidet massiv darunter, dass es – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – zu wenig Akteure gibt, die Hoffnung und Zuversicht vermitteln. Früher konnte das auch die katholische Kirche; aber die hat sich selbst weitgehend ins Abseits gestellt und ist zudem derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt.
Wolfgang Bullin