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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    „Hört auf ihn!“

    „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.“

    Evangelium

    In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht. Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.
    Matthäus 17,1–9

    Einem Menschen wie Jesus zu begegnen, kann nicht wirkungslos bleiben. Mit ihm längere Zeit in Wohngemeinschaft als Freund zu leben, wird wohl manchmal zu aufwühlenden Erlebnissen, zu tiefen und unauslöschlichen Erfahrungen führen; zu Ahnungen, die an das Urgeheimnis unseres Menschenlebens rühren, an Gott. Doch wie soll man darüber mit Anderen sprechen, ohne missverstanden zu werden? Woher die Worte nehmen? Woher die Vergleiche?

    Die Evangelisten greifen in ihrer Verlegenheit auf vertraute biblische Bilder für Gott zurück. Aber es sind immer noch Bilder für den Unfassbaren, alle Sinneserfahrung Überstei- genden. Darum sind selbst diese Bilder – so undeutlich oder manchmal übertreibend sie uns zuweilen vorkommen – immer noch zu blass, zu ärmlich, weil sie eigentlich fehl am Platz sind.

    „Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.“ Das blendende Sonnenlicht ist in der Bibel ein Hinweis auf den unsichtbaren Gott. Und die leuchtende Wolke will sagen: Gott ist da; aber verborgen. Er ist nicht zu sehen, wohl aber zu hören für den, der hören will.

    Bilder für Gott holen die Evangelisten hervor, wenn sie ihre Eindrücke von Jesus beschreiben wollen; denn Jesu Art erinnert ununterbrochen an Gottes Art, wie sie gläubigen Juden aus der Offenbarung vertraut war. Vor Jesu Leiden – da war wohl eine solche dichte, gottvolle Atmosphäre um Jesus: Ganz erfüllt von seiner Sendung, voll des Heiligen Geistes, war er bereit, in allem dem Anspruch seines Vaters nachzukommen. Er war weit mehr als nur ein Vorbild. Der wandelnde Gotteswille war er, die lebendige Bundestreue.

    Da schiebt sich ihnen Mose ins Bild; Mose, der dem halsstarrigen Volk das Bundesgesetz Gottes wieder und wieder ans Herz legte. Ein zweiter Mose – dieser Jesus; nur noch radikaler, tiefer gründend: Er ist Mose und Gesetz zugleich.

    Auch an die Propheten fühlten sich die Jünger erinnert, wenn sie Jesus bei den erbitterten Streitgesprächen mit den führenden Gottesgelehrten Israels erlebten. Er wich keinen Millimeter ab von der Überzeugung und Botschaft vom barmherzigen Gott für jeden Menschen ohne Ausnahme. Wie einst der Prophet Elija gegen alle Mächtigen und Intriganten aufstand – und gegen die Volksmenge –, so ihr Meister. Ein zweiter Elija, ein Prophet wie vor ihm noch keiner!

    Bundesgesetz und Propheten mit Jesus auf einer Linie, in einträchtiger Harmonie, im Dialog, im Gottesgeist geeint. Das gefällt auch dem Petrus; daran sollte man weiterbauen, meinte er. Wider Erwarten wird sein Traum von oben bestätigt: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.“ Die Vision der Jünger erhält den göttlichen Stempel.

    Das war vor Jesu Leiden – auf dem Berg. Nach dem Verbrechertod am Kreuz, nach den überraschenden Begegnungen der Jünger mit dem aus dem Tod Erstandenen trat das alles noch greller und plastischer hervor. Aber zuvor ging es den Berg hinab – mit Jesus allein. Doch mit der eindringlichen Aufforderung: „Hört auf ihn!“ Hört auf ihn, auch wenn der Weg ins Tal der Tränen führt, oder auf andere Berge, wo die Kreuze stehen; oder auch in die Stadt mit dem Berg Zion, die man die „Heilige“ nennt. O wären doch dort nur Hütten gebaut worden für Jesus, für Mose und Elija! Stattdessen Mord und Totschlag bis zum heutigen Tag. Wie konnte man beim Blutvergießen mit Begeisterung schreien: „Gott will es“? Hätte es nach diesem Sonntagsevangelium je zu solch abgrundtiefer Feindschaft zwischen Christen und Juden kommen dürfen?

    Josef Wirth („joswirth@arcor.de“) ist Pfarrer im Ruhestand in Höchberg.