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    Christliche Motive in der Kunst der Meißener Porzellanherstellung

    Himmlisch-schönes „Weißes Gold“

    Christliche Motive in der Kunst der Meißener Porzellanherstellung
    Mal ehrlich: Wer hat sich nicht schon einmal dabei erwischt – neugierig, wie man bisweilen ist – bei einer Einladung zu einem Essen die Unterseite von Teller oder Tasse genauer unter die Lupe zu nehmen, um anhand des Markenzeichens sich zu fragen: „Welche Manufaktur hat dieses Porzellan hergestellt?“ Es gibt unzählige Manufakturen. Aber es gibt nur eine, die ihre Produkte mit den zwei gekreuzten blauen Schwertern kennzeichnet, dem ältesten Markensignet der Welt. Die Rede ist vom Meißener Porzellan – dem Rolls-Royce unter den Porzellanen.
     
    Christliche Motive
    Aber nicht nur Teller und Tassen hat die älteste Porzellanmanufaktur Europas, 1710 von Kurfürst August dem Starken in Meißen gegründet, hervorgebracht, sondern auch viele figürliche Ausformungen. Unter Tausenden verschiedenster Formen trumpft im figürlichen Bereich vor allem die griechische und römische Götterwelt auf, mit Darstellungen bekannter Mythen und Allegorien. Figürliches mit christlichen Bezug aber findet man – so glaubt man zunächst – kaum. Doch es gibt sie, die Beispiele religiöser Kunst in der Welt des Meißener Porzellans: Marien- und Kreuzigungsdarstellungen, Evangelisten- und Heiligenfiguren, Kerzenleuchter, Kelche und vieles mehr. Wunderschöne Beispiele dieser Art entdeckt man im manufaktureigenen Museum in Meißen sowie in der Sammlung August des Starken im Dresdner Zwinger.
    In der Bischofsstadt Meißen, mit ihren 30000 Einwohnern und rund 30 Kilometer elbabwärts von Dresden gelegen, ist die Manufaktur beheimatet. Seit ihren Anfängen im Jahre 1710 trägt das einst in der Albrechtsburg, heute im Triebichtal hergestellte Porzellan den Namen der sächsischen Stadt als Herkunftsbezeichnung. Das „Weiße Gold“, wie vor allem das Meißener Porzellan über all die Jahrhunderte hinweg genannt wird, ist auch heute noch Sinnbild gehobenen Lebensstils. Ebenso gilt es aufgrund seiner Zerbrechlichkeit seit altersher als Symbol der Vergänglichkeit. Zwar ist die bei 1400 Grad gebrannte Erde stahlhart, gleichzeitig aber eine sehr empfindliche Ware.
    Die Porzellan-Rezeptur wird nicht in Europa, sondern bereits Jahrhunderte zuvor im fernen China entdeckt, jedoch aufs strengste gehütet. Als erster Europäer bringt um 1280 der Venezianer Marco Polo erste Kostproben des Luxusguts von seinen Fernost-Reisen ins Abendland. Es dauert aber noch bis zur Entdeckung des Seeweges nach Ostindien im Jahre 1498, bis sich chinesisches Porzellan zum Importschlager entwickelt, um das sich auch kleinere Fürstenhöfe geradezu reißen.
    „Auf Teufel komm raus“ dem zerbrechlichen Produkt verfallen, war eben jener Gründer der Meißener Porzellanmanufaktur, Kurfürst August der Starke. Für seine Sammlung hat er sich sogar eigens ein Palais erbauen lassen. Und über seinen Hang fürs „Weiße Gold“ spricht er selbst von einer „maladie“, einer Krankheit.
     
    Prunk und Protz
    Was für Frankreich der Sonnenkönig Ludwig der XIV., ist für Sachsen jener August, dessen Regierungszeit (1694 bis 1733) man auch würdevoll das „Augusteische Zeitalter“ nennt. Beide Männer, den Franzosen und den Sachsen, verbindet nicht nur der eiserne Wille zur Macht, sondern vor allem die Zurschaustellung des Reichtums – auch wenn es beiden ein Leben lang am nötigen Geld gemangelt hat. Ebenso wie Ludwig der XIV. liebt August die schönen Dinge des Lebens: rauschende Feste in mondänen Jagd- und Lustschlössern mit ihren ausgedehnten Parkanlagen und verschwiegenen, lauschigen Plätzen, ebenso kostbare Kunstsammlungen.
    Hingegen von keinem anderen Herrscher jemals wieder auch nur annähernd erreicht ist Augusts Vorliebe für das Porzellan. War es zunächst chinesisches und japanisches, dass er in Unmengen für teures Geld kaufte, so zwang ihn vielleicht seine notorische Geldknappheit dazu, eigene Wege zu gehen, um dem Geheimnis der Porzellan-Zusammensetzung auf die Spur zu kommen. In Meißen beschäftigte er dazu eigens zwei Spezialisten, den späteren Porzellan-Erfinder Johann Friedrich Böttger und den Mathematiker und Physiker Ehrenfried Walther von Tschirnhausen. Böttger, 1682 zu Schleiz als Sohn eines Münzkassiers geboren, gibt sich zunächst der Alchemie hin – einer damals durchaus ernsthaften Wissenschaft. Man glaubt, dass alle Metalle auf drei verschiedene Grundstoffe zurückgeführt werden können, und zwar auf Quecksilber, Schwefel und Salz. Auf die rechte Mischung soll es beim Goldmachen ankommen, heißt es. Böttger findet den Stein der Weisen, wie wir wissen, nicht – weder auf naturwissenschaftlich-empirischem Weg, noch unter Zuhilfenahme mystischer Kräfte. Was Böttger aber entdeckt ist die Rezeptur für das Porzellan mit den beiden Hauptbestandteilen, der weißen Kaolinerde und dem schmelzbaren Feldspat.
     
    Übertritt zum Katholizismus
    Was aber bewegt August den Starken, den Vater der Meißener Porzellanproduktion, neben der großen Vielfalt ganz profaner Themen auch Porzellane sakralen Inhalts in die Produktion mitaufzunehmen? Hängt es vielleicht mit seinem wohl nicht ganz uneigennützigen Übertritt zum Katholizismus zusammen? Meint er, nach außen hin Eingeständnisse gegenüber dem in sakraler Kunst wesentlich aufgeschlosseneren Katholizismus machen zu müssen? Voraussetzung für die 1696 freigewordene polnische Krone, die der Kurfürst im September 1697 erhält, ist nämlich dessen Übertritt. Klammheimlich hat sich der Protestant von seinem zum Katholizismus übergetretenen Onkel Christian August von Sachsen-Zeitz, Bischof von Raab (Ungarn), in Wien im katholischen Glauben unterrichten lassen.
    Am 1. Juni 1697 konvertiert der Kurfürst. Und Sachsen, Kernland der lutherischen Reformation und des Protestantismus, hat ein katholisches Oberhaupt, aber ein tolerantes. Entgegen der im Augsburger Religionsfrieden von 1555 getroffenen Vereinbarung, dass sich die Konfession der Untertanen nach der des Herrschers richtet („cuius regio, eius religio“), bleibt sein Übertritt ohne Folgen für die Bevölkerung. Sie ist auch weiterhin lutheranisch.
     
    Sinnesfreudiger August
    Zurück zur Frage, ob der Übertritt des Kurfürsten zum Katholizismus auch seiner Porzellanausformungen religiösen Inhalts mitbestimmt hat? Wohl kaum. Näher liegend ist, dass August der Starke seiner sinnesfreudigen Diesseitsorientierung in der Kunst auch ein Gegengewicht, wenn auch ein kleines, entgegensetzen will. Denn August der Starke ist nicht gerade als ein besonders frommer Mensch in die Geschichte eingegangen. Zu sehr liebt er – wie viele seiner Zeitgenosssen auch – den Pomp und das Schöne. Natürlich auch die holde Weiblichkeit. August ist eben Kind seiner Zeit, ein barockes, lebensbejahendes mit weltmännischem Gepräge. Kein Wunder, hat er als Jugendlicher bereits die Gepflogenheiten am Hofe Ludwig XIV. in Versailles kennen gelernt. Genauso ausgeprägt wie sein weltmännisches Auftreten ist seine Toleranz gegenüber beiden Konfessionen. Schlagen doch zwei Seelen in seiner Brust, eine protestantische und eine katholische. Welche wohl ausgeprägter war? Manche Autoren schreiben ihm gar eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der Religionsausübung zu. Beim Bau der protestantischen Dresdner Frauenkirche jedoch soll er sogar selbst mitgewirkt und mit dem Zirkel Abstände ausgemessen haben. August dem Starken in seiner Religiösität auf die Spur zu kommen ist wohl in diesem Rahmen nicht möglich. Unumstritten ist: Er hat uns – aber auch seine Nachfolger – unzählige Kostbarkeiten der Meißener Porzellankunst beschert, und ganz besonders schöne religiösen Inhalts.
     
    Meißener Porzellan
    Den besten Überblick über die breite Spannbreite der Meißener Porzellanproduktion erhalten Interessierte im manufaktureigenen Porzellan-Museum in Meißen. Es besteht aus der Schauhalle, in der rund 3000 Exponate ständig gezeigt werden, und einer Schauwerkstatt. Hier können Besucher die Entstehung des „Weißen Goldes“ verfolgen. Im Jahre 2002 besuchten über 300000 Gäste aus aller Welt das Porzellan-Museum.
    Adresse:
    Meißener Porzellanmanufaktur, Talstraße 9 (Triebichtal), D-01662 Meißen.
    Telefon:
    03521/468700. Internet: „www.meissen.de“.
    Geöffnet:
    Mai bis Oktober von 9 bis 18 Uhr und November bis April von 9 bis 17 Uhr.