Immer wieder einmal sorgen besonders schlimme Ereignisse oder hohe Zahlen von Todesopfern für mehr Aufmerksamkeit. Ansonsten besteht – wie bei anderen „Dauerthemen“ auch – die Tendenz zur Abstumpfung, bei vielen wohl auch Ausdruck der eigenen Hilflosigkeit. Die wiederum spiegelt letztlich die Hilflosigkeit der Politik wider, die sich beim Thema Migration in wenig zielführenden Endlosschleifen zu drehen scheint und damit den Stimmenfängern mit den schlichten Parolen und den einfach erscheinenden Lösungen in die Hände spielt.
Angesichts dessen, vor allem aber angesichts zunehmend nicht nur von extremen Rechtsauslegern der Politik verbreiteter Halbwahrheiten und Falschinformationen mag es hilfreich sein, gelegentlich auch Originalton von vor Ort zu vernehmen, wie ihn etwa das Interview auf den Seiten 4 und 5 bietet. Natürlich zeichnen die Gesprächspartner von der Hilfsorganisation „Emergency“ dort auch kein völlig objektives Bild, sondern geben ihre persönliche Einschätzung wieder, aber auch ihre Erfahrungen und Erlebnisse. Und sie sprechen von ihrer Motivation. Eine Motivation, die sie weitermachen lässt, obwohl sie sich darüber im Klaren sind, dass das, was sie und Mitstreiter auf anderen Rettungsschiffen leisten, nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann.
Natürlich ist es nicht jedermanns Sache, sich so zu engagieren, ganz abgesehen davon, dass man Voraussetzungen und Fähigkeiten mitbringen sollte. Aber ganz so hilflos und zur Untätigkeit verdammt, wie manchmal unterstellt wird, ist niemand hierzulande. Jeder kann aktiv werden und zum Beispiel Falschbehauptungen und Stimmungsmache, wenn man ihnen im eigenen Umfeld begegnet, nicht nachbeten, sondern als solche brandmarken.
Wolfgang Bullin