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    Uwe Holschuh hat die Internet-Seelsorge im Bistum mitaufgebaut

    Hilfe ohne Namen

    Uwe Holschuh hat die Internet-Seelsorge im Bistum mitaufgebaut
    I ch wende mich an Sie, weil ich nicht mehr weiter weiß, bin 28 Jahre. Ich bin voller Trauer – habe vor zwei Monaten meine Mutter durch Krebs verloren.“ Die Sätze stammen aus einer Mail, die es in sich hat. Einer Mail von einer junge Frau, die verzweifelt ist. „Mein Mann ist für mich da“, schreibt sie weiter, „doch ich kann ihn nicht ständig mit meinem Schmerz belasten.“ Sie habe das Gefühl, funktionieren zu müssen, stark sein zu müssen. Schließlich seien da ja auch noch ihre Kinder.
     
    Wer hinter diesen Worten steckt, können die Internet-Seelsorger im Bistum Würzburg nur erahnen. Wie bei allen anderen rund 25 Erstanfragen, die unter der Internet-Adresse „www.seelsorge.bistum-wuerzburg.de“ monatlich eingehen, bleiben die Rat Suchenden anonym. Im Netz vertrauen sie sich an, sie schreiben von Trauer, Schmerz und Problemen. Im Internet muss die junge Frau nicht stark sein. Sie hofft auf jemanden, der sie ernst nimmt. Und auf jemanden, der ihr hilft.
     
    Seit 1998 bietet die Diözese die Unterstützung aus dem Internet an. Derzeit beantworten elf Männer und Frauen die elektronische Post. Sie sind in erster Linie pastorale Mitarbeiter, also Pfarrer, Diakone, Gemeinde- und Pastoralreferenten, Religionslehrer oder Ordensleute. Neben ihrer Haupttätigkeit kümmern sie sich bis zu zwei Stunden pro Woche um die Hilfe Suchenden im Netz. Länger soll die Internet-Seelsorge für die einzelnen Mitarbeiter nicht dauern, erklärt Uwe Holschuh. Der Diakon ist Diözesanbeauftragter für die Internet-Seelsorge. Er ist zuständig für die Technik, die Ausbildung und die regelmäßigen Supervisionen der Mitarbeiter, und er vertritt die Würzburger auf Bundesebene. Außerdem hat er das Seelsorge-Angebot initiiert und entwickelt.
     
    Trotzdem ist Uwe Holschuh kein lautstarker Macher im Anzug, sondern ein ruhiger, unauffälliger Mann im Baumwollhemd. Er will Menschen helfen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Deshalb machte ihn seine Tätigkeit als Religionslehrer nicht glücklich. Frustriert sei er gewesen, als er merkte, dass er nicht an seine Schüler herankam. So hatte er sich Seelsorge nicht vorgestellt. „Meine Vorstellung ist eine urtümliche: Nach meiner Meinung sorgen sich Seelsorger um Menschen mit seelischen Problemen“, sagt Holschuh.
     
    Zu Beginn sei die Sache mit dem Internet bloß eine fixe Idee gewesen. Doch je länger er sie sich durch den Kopf gehen ließ, desto überzeugter war er. Er gründete Kummernetz – eine private Initiative, die damals noch „Momo Kummerkasten Online“ hieß. Inzwischen laufen das ökumenische Projekt und die katholische Internet-Seelsorge der Diözese parallel. Als zwei von insgesamt 30 Angeboten in Deutschland. „Internet-Seelsorge führt kein Nischendasein“, findet Holschuh. „Die Nachfrage ist groß.“
     
    Kein Wunder: Im weltweiten Netz müssen sich Menschen mit Problemen an keine Öffnungszeiten halten und sie finden, was es im unmittelbaren Kontakt nicht gibt: die „Dynamik des Anonymen“, wie Holschuh es nennt. Man versteckt sich hinter den Buchstaben, es gibt keine Mimik, keine Gestik und auch keinen Tonfall. Keiner muss seinen Namen nennen oder den Wohnort angeben. Niemand fragt die Frau, deren Mutter gestorben ist, nach ihrem genauen Alter. Lediglich grobe Angaben für die Statistik werden gemacht.
     
    Sonst könnte Holschuh nicht die Zahlen vorlegen, wie er es nun tut: Die meisten Nutzer des Online-Angebots sind zwischen 18 und 25 Jahre alt, aber auch die 26 bis 35-Jährigen melden sich oft. Meist geht es ihnen um Liebeskummer und Beziehungsprobleme, wichtige Themen sind zudem Einsamkeit, Trauer und Unsicherheit. Mehr als 45 Prozent der Mailschreiber kommen aus dem Norden Deutschlands, gut 43 Prozent aus Bayern und Baden-Württemberg. Das Internet kennt nun einmal keine Grenzen, schon gar keine Bistumsgrenzen.
     
    Grenzenlos ist es dennoch nicht. „Wir sind eine Art Erste Hilfe, den unmittelbaren Kontakt wollen und können wir nicht ersetzen“, darauf legt Holschuh Wert. In einigen Fällen helfe es den Absendern der Mails bereits, dass sie ihre Probleme für sich sortiert und aufgeschrieben haben. Oft aber verweisen die Internet-Seelsorger an Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen oder Exerzitienhäuser. „Einige haben so viele Probleme, dass man nicht weiß, wo man anfangen soll“, erzählt der Seelsorger und zieht – wie so oft – einen Vergleich. „Das ist wie in einem kaputten Haus, wo alles renoviert werden müsste.“ Dann müsse man sich auf Teilaspekte konzentrieren. Schritt für Schritt vorgehen. Mail für Mail ein bisschen Hilfe.