Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Hier fliegen Holzspäne

Eine Kirche als Bildhaueratelier, und nicht nur das, mehrmals im Jahr veranstaltet der Bildhauer Konrad Franz Konzerte und Ausstellungen, eigene und von Gastkünstlern. Am 19. Oktober zum Beispiel stehen Musik und Tanz aus Indien mit Günther Paust und dem Music Ensemble of Benares auf dem Programm.
HAUSEN. Vor 40 Jahren wurde die letzte Messe in der alten Dorfkirche von Hausen (Dekanat Obernburg) gelesen. Denn das neoromanische Gebäude von 1851 war arg baufällig geworden, und endlich konnte die neue St. Michaelskirche eingeweiht werden. Danach wusste Jahrzehnte lang niemand etwas Rechtes mit dem einstigen Sakralbau an der Ortsdurchfahrt anzufangen.  Die Idee, ihn zur Turnhalle zu machen, wurde wegen fehlender Parkplätze verworfen. Für kurze Zeit nutzten Moslems aus der Gemeinde den Eingangsbereich als Gebetsraum. 1993 fand sich schließlich eine Verwendung, die Hausen zum überörtlichen Kulturzentrum machte: Der aus Bessenbach stammende Bildhauer Konrad Franz zog mit seinem Atelier ein, und die Gemeinde ist stolz darauf. 

Kulturelle Veranstaltungen

Mehrmals im Jahr veranstaltet Franz Konzerte und Ausstellungen, eigene und von Gastkünstlern. Am 19. Oktober zum Beispiel stehen Musik und Tanz aus Indien mit Günther Paust und dem Music Ensemble of Benares auf dem Programm. Das Kunstnetz des Landkreises Miltenberg organisiert regelmäßig Workshops für Schulklassen mit dem Holzbildhauer und Atelierbesuche sowie Ausstellungen der Preisträger des Jugendkulturpreises des Landkreises. „Am Anfang war da schon eine Hemmschwelle, eine Kirche als Werkstatt zu sehen“, erzählt der religiös erzogene Künstler. Doch längst genießt er die besondere Atmosphäre des weiten hohen Raums, die „etwas Magisches“ für ihn hat – auch wenn er im Winter bei Temperaturen um die fünf Grad Celsius mit klammen Fingern ans Werk geht.  Die Fenster des Kirchenschiffs sind schmal, der Putz ist alt und grau. Doch gerade das erweist sich als Vorteil bei der Arbeit. Ein blütenweißes, lichtdurchflutetes Atelier, wie Maler es schätzen, kann Franz  beim Spalten, Sägen und Behauen der Stämme und Holzklötze nicht brauchen. „Grelles Licht schluckt zu viel Form und Oberfläche.“ Für das Konzert am 13. Juli – es gastierte „Klassik in Blech“ mit Musikern um Klaus Staab – hatte der Bildhauer eigens einen Teil des ehemaligen Kirchenraums leergeräumt, die Sägespäne zu Haufen zusammengekehrt. Ein Teil der Arbeiten ließ er aber an Ort und Stelle, wie den großen „Engel“ auf der Mittelachse oder die pflanzenartigen Gebilde vor dem rechten Seitenaltar. „Lunas Garten“ hat der Bildhauer diese sehr belebt wirkenden Skulpturen genannt. 

Gekalkte „Engelchen“

Davor liegen wie weiße Wölkchen die gekalkten „Engelchen“ aus Holz. Sie waren Teil der Ausstellung im Altenheim der Roheschen Stiftung in Kleinwallstadt. Das Wetter hat ihnen zugesetzt, und jetzt trocknen sie auf dem Steinboden. Oben auf der Empore herrscht indes Gedränge: Obwohl Franz meist ganz schmale, hoch aufragende und fragile Figuren aus dem Holz heraussägt (gern mit der Kettensäge) und -haut, scheint der Platz knapp zu werden für die aufgereihte Fantasiegeschöpfe. Mehrere Madonnen sind darunter, die eine grob behauen, eckig und bunt bemalt, eine andere mit weichen, weiblichen Formen, eine Einheit mit dem Kind bildend. Ursprünglich und archaisch wirken die Skulpturen, jede strahlt Charakter und Individualität aus. Die unregelmäßige Maserung des Holzes, die Kerben und Rauigkeiten wecken Assoziationen zu den Spuren, die das Schicksal auf menschlichen Gesichtern und Körpern hinterlässt. Wie beseelt stehen die schmalen Gestalten im Raum, als ob jede von ihnen eine Geschichte zu erzählen hätte. Wer sich die Zeit nimmt, sonntags zwischen 10 und 13 Uhr vorbeizuschauen – dann ist das Atelier immer geöffnet – kann sich von ihnen berühren und zum Nachdenken anregen lassen.