Samstagmittag, im kalten Dezember. Viele Studenten nutzen wahrscheinlich gerade das wohlverdiente Wochenende zum Ausschlafen. Aber nicht alle: Auf dem Haus der katholischen Studentenverbindung Markomannia Würzburg wird gearbeitet. Die Füxe (Mitglieder, die in einer Verbindung eine Art Probezeit durchlaufen), die gemeinsam das Verbindungshaus in der Mergentheimer Straße bewohnen, schneiden fleißig Suppengrün, Kürbis und Gemüsezwiebeln. Unter der Leitung des Burschen (Ein Mitglied, das nach Ableistung der Probezeit Teil des Lebensbundes geworden ist) Pablo Rodriguez de Castro, soll mit diesen und mehr Zutaten eine Suppe gekocht werden.
Über der Tellerrand
Die Suppe ist Teil einer Hilfsaktion, die die aktiven Studenten der Markomannia im Dezember 2020 gestartet haben. „Gerade die Weihnachtszeit ist die Zeit der Besinnung, in der man auch mal über den eigenen Tellerrand hinausschaut, auf die Leute, denen es am Alltäglichen fehlt“, erklärt Konstantin Richter. Der Medizinstudent ist der sogenannte Senior, also der Vorsitzende der Verbindung. Da im Semester viele Veranstaltungen aufgrund der Pandemie hätten ausfallen müssen, habe man die gewonnene Zeit sinnvoll nutzen wollen. Die Aktiven sammelten also Spenden in der Verbindung, unter den Aktiven (Studenten) und den Alten Herren (Akademiker die auch nach ihrem Abschluss Teil des Bundes bleiben), um eine soziale Einrichtung zu unterstützen. Die Wahl fiel auf die ökumenische Bahnhofsmission, einen Ort, an dem auch in schwierigen Zeiten, wie der Pandemie, akut Hilfe geleistet werden könne, so Richter.
Für den Vorsitzenden ist dabei klar, dass Verbindungen mehr sind „als eine reine Freundschaftsgemeinschaft. Gerade als katholische Verbindung haben wir eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber und die sollten wir auch wahrnehmen.“ Konkret unterstützt die Markomannia die Bahnhofsmission mit Socken, Unterwäsche, Isomatten, Kaffee und Tee im Wert von rund 600 Euro – und eben einer frischgekochten Suppe.
Kochen ist Liebe
Das Selberkochen ist für den Promotionsstudenten in Geschichte, Pablo, der die Kochaktion leitet, ein wichtiges Anliegen: „Kochen ist für mich etwas Ehrliches, das macht man meistens mit und für die Familie oder Freunde. Wenn wir für jemand anderen kochen, dann zeigen wir Liebe. Und solche Liebe braucht jeder.“
Für de Castro, der in seiner spanischen Heimat das Kochen professionell lernte und auch schon Chefkoch in einem Restaurant in Konstanz am Bodensee war, sei es wichtig, zu Weihnachten, aber auch in der Pandemie, ein bisschen solcher freundschaftlicher Liebe weiterzugeben. Genau wie Richter, ist auch er der Meinung, dass die Verbindungen „aus dem Elfenbeinturm kommen müssen. Wir dürfen nicht nur Farbe bekennen, wenn wir mit Band und Mütze durch die Straßen laufen, wir müssen auch zeigen, dass wir ein Teil der Gesellschaft sind und uns einbringen.“
Christlich motiviert
Die christliche Motivation dahinter wird bei den Markomannen deutlich: „Das ist wie im alten Weihnachtslied ,Good King Wenceslas‘ (Auf Deutsch: Guter König Wenzislaus). Wer in einer gemütlichen und wohlhabenden Position ist, der sollte sich bemühen, sich um die zu kümmern, die weniger haben“, meint der Koch und Historiker. Michael Lindner-Jung – Leiter der Würzburger Bahnhofsmission – freut sich über solche Hilfsbereitschaft. Gerade in der Corona-Zeit sei Hilfe wichtig. Die Lebensmittelausgabe der Bahnhofsmission werde aktuell verstärkt in Anspruch genommen. An einem normalen Tag gebe man 50 bis 60 Essen an Bedürftige aus, jetzt seien es gut 100.
Auch die persönlichen Gespräche mit den Gästen leiden: „Da ist eine Scheibe zwischen den Leuten und man trägt eine Maske. Man schreit manchmal fast, um sich verstehen zu können. Die Leute können sich auch nicht einfach in den Aufenthaltsraum setzen und sich unterhalten.“, erklärt der Theologe Lindner-Jung. Dabei sei zwischenmenschlicher Kontakt genauso wichtig, wie ein warmes Mahl. Für jeden und jede, der oder die dabei helfe, den Gästen der Mission zu zeigen, dass sie einen warmen Ort haben, an dem sie als Menschen auf Augenhöhe willkommen sind, sei man daher sehr dankbar.
Auch eine weitere Verbindung aus Würzburg startete im Advent eine Hilfsaktion. Genau wie auf dem Markomannenhaus, fand auch bei der Burschenschaft Germania in diesem Wintersemester nichts statt; keine Feiern, keine Vorträge, keine Tanzkurse. Für die jungen Burschenschafter sei es in dieser Zeit wichtig gewesen, eine Einrichtung zu unterstützen, die besonders unter der Pandemie leidet, so Mit-Organisator Kevin Koritzke. Die Verbindung startete daher eine Nikolaus-Aktion für das Seniorenheim Ehehaltenhaus-St. Nikolaus im Würzburger Stadtteil Sanderau, in welchem zur Zeit der ersten Welle die Pandemie ihr Unwesen trieb.
150 kleine Präsente
Die Studenten der Germania stellten 150 Nikolaus-Tüten mit Süßigkeiten, Nüssen und persönlichen Grußkarten zusammen, um den Senioren und den Mitarbeitern etwas Gutes zu tun. Am Nikolaustag wurden die Präsente ins Heim gebracht: „Leider durften wir wegen der Corona-Regeln nicht mit den Bewohnern sprechen. Uns war es aber wichtig, trotzdem etwas zu tun, auch um symbolisch unsere Aktiven und Alten Herren zu unterstützen, die im Gesundheitssektor arbeiten.“, so Koritzke.
Für den jungen Büroleiter im Berliner Abgeordnetenhaus, sei die Nikolausaktion auch ein Anstoß für weitere Hilfs-Projekte, die seine Germania oder andere Bünde in Zukunft leisten könnten. Aktuell plane man etwa eine Blutspendeaktion. Auch die Markomannia möchte jetzt nicht aufhören, sich gesellschaftlich einzubringen. Der stellvertretende Altherren-Vorsitzende des katholischen Bundes, Timo Sentner, bringt es ganz einfach auf den Punkt: „Wir sind katholisch, da ergibt sich der Rest von selbst.“
Raphael Schlimbach