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    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Hausener Wurst und ein verschwundenes Kilianskreuz

    Ist in Hausen von „unnern Kardinal“ die Rede, weiß in dem kleinen Bad Kissinger Stadtteil jeder, wer gemeint ist: Julius Kardinal Döpfner, einer der großen Bischöfe der Weltkirche und ein prägender Gestalter des Zweiten Vatikanischen Konzils. Kaum ein Jahr verging, dass der bodenständige Bischof sich nicht in dem kleinen Bauerndorf am Fuße der Rhön, in dem er geboren wurde, ein paar Tage Freizeit nahm. Kreisheimatpfleger Werner Eberth hat zum 100. Geburtstag Döpfners Archive durchstöbert und Zeitzeugen befragt. Das Ergebnis ist ein 344 Seiten starkes „volkstümliches Heimatbuch“ – ausführlich bebildert und leicht lesbar.

    Das Buch stellt den Menschen Döpfner in den Mittelpunkt und ergänzt so die wissenschaftliche Biographie Professor Klaus Wittstadts. Nicht immer war der weithin als Reformer geltende Bischof unumstritten. Umso wichtiger waren ihm die Besuche in Hausen, wo er wieder Kraft tanken konnte. „Nach den Gottesdiensten, die er fast jährlich in Hausen feierte, bildete sich eine Menschentraube", erinnert sich Eberth. Jeder wollte dem großen Sohn der Gemeinde – seit 1958 Ehrenbürger – persönlich die Hand schütteln. Doch auch für Döpfner selbst war das Bad in der Menge ein schieres Vergnügen. Er freute sich, ganz wieder ein „Häusler" sein zu können. Bereits am Hauptportal begrüßte er die Gläubigen, die er meist noch mit Namen kannte; die Kinder ordnete er rasch den Familien zu. Seine Urlaubstage verbrachte der spätere Kardinal in einem kleinen Zimmer bei seiner Nichte. „Er ist immer der bescheidene Bauernbub geblieben, als der er aufgewachsen ist", stellt der Heimatforscher fest.

    Mutter erkannte Talent

    Besonders stolz ist Eberth, der auch lange Pfarrgemeinderatsvorsitzender von Hausen war, auf eine Reihe bislang unveröffentlichter privater Dokumente. Dazu gehören die Predigtnotizen für den letzten Gottesdienst in Hausen am 5. Februar 1976 zur Einweihung des Kindergartens. Dem hochgebildeten Theologen genügten Schlagwörter, die er, sorgfältig strukturiert und bis auf die Minute geplant, in sauberer deutscher Handschrift niedergeschrieben hatte. Die Predigt hielt er dann frei, mehr Zeit war nicht. Nur wenige Wochen später stirbt Döpfner. Die Pause in Hausen hatte diesmal nicht genügt, um den erschöpfenden Alltag auszugleichen ...

    Die Erinnerungen von Döpfners Mutter Maria geben Einblicke in das harte Leben, aber auch die tiefe Frömmigkeit der Bauernfamilie. Sie beziehen sich auf die Zeit von 1928 bis 1933. Die handschriftlichen Aufzeichnungen der Mutter hatte Döpfner eigenhändig mit der Schreibmaschine abgetippt und in der Familie verteilt. Dass die Aufzeichnungen von einer einfachen Bauersfrau geschrieben wurden, ist den sprachgewandten Ausführungen nicht anzumerken. Sie zeigen jedoch, dass die nach dem Tod des Vaters, eines Bad Kissinger Hoteldieners, alleinerziehende Mutter genau um das Talent ihres Sohnes wusste. Sie war es, die es ihm ermöglichte, das Gymnasium in Münnerstadt zu besuchen.

    Zu Anekdoten geneigt

    Außerdem fand Eberth lange, aufschlussreiche Briefe, die der Student Döpfner vom Collegium Germanicum der Päpstlichen Universität in Rom an den Pfarrer von Hausen schrieb. Hinzu kommen allerlei Fundstücke: Eine Bronzetafel, die an dem nach ihm benannten Platz vor dem Bischofspalais in Würzburg angebracht war, und irgendwann in einem Archiv verschwand. Oder ein stark verfremdetes Porträt in grellen Farben des Malers Karl Clobes, das in einem Dienstzimmer hängt. Geradezu tragisch ist das Schicksal eines Kreuzes aus den 1950er Jahren, in dem eine Kiliansreliquie eingearbeitet ist. Es ist spurlos verschwunden. Wenn Eberth davon erzählt, merkt man, dass ihm das keine Ruhe lässt.

    Unterhaltsam wird das Buch durch eine Vielzahl von Anekdoten und Geschichten, die viel über die volksnahe Art des Kardinals verraten. „Döpfner hat zu Anekdoten geneigt, er hat sie geradezu provoziert", erklärt der Autor. Wer hätte etwa gedacht, dass der sparsame Kleriker zwei Bischofsstäbe besaß? Einen zerlegbaren für die Reisen, den ihm die Hausener geschenkt hatten, und den offiziellen Stab der Bischofsweihe, der noch heute verwendet wird. Auch bekam er noch als Erzbischof von München und Freising Wurstpakete aus der Hausener Metzgerei geschickt: „Wenn er einem Gast von der heimischen Wurst angeboten hat, dann war das einer der größten Auszeichnungen, die er einem Gast zukommen hat lassen!"

    Bibliographische Informationen

    „Mit den Heiligen hin zum Herrn".
    Würzburg: Echter Verlag, 381 Seiten, 19,90 Euro; ISBN 978-3-429-03618-8.

    „Mit allen verbunden, allen verpflichtet".
    Würzburg: Echter Verlag,184 Seiten, 12,80 Euro; ISBN 978-3-429-03660-7.

    Christian Ammon