Evangelium
In jener Zeit kehrte Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, vom Jordan zurück. Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt, vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht. In jenen Tagen aß er nichts; als sie aber vorüber waren, hungerte ihn. Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Da führte ihn der Teufel hinauf und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche des Erdkreises. Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Da antwortete ihm Jesus: Es ist gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel bis zur bestimmten Zeit von ihm ab.
Lukas 4,1–13
Als Kirche, gerade auch als Kirche von Würzburg, stehen wir in diesen Tagen vor und in weitreichenden Veränderungen. Gemeinden und Pfarreiengemeinschaften werden zu Pastoralen Räumen. Viele haben sich im Vorfeld Gedanken gemacht, überlegt, ausgetauscht, geplant, über den Haufen geworfen, verglichen ... und nun ist es soweit. Die ‚Renovierungen‘ beginnen, Pfarreien und Gemeinden werden sich verändern. Solche Veränderungen, Renovierungen haben auch wir manchmal nötig: Im Laufe der Zeit sammeln sich Unrat und Ballast, Wesentliches wird verschüttet, manches muss geradegerückt werden.
Einmal im Jahr sind wir eingeladen, den Plan Gottes mit unserem Leben abzugleichen. Denn Gott hat einen Plan von uns, er hat einen Plan mit uns. Einmal im Jahr schickt uns das Kirchenjahr auf die eigene Baustelle. Schadhaftes wird in Stand gesetzt, manches generalüberholt, einiges wird aufpoliert oder ausgebessert. Da wird Staub aufgewirbelt, es wird laut. Wenn wir nicht immer wieder unsere Lebensentwicklung mit dem Plan vergleichen, dann wird das geniale Bauwerk Mensch vom Zahn der Zeit eingeholt. Es hat sich bedrohlich verändert, entspricht nicht mehr den Vorschriften und ist gefährdet.
Deshalb ist die Fastenzeit die Einladung zu einem Planabgleich. Der Plan zeigt uns, welche Idee Gott von uns hat. Gott denkt groß von jedem Menschen. Darum dürfen auch wir groß von uns denken. Wir haben Kräfte und Energien, um die Welt um uns herum mitzugestalten. Die Bibel ist das Maßband für die Gestaltung unseres Lebens. Sie zeigt, was aufbauend ist, was uns verschönert und was (zu uns) passt. Sie zeigt den ursprünglichen Plan und die vielen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben.
Wie sich die eigene Lebensgestaltung mit Gottes Plan abgleichen lässt – das mag bei jedem und jeder unterschiedlich sein. Niemand kann das für andere sagen oder übernehmen. Vielleicht heißt das bei einigen, eigene Ansprüche zurückzuschrauben, über den eigenen Schatten zu springen, dem Anderen Respekt und Achtung entgegenzubringen, Gelassenheit des Herzens inmitten von Hektik und Anspannung zu entwickeln, die Freude an der Natur zu nähren, Spaziergänge einzuplanen, hinzuhören statt loszuplappern, auf Computer und Süßigkeiten zu verzichten, ab und zu in der Bibel zu lesen, Kultur neu zu entdecken, gemeinsam Zeit mit anderen zu verbringen, sich bewusst zu bedanken, einen Ort der Stille aufzusuchen, einen Schritt langsamer zu gehen, sich den eigenen Schwächen zu stellen, vielleicht öfter ein Auge zuzudrücken, sich nicht mit andern zu vergleichen, mit Gott ins Gespräch zu kommen, Essenszeiten bewusst zu gestalten ...
Es gibt vieles, was wir ausprobieren können, um herauszufinden, was Gottes Plan mit uns sein kann. Deshalb ging auch Jesus in die Wüste. Ein Ort, um den Kopf freizubekommen, um abzuschalten, um sich neu ausrichten zu können, Raum für Wesentliches zu schaffen. Jesus hat sich seinen Herausforderungen gestellt, er hat die Versuchungen ausgehalten.
Ob wir das schaffen? Versuchen können wir es: uns der Sehnsucht zu stellen, Neues zu denken, uns zu reduzieren, Gott mehr Raum einzuräumen. Dann können wir nach 40 Tagen feiern: unseren Gott als genialen Baumeister und Architekten. Unser Leben als wunderbares Geschenk von Gott! Das ist dann richtiges Feiern, voll mit Freude, voll mit Begeisterung und voll Leidenschaft – voll Ostern eben.
Carmen Maria Bauer (carmen.bauer@bistum-wuerzburg.de) ist Religionslehrerin in Mömlingen, Großheubach und Ringheim.