Evangelium
Jesus sprach zu seinen Jüngern: In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen sehen. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels. Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht. Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater. Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!Markus 13,24–37 Mit „Zeichen der Zeit“ wird eine Haltung beschrieben, die mitten in der Welt den Willen Gottes zu erkunden sucht und in den alltäglichen Begebenheiten seine Geistwirkung bekennt und anerkennt, gemäß der Methode von Josef Kardinal Cardijn: „Sehen – Urteilen – Handeln.“ In kleinen Christlichen Gemeinschaften, die sich zum deutschlandweiten Treffen zur Zeit in Würzburg aufhalten, in den sogenannten Aktionskreisen der KAB beziehungsweise den Arbeitsgemeinschaften der CAJ (www.Lebendiges-Evangelium.de), sowie in den Lebensbetrachtungen, der „revision de vie“, wie sie die Geschwister um den seligen Charles de Foucauld pflegen, wird ernstlich versucht, Gottes Willen im konkreten Lebensalltag zu entdecken. Unter: „Hoffnung und Angst“ bekennt sich bereits das Zweite Vatikanische Konzil am 7. Dezember 1965 mit 2309 Ja- gegen 75 Nein-Stimmen zu folgender Einsicht: „Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten. So kann sie dann in einer jeweils einer Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen der Menschen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben. Es gilt also, die Welt, in der wir leben, ihre Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen Charakter zu erfassen und zu verstehen. Einige Hauptzüge der Welt von heute lassen sich folgendermaßen umschreiben ... Noch niemals verfügte die Menschheit über soviel Reichtum, Möglichkeiten und wirtschaftliche Macht, und doch leidet noch ein ungeheurer Teil der Bewohner unserer Erde Hunger und Not, gibt es noch unzählige Analphabeten. Niemals hatten die Menschen einen so wachen Sinn für Freiheit wie heute, und gleichzeitig entstehen neue Formen von gesellschaftlicher und psychischer Knechtung. Die Welt spürt lebhaft ihre Einheit und die wechselseitige Abhängigkeit aller von allen in einer notwendigen Solidarität und wird doch zugleich heftig von einander widerstreitenden Kräften auseinandergerissen. Denn harte politische, soziale, wirtschaftliche, rassische und ideologische Spannungen dauern an; selbst die Gefahr eines Krieges besteht weiter, der alles bis zum Letzten zerstören würde“ (Gaudium et Spes Nr. 4).Es kann also heute bei der Umstrukturierung unserer Ortskirche nicht darum gehen, dass wir eine permanente Nabelschau betreiben und meinen, unser wichtigster Auftrag bestünde darin, dass wir möglichst soviele Pfarreiengemeinschaften konstruieren, wie wir Priester haben, damit in diesen „Kunstwerken“ die heilige Messe gefeiert werden kann. Es muss uns, der Kirche von Würzburg, vielmehr darum gehen, zu suchen und zu fragen, was denn Gottes Wille in der sich uns stellenden Gegenwart bedeutet: Der Forderung nach einem Mehr an Klerikern, so jedenfalls meine Vermutung, steht eine Vielfalt an Charismen in so vielen Christinnen und Christen gegenüber: Vielleicht sollten wir diese geistgewirkte Wirklichkeit stärker in unsere Planungen einbeziehen?Pfarrer Nikolaus Hegler, Würzburg, ist ab März Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Glattbach–Johannesberg.