Auch wenn die Kirche in ihrer heutigen Gestalt 400 Jahre alt ist – die Wallfahrt nach Dettelbach gibt es schon gute 100 Jahre länger. Den Beginn markiert ausgerechnet eine Rauferei, die sich am 25. Juli 1504 bei einem Kirchweihfest in einem Dorf bei Bamberg zugetragen hat. Einer der Raufbolde, Nikolaus Lemmerer aus Melkendorf, wurde dabei lebensgefährlich verletzt und zum Pflegefall. In seiner Not wandte er sich an Maria und erfuhr in einer Traumvision, dass er geheilt würde, wenn er eine Kerze zu einem Bildstock der schmerzhaften Madonna in den Weinbergen bei Dettelbach trüge. Lemmerer gelobte dies, wurde gesund und löste 1505 sein Versprechen ein. Die wunderbare Heilung sprach sich herum, und in den nächsten Jahren folgten 70 weitere Wunder, von denen die Mirakelbilder in der Kirche berichten.
Bau der Holzkapelle 1506
Da immer mehr Menschen nach Dettelbach pilgerten, errichtete man 1506 eine Holzkapelle über dem Bildstock und 1511 eine steinerne Kapelle, deren Holzdecke 1528 durch ein gotisches Rippengewölbe ersetzt wurde. Als im Laufe des 16. Jahrhunderts Dettelbach evangelisch wurde, schlief die Wallfahrt zunächst ein, bis Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn sein Stift neu zu ordnen begann. 1585 zwang der entschlossene Gegenreformator die Dettelbacher Bürger, zum katholischen Glauben zurückzukehren. Ganz in Echters Sinne war da die Heilung einer Frau namens Anna aus Würzburg, der 1590 in der Sakristei der Wallfahrtskirche Dämonen ausgetrieben wurden. Dieser „Gottesbeweis für die wahre Religion" verhalf dem katholischen Glauben und der Wallfahrt zu stürmischem Aufschwung. Dem anschwellenden Pilgerstrom nicht minder zuträglich war auch die Veröffentlichung einer Sammlung „zu Dettelbach geschehener Wunderzeichen" des Weihbischofs Eucharius Sang (1607), die von 70 Wundern aus der Zeit zwischen 1505 und 1511 und 17 Zeichen aus der Zeit zwischen 1590 und 1607 berichtet.
Wundertätiges Gnadenbild
Für Julius Echter waren diese Wunderberichte Grund genug für den Bau einer neuen Wallfahrtskirche. Indem der Fürstbischof in den Jahren 1608 bis 1613 an die bestehende Kapelle ein großzügiges Kirchenschiff im Stil der Spätgotik anbauen ließ, entstand der prächtige Bau „Maria in arena" (Maria im Sand); die alte Kapelle war so zum Chor der neuen Kirche geworden, in deren Zentrum nun der Bildstock mit dem wundertätigen Gnadenbild stand. Zur feierlichen Weihe am 8. September 1613 soll der sonst als sparsam geltende Fürstbischof zwischen 3000 und 4000 Menschen verköstigt haben, darunter auch Protestanten.
Ausgerechnet einen Protestanten beauftragte Echter übrigens auch mit der Gestaltung der Westfassade. Bildhauer Michael Kern, von dem auch die Kanzel im Dom stammt, schuf 1613 das imposante Renaissance-Portal. Zu den kunsthistorischen Leckerbissen im Innen-raum zählen auch die Kanzel in Form des Stammbaums Jesses von Michael Kern (1626), ein Flügelaltar mit Szenen aus dem Leben Mariens, ein Kruzifix aus der Riemenschneider-Schule sowie der prächtige Rokkoko-Gnaden-Altar von dem italienischen Stukkateur Agostino Bossi (1778), der die spätgotische Pietà aus der Zeit um 1500 birgt.
Das als wundertätig geltende Bildnis ist bis heute Herzstück der Kirche und Ziel der Pilgerscharen. Betreut werden diese seit 1616 von den Franziskanern, für die Echter ein Kloster errichten ließ. Heute besteht der Konvent aus acht Ordensleuten, denen neben der Seelsorge in fünf Pfarreien nach wie vor die Wallfahrt am Herzen liegt.
Gerade weil man vor 400 Jahren so viel Geld und Mühe in den Bau der Kirche steckte, ist Wallfahrtsseelsorger Pater Richard Hessdörfer felsenfest davon überzeugt, dass „die wunderschöne Kirche den Menschen auch heute noch viel zu sagen hat und ihnen die Wirklichkeit Gottes nahe bringen kann". In seinen Kirchenführungen, die eine Mischung aus Kunstvermittlung und Predigt sind, will Pater Richard die Gewissheit vermitteln, dass „Gott die Weltgeschichte zu einer Heilgeschichte geplant hat und jeder einzelne Mensch in diese Heilsgeschichte mit eingeplant ist".
Trost und Zuversicht
Gerade in Stunden persönlichen Leids könne der Blick auf das Gnadenbild Trost und Zuversicht geben, sagt der Pater. „In unserem Leid dürfen wir uns an Jesus orientieren, der auch dann noch liebte, als ihm Böses angetan wurde. Jesus gab aus Liebe sein Leben und zeigt uns so, dass die Liebe stärker ist als der Tod und eine neue Welt erstehen lässt." Damit habe letztlich „alles Leid einen Sinn, denn es zeigt uns, was im Leben wirklich wichtig ist".
In ganz ähnlicher Weise hält für Pater Richard auch das Eingangsportal eine klare Botschaft für denjenigen bereit, der es nicht nur gedankenlos durchschreitet: Am Fundament des Portals und unseres Glaubens stehen die Apostel, die Gott selbst erfahren haben. Es folgt der Blick auf Maria, die offen war für Gottes Wort und danach gehandelt hat. Auf der nächsten Stufe ist die Anbetung der Könige dargestellt – denn den, den einst die drei Weisen angebetet haben, findet der Besucher auch hier. Ganz oben stehen die gekrönte Maria und die Heiligen als Vorbild und Zukunftsperspektive für unser Leben, denn „Gott vollendet jeden Einzelnen und wandelt das Leid in Freude".
Für Pater Richard ist das Jubiläum ein „großes Danke für all das Großartige, das Menschen über Jahrhunderte an diesem Ort erfahren haben". Und so wünscht sich der Wallfahrtsseelsorger für die kommenden Jahrhunderte vor allem, dass „hier immer wieder Menschen Gottes Nähe spüren und die Erfahrung machen dürfen, dass Er es gut mit ihnen meint".
Jubiläums-Programm
Festgottesdienst mit Bischof Friedhelm am 15. September, 10.45 Uhr.
Vorträge:
8. Juni, 20 Uhr: „Vesperbild – Die Mutter beweint ihren toten Sohn" – Vortrag von Dr. Albert Fuß im Dettelbacher Museum.
15. August, 19.30 Uhr: „Maria hilf, es ist Zeit" – Vortrag von Dr. Reinhard Worschech, Wallfahrtskirche.
31. August, 20 Uhr: „Die Botschaft der Wallfahrtskirche" – gepredigte Kirchenführung mit Pater Richard Heßdörfer (Eintritt frei).
5. Oktober, 20 Uhr: „Die Mirakelbilder in der Wallfahrtskirche" – Vortrag und Disput mit Dr. Hans Bauer, Pater Richard Hessdörfer und Dr. Reinhard Worschech im Museum.
24. Oktober, 19 Uhr: „Schritt für Schritt – der Pilgerweg im Alltag" – Vortrag von Dr. Friedrich Aßländer im Museum.
26. Oktober, 19 Uhr: „Das Dettelbacher Gnadenbild" – Vortrag von Dr. Wolfgang Schneider im Museum.
Sonderausstellung:
„400 Jahre Wallfahrtskirche" bis 27. Oktober im zweiten Stock des Museums „Pilger & Wallfahrer" (KuK Dettelbach); Einblick in die Gestaltung des Kirchenbaus sowie Aspekte der Wallfahrt; zu sehen sind Gemälde, Zeichnungen, Andachtsbildchen, Baupläne, Messbücher aus dem 15. Jahrhundert und liturgisches Gerät.
Geöffnet:
Mo bis Sa von 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr; an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 17 Uhr; Gruppenführungen nach Anmeldung auch außerhalb der Öffnungszeiten.
Infos/Anmeldung:
Touristik,
Rathausplatz 6,
97337 Dettelbach.
Telefon 09324/3560.
E-Mail „tourismus@dettelbach.de";
Internet „www.dettelbach.de".
Anja Legge