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      Gedanken zum Evangelium - 2. Sonntag der Fastenzeit

      Gottes Hand ist ausgestreckt

      Die Lesung erzählt davon, dass Gott einen Bund schließt mit Abram, der später Abraham genannt wird. Dieser Gottesbund ist weder der erste noch der letzte, von dem die Bibel erzählt. Die Menschen reagieren auf die Angebote Gottes allerdings oft eher verhalten.

      Evangelium

      In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus mit sich und stieg auf einen Berg, um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtendweiß. Und siehe, es redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in Herrlichkeit und sprachen von seinem Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte.

      Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. Und es geschah: Als diese sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.

      Während er noch redete, kam eine Wolke und überschattete sie. Sie aber fürchteten sich, als sie in die Wolke hineingerieten. Da erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Während die Stimme erscholl, fanden sie Jesus allein. Und sie schwiegen und erzählten in jenen Tagen niemandem von dem, was sie gesehen hatten.

      Lukasevangelium 9,28b–36

      Einen Bund zu schließen: Das ist ganz normal im privaten und gesellschaftlichen Leben. Den Bund fürs Leben zum Beispiel. Einen Gewerkschaftsbund, ein Sicherheitsbündnis. Allerdings zeigt die Erfahrung: Menschliche Bündnisse sind oft nichts für die Ewigkeit. Versprochen. Gebrochen.

      Die Bibel ist ein ganzes Buch über Bündnisse. Das merkt man schon, wenn man sie aufschlägt: Altes Testament und Neues Testament. Das Wort hat nichts mit dem Letzten Willen zu tun, sondern ist die latinisierte Übersetzung des hebräischen Wortes „berit“, auf Deutsch: Bund, der Bund zwischen Gott und Mensch. Er ist zentral für das jüdisch-christliche Denken. Und wird oft geschlossen, gebrochen, erneuert:

      Der Noah-Bund

      Der erste Bund ist der mit Noah (Genesis 9): Nachdem die Menschheit Gott enttäuscht hat und durch die Flut Vernichtung über sie gekommen ist, setzt Gott einen neuen Anfang: „Siehe, ich richte meinen Bund auf mit euch und mit euren Nachkommen und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Wildtieren der Erde.“ Und Gott bestimmt als Bundeszeichen den entspannten Kriegsbogen, der für immer den Frieden zwischen Gott und Welt symbolisiert. „Steht der Bogen in den Wolken, so werde ich auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken.“

      Was auffällt: Dieser Bund ist eine recht einseitige Angelegenheit. Gott bietet ihn an und verpflichtet sich, ihn zu halten; der Mensch tut nichts, verspricht nichts, empfängt nur. Ein wichtiger Unterschied zu zwischenmenschlichen Bündnissen. Und: Der Noah-Bund bezieht sich keineswegs nur auf Menschen, schon gar nicht auf Menschen einer bestimmten Religion. Gott verbündet sich ohne irgendwelche Forderungen mit seiner ganzen Schöpfung.

      Der Abraham-Bund

      Der zweite Bund ist der, von dem die Lesung dieses Sonntags spricht und der zwei Kapitel später konkretisiert wird. Er ist wesentlich exklusiver. Im Mittelpunkt steht hier ein inhaltliches Versprechen Gottes an Abram und seine Familie: zahlreiche Nachkommen und Land. Es heißt dort: „Man wird dich nicht mehr Abram nennen. Abraham, Vater der Menge, wird dein Name sein; dir und deinen Nachkommen gebe ich das Land, in dem du als Fremder weilst, das ganze Land Kanaan zum ewigen Besitz“ (Genesis 17,5.8). Bis heute ist das die religiöse Begründung für israelische Siedler im Westjordanland.

      Noch etwas ist neu: Gott fordert etwas, nämlich, dass die Menschen ihrerseits den Bund halten. Dafür setzt er ein konkretes neues Bundeszeichen: „Und Gott sprach zu Abraham: Dies ist mein Bund zwischen mir und euch und deinen Nachkommen, den ihr bewahren sollt: Alles, was männlich ist, muss bei euch beschnitten werden ... Ein Unbeschnittener soll aus dem Stammesverband ausgemerzt werden. Er hat meinen Bund gebrochen.“ (Genesis 17,10.14)

      Der Sinai-Bund

      Bekanntlich gibt es außer dem Judentum noch eine andere Religion, die sich auf Abraham zurückführt und die Beschneidung praktiziert: den Islam. Das war natürlich zur Zeit der Abfassung der alttestamentlichen Schriften nicht absehbar. Aber aus heutiger Sicht bekommt dadurch der spätere Sinai-Bund eine weitere Stufe der Exklusivität.

      Von ihm erzählt das Buch Exodus, in dessen Mittelpunkt die in gewisser Weise wichtigste Gründungsgeschichte für das Volk Israel steht: der Auszug aus Ägypten. Gott hält sein Bundesversprechen. Er rettet auf wunderbare Weise sein Volk aus der Sklaverei und begleitet es durch die lebensfeindliche Wüste zum Berg Sinai. Um dort den Bund noch einmal ausdrücklich zu erneuern.

      Gott sagt zu Mose: „Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein. Mir gehört die ganze Erde, ihr aber sollt mir als ein Königreich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören. Das sind die Worte, die du den Israeliten mitteilen sollst.“ (19,5–6)

      Und wieder geschieht etwas Neues. Denn erstmals erbittet Gott eine ausdrückliche Zustimmung zu seinem Angebot, eine Zustimmung des Volkes. „Mose ging und rief die Ältesten des Volkes zusammen. Er legte ihnen alles vor, was der Herr ihm aufgetragen hatte. Das ganze Volk antwortete einstimmig und erklärte: Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun. Und Mose überbrachte dem Herrn die Antwort des Volkes.“ (19,7–8) Der Beginn einer wirklich ganz exklusiven Beziehung.

      Der neue Bund

      Happy End, könnte man meinen. Aber kaum hat das Volk dem Bund zugestimmt, bricht es ihn in der nächsten Krise schon wieder, wendet sich lokalen Gottheiten zu und tanzt ums goldene Kalb. Gott reagiert streng: Die Wüstenwanderung dauert so lange, dass diese sündige Generation das Gelobte Land nicht betreten darf. Erst deren Kinder und Enkel siedeln sich dort an.

      Gott bleibt auch ihnen treu. Sie ihm mal so, mal so. Denn sie brechen seine Gebote, besonders die sozialen. Statt den Nächsten lieben sie vor allem sich selbst; statt für Flüchtlinge, Witwen und Waisen sorgen sie lieber für die eigene Familie. Jahrhundertelang geht es so. Und Gott ahnt: Da muss ein neuer Bund her, einer, der ganz anders ist.

      Der Prophet Jeremia kündigt ihn an: „Siehe, Tage kommen, da schließe ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund. Er ist nicht wie der Bund, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe, diesen meinen Bund haben sie gebrochen. Sondern so wird der Bund sein, den ich mit dem Haus Israel schließe: Ich habe meine Weisung in ihre Mitte gegeben und werde sie auf ihr Herz schreiben. Ich werde ihnen Gott sein und sie werden mir Volk sein.“ (Jeremia 31,31-33)

      Diesen Herzensbund haben die ersten Christen in Jesus verwirklicht gesehen. „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird“, sagt Jesus im Abendmahlssaal (Lukas 22,20). Was nicht heißt, dass der neue Bund den alten ablöst, das Neue Testament das Alte. Gott und Israel bleiben auf ewig verbündet und ohne Judentum kein Christentum.

      Ebenso wenig heißt das, dass der neue Herzensbund weniger gebrochen wird. Leider. Weiterhin braucht Gott viel Geduld mit seiner Schöpfung, mit uns allen. Denn es bleibt eine schwierige Aufgabe, den Bund, den Gott uns ins Herz geschrieben hat, zu halten. Jeden Tag aufs Neue.

      Susanne Haverkamp