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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Gott lächelt uns an

    Zum Thema Weihnachten hat sich das Sonntagsblatt mit dem Benediktinerpater Anselm Grün aus der Abtei Münsterschwarzach unterhalten.
    Seit 1977 ist Benediktinerpater Anselm Grün Cellerar der Abtei Münsterschwarzach. In zahlreichen Kursen und Vorträgen geht der am 14. Januar 1945 im fränkischen Junkershausen gebürtige Grün auf Nöte und Fragen der Menschen ein. Für viele ist er zum spirituellen Berater geworden. Mit über 100 Titeln in Millionenauflage, übersetzt in 30 Sprachen, gehört Pater Anselm zu den meistgelesenen christlichen Autoren der Gegenwart. Zum Thema „Weihnachten“ hat das Sonntagsblatt sich mit ihm unterhalten.

    Advent ist für Sie die vorgezogene Weihnachtszeit, wie Sie einmal formulierten. Wie verbringen Sie diese Zeit? Anders als sonst?
    Von der Liturgie her ist die Adventszeit natürlich sehr geprägt. Im Kloster kommen wir fünf Mal am Tag zum Gebet zusammen. Vor allem die Antiphonien und die Lesungen faszinieren mich. In der Adventszeit versuche ich mir mehr Zeit zu nehmen für Bach-Kantaten, etwa „Nun komm, der Heiden Heiland“, „Bereitet die Wege, bereitet die Bahn“. Oder die andere Bach-Kantate „Wachet auf“. Auch versuche ich mir einfach mehr Zeit am Abend für die Stille zu nehmen als sonst.

    Was würden Sie denn unseren Lesern empfehlen: Wie sollten sie ihre Adventszeit verbringen?
    Sie sollen sich nicht unter Einkaufsstress bringen und meinen, sie müssten jeden befriedigen. Weihnachten muss gut geplant sein. Man sollte nicht an x vorgezogenen Weihnachtsfeiern teilnehmen, weil das auch irgendwann frustriert. Stattdessen sollten sie bewusst in der Familie ein Ritual pflegen: Beispielsweise am Samstag vor jedem Adventssonntag am Adventskranz eine neue Kerze entzünden. Vielleicht eine kurze Familienliturgie feiern. Gemeinsam Adventslieder singen. Oder einfach still in die Kerze hineinspüren und darauf achten: Welche Sehnsucht kommt da in mir hoch? Stimmt mein Leben noch so wie es ist? Adventszeit ist eben auch eine Bußzeit, das heißt, dass wir es besser machen sollen. Wir sollen spüren: Sind wir noch auf dem richtigen Weg, oder müssen wir noch einiges in unserem Leben ändern?

    Ein anderes bekanntes Zitat von Ihnen lautet: „Weihnachten ist eine Zeit, in der die Grenzen zwischen Himmel und Erde aufgehoben werden, und in der wir wieder mit unserer tiefsten Sehnsucht in Berührung kommen.“ Beleuchten Sie dieses Zitat ein bisschen näher.
    Weihnachten feiern wir die Menschwerdung Gottes. Gott ist auf die Erde gekommen, dadurch sind Himmel und Erde miteinander verbunden worden. Gott ist nicht mehr der Ferne, der irgendwo im Himmel zu finden ist, sondern er ist mitten auf der Erde zu finden. Das ist das Faszinierende von Weihnachten. Es findet nicht irgendwo auf der Erde in einem Palast statt, sondern im Stall – in der tiefsten Einfachheit und Dunkelheit der Erde. Das ist das eine Bild: Gott feiert Hochzeit mit den Menschen an Weihnachten.

    Das andere Bild ist: Ich denke, jeder Mensch hat in sich eine Sehnsucht, noch mal von Neuem anzufangen. Die Sehnsucht, dass das Leben heil wird. Die Sehnsucht nach dem Paradies. Das ist aber keine nostalgische Sehnsucht, die rückwärts geht, sondern eher eine Sehnsucht, dass das Leben heil wird, dass es gelingt und dass wir nicht den ganzen Ballast unserer Vergangenheit mit uns herumschleppen. Das Kind, das in der Krippe liegt, das ist die Verheißung, dass das Leben noch einmal von Neuem beginnen kann.

    Was bedeutet für Sie das Bild vom Kind in der Krippe?
    Am Kind in der Krippe ist für mich faszinierend, dass Gott klein wird, dass Gott hilflos wird wie ein Kind, dass also nicht der Mächtige kommt, sondern ein Kind. Das heißt auch, dass wir uns Gott nur sehr zärtlich nähern, aber nicht eben vereinnahmen können. Das Kind in der Krippe drückt auch ein Stück Geborgenheit aus. Wir können dem Kind etwas geben, aber wir bekommen auch etwas von dem Kind: Das Ursprüngliche, das Freudige von einem Kind, wenn ein Kind lächelt. Und so ist das Kind in der Krippe die Verheißung, Gott lächelt uns an und beginnt mit uns einen neuen Weg. Mit jedem Kind kommt eine Hoffnung in die Welt, dass das Leben besser, heller, wärmer wird. Durch das göttliche Kind in der Krippe kommt die Hoffnung, dass diese kalte Welt wärmer wird, weil Gott selbst als Kind darin geboren wird.

    Wie wirkt die Welt momentan auf Sie?
    Die Welt wirkt für mich auf der einen Seite ratlos, orientierungslos, hektisch; sie wird auch immer rauer. Und ich denke, gerade gegen die immer rauer werdende Welt, in der nur noch die finanziellen Maßstäbe zu zählen scheinen, brauchen wir ein Gegengewicht: eine Welt, in der wir uns daheim fühlen. Daheim fühlen heißt nicht, sich im nostalgischen Rückwärtstrend einrichten, sondern daheim sein kann man nur, wo das Geheimnis wohnt. Wenn Gott, das Geheimnis, unter uns wohnt, dann können wir auch in dieser Welt daheim sein trotz dieser äußerlich eher kalten und rauen Welt.

    Auf was sollen Familien heute achten, wenn sie gemeinsam Weihnachten feiern? Was sollten sie unbedingt vermeiden?
    Sie sollten erst mal Konsumstress vermeiden, sich nicht zu Tode essen, und auch Familienstress vermeiden; nicht dass sie meinen, sie müssten immer zusammenho- cken. Wenn man zu lange zusammensitzt, dann wächst eher die Aggression.

    An den Festtagen immer lieb zueinander sein, geht das nicht?
    Das geht nicht. Ich denke schon, dass Weihnachten auch ein Familienfest ist, und dass es auch den neuen Anfang gibt von Versöhnung, dass man positiv zu den Familienmitgliedern steht, dass man dankbar ist, miteinander Weihnachten feiern zu können. Aber es braucht auch ein gesundes Verhältnis von Nähe und Distanz, von Einsamkeit und Gemeinschaft. Wenn eine Familie den ganzen Tag zusammen ist, dann tut es ihr nicht gut. Der Gesprächsstoff geht aus, man möchte auf Gemeinschaft machen und merkt, dass es doch nicht möglich ist. Deswegen braucht es die Stille, die Einsamkeit und das Miteinander. Man muss das Miteinander auch gestalten: Rituale entwickeln, gemeinsam Lieder singen, gemeinsam die Bescherung gestalten. Es braucht die Form von gesunden Ritualen, sonst wird das Weihnachtsfest eine Enttäuschung, wie es Familien häufig auch erleben. Man hat noch die Sehnsucht, wie es früher war, aber bringt die heile Welt nicht zustande. Und dann ist man eher enttäuscht.

    Die Sehnsucht, wie es früher einmal war. – Wie haben Sie früher als Kind Weihnachten gefeiert?
    Für mich war Weihnachten immer faszinierend. Wir waren eine Familie mit sieben Kindern, und unsere Eltern haben das immer sehr spannend gemacht. Wir hatten früher ein Elektrogeschäft in München. Und das Büro meines Vaters war das größte Zimmer. Das wurde an Heiligabend immer ausgeräumt und zum Weihnachtszimmer umfunktioniert. Auf dem Schreibtisch stand der Christbaum. Wir Kinder haben die Krippe aufgebaut und mit Moos ausstaffiert, das wir im Wald gesammelt hatten.

    Manch ein Kind ist früher an Weihnachten von den Eltern als Engel verkleidet worden. Gab es so etwas auch bei Ihnen?
    Nein, als Engel nicht. Aber meine Familie und unsere Nachbarn, wir haben gemeinsam ein Weihnachtsspiel aufgeführt – für die ganze Pfarrei. Der Vater Küpper hat das mit uns eingeübt. Das hat sich dann im größten Zimmer der anderen Wohnung abgespielt.

    Und was war Ihre Rolle?
    Ich habe einen Hirten gespielt, nicht wie heute mit Bart. Wir mussten dem Christkind einen Apfel reichen. Ich meine mich erinnern zu können, dass ich in meinen Apfel dann selber hineingebissen habe. Auf jeden Fall haben wir Kinder nicht ganz so vorschriftsmäßig gespielt ...