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Gesundheit ganz anders

Nicht jede Krankheit kann geheilt werden – Leid und Sterben gehören zum Leben: Bischof Wolfgang Huber sieht „eine im Tiefsten geistliche Aufgabe darin, sich auf Menschen, deren Erkrankung nicht überwunden werden kann, einzulassen und mit der Erfahrung des Unabänderlichen umzugehen“. Und in der eigenen Krankheit müsse der Mensch „eine wichtige Dimension“ der menschlichen Existenz sehen.
WÜRZBURG. Mit einem ökumenischen Gottesdienst (siehe Seite 11) und einer Podiumsdiskussion wurde in Würzburg die diesjährige „Woche für das Leben“ eröffnet. Sie steht unter dem Motto: „Gesundheit – höchstes Gut?“ Im Mittelpunkt steht der Appell, Gesundheit in einem umfassenden, in einem christlichen Sinn zu sehen und Kranke wie auch Behinderte nicht auszugrenzen.

„Es gibt Menschen, die leben von morgens bis abends nur noch vorbeugend. Und sterben dann gesund. Aber auch wer gesund stirbt, ist definitiv tot.“ Manchem Zuhörer blieb das Lachen im Halse stecken, als der Arzt und Theologe Manfred Lütz in seiner Einführung zu einer Podiumsdiskussion im St. Burkardushaus
die Auswüche der „Gesundheitsgesellschaft“ und ihrer vielen Jünger skizzierte. „Um den Tod zu vermeiden, nehmen sie sich das Leben.“ Oder das anderer: Lütz warnte vor der immer wieder beschworenen „Ethik des Heilens“, mit der das Ende der Ethik eingeläutet werde, dann werde es sakral, „wer heilt, hat recht“. Der dürfe offensichtlich sogar menschliches Leben opfern, um andere zu heilen, sagte der Arzt, der damit auch auf die Stammzelldiskussion in Deutschland Bezug nahm. An dieser Stelle mag sich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) etwas unwohl gefühlt haben, denn im Gegensatz zur Haltung der Deutschen Bischofskonferenz und auch zu evangelischen Kirchenvertretern hält Bischof Wolfgang Huber eine begrenzte Liberalisierung des Stammzellgesetzes für möglich.

Christliches Menschenbild
Doch über diese Frage gab es in Würzburg keine Diskussion, es wurde Gemeinsamkeit der Christen demonstriert, schon bei einer Pressekonferenz vor dem Gottesdienst im Kiliansdom. Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Heinrich Mussinghoff, benannte das Problem deutlich: „Wenn die Sorge um äußerliches Wohlbefinden und körperliche Fitness einen so breiten Raum einnimmt, dass man schon von Gesundheitsreligion sprechen kann, dann verschiebt sich allmählich das Bild vom Menschen.“ Der körperliche und mentale Leistungsträger werde zum Normalfall, an dem sich die ganze Gesellschaft ausrichte. Gesundheit umfasse aber das Wohlbefinden „des ganzen Menschen, seinen inneren und äußeren Zustand“. Der Bischof erwähnte, dass dieses Gesundheitsverständnis viel mit Heilung zu tun habe und damit mit dem Heil des Menschen: Die Heilungsgeschichten des Neuen Testaments verwiesen immer auf die Dimension des Glaubens.
Nicht jede Krankheit kann geheilt werden – Leid und Sterben gehören zum Leben: Bischof Huber sieht „eine im Tiefsten geistliche Aufgabe darin, sich auf Menschen, deren Erkrankung nicht überwunden werden kann, einzulassen und mit der Erfahrung des Unabänderlichen umzugehen“. Und in der eigenen Krankheit müsse der Mensch „eine wichtige Dimension“ der menschlichen Existenz sehen. Um zu sich selbst zu finden und die menschlichen Grenzen zu bejahen, bedürfe es Menschen, die die Hoffnungen und das Leiden teilen – christliche Krankenhäuser könnten hier zu Vorbildern einer „Kultur der Barmherzigkeit“ werden.
An der von Bernadette Schrama, Leiterin der Fernsehredaktion der Diözese Würzburg, moderierten Gesprächsrunde nahmen neben den beiden Kirchenvertretern auch der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Jörg-Dietrich Hoppe, und der erste Vorsitzende des Missionsärztlichen Instituts in Würzburg,
Prof. Klaus Fleischer, teil. Hoppe wies auf die Erwartungshaltungen hin, die daraus entstehen, dass die Medizin von vielen Menschen als exakte Naturwissenschaft betrachtet würde, die das Leben unendlich machen könne.

Solidarität und Gerechtigkeit
Prof. Fleischer lenkte den Blick nach Afrika, wo vielen Menschen sehr wichtige Arzneimittel fehlten – Impfstoffe, Aidsmedikamente. Auch Hebammen gebe es zu wenige. Die Christen in Europa müssten ernst machen mit der christlichen Solidarität. Wenn es den Menschen in der „Dritten Welt“ besser gehe, wirke sich das auch positiv auf die Menschen in Europa aus: Übereinstimmend wandten sich die Diskussionsteilnehmer gegen eine ich-bezogene Gesundheitsauffassung, so als gingen den Menschen von heute die anderen nichts an. Migranten, alte Menschen, Kranke, Behinderte müssten die notwendige Unterstützung erfahren. Dies hat auch mit (Verteilungs-)Gerechtigkeit zu tun. Nicht „Hauptsache gesund“, sondern „Hauptsache Menschenwürde“, formulierte Bischof Huber.
Mehrmals wurde an diesem Tag in Würzburg darauf hingewiesen, dass weniger Menschen an ein ewiges Leben nach dem Tod glauben. Der Appell von Bischof Heinrich Mussinghoff soll zum Nachdenken anregen: „Wenn der Glaube an das ewige Leben neu gelebt wird, dann kommen wir zu anderer Wertigkeit, dann verändert sich unsere Gesellschaft.“