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Freund und Anwalt der Lehrerschaft

Bischof Josef Stangl wusste, dass das persönliche Vorbild des Religionslehrers in der religiösen Unterweisung und Erziehung mehr bewirkt als viele fromme Worte. Deshalb ermutigte er zu einem Leben aus dem christlichen Glauben.
Im Jahre 1948 nahm ich an der Lehrerbildungsanstalt Würzburg an einem Lehrgang für Abiturienten zum Erwerb der ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen teil. Dort traf ich Studienrat Josef Stangl wieder, denn bereits als Kind war ich in den Jahren 1934 bis 1938, während seiner Tätigkeit als Religionslehrer am Gymnasium der Englischen Fräulein, einer seiner Messdiener in deren Kapelle in der Herrngasse 6. Bei Josef Stangl habe ich das freie persönliche Gebet erlebt und gelernt.
Als Dozent der Religionspädagogik sollte und wollte Josef Stangl die 109 Lehrgangsteilnehmer zur Erteilung des Bibelunterrichts in der Volksschule vorbereiten, anleiten und befähigen. Die Erteilung des Katechismusunterrichts war damals nur Priestern erlaubt. Für Josef Stangl war diese Tätigkeit als Religionspädagoge aus verschiedenen Gründen eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe.

Gütig und kontaktfreudig
Das gemeinsame Berufsziel schaffte unter den beiden Gruppen, in die die Teilnehmer eingeteilt waren, eine gute Gemeinschaft und ein solidarisches Miteinander. Dazu trug Josef Stangl durch sein gütiges und freundliches Wesen und durch seine kontaktfreudige Art und Haltung wesentlich bei. Seine persönliche, fachliche und soziale Kompetenz befähigten ihn, diese Schwierigkeiten zu meistern:
* Weil er lebte, was er lehrte, gewann er als natürliche Autorität die Achtung und Anerkennung aller Studierenden.
* Er wusste, dass das persönliche Vorbild des Religionslehrers in der religiösen Unterweisung und Erziehung mehr bewirkt als viele fromme Worte. Deshalb ermutigte er zu einem Leben aus dem christlichen Glauben. An jedem Samstag hat er alle Studierenden zur Messfeier mit Predigt in die Kapelle der Lehrerbildungsanstalt eingeladen. Die bewusste Mitfeier der Feste und Zeiten des Kirchenjahres war ihm ein besonderes pastorales Anliegen.
So lernten wir in diesem Jahr Josef Stangl als frommen Priester, als überzeugten und überzeugenden Seelsorger und Religionspädagogen, als wortgewandten Verkünder und glaubwürdigen Zeugen der christlichen Frohbotschaft und als liebenswerten Menschen kennen und schätzen.
Auch nach Ende des Lehrganges blieb er vielen Teilnehmern persönlich verbunden. Ich denke an die Begegnungs- und Besinnungstage auf Burg Rothenfels, zu denen er zu Beginn der Sommerferien die Lehrkräfte eingeladen hat. Bei unserem 25-jährigen Lehrerjubiläum war er unser Gast und hat mit uns in der Bürgerspitalkirche einen Wortgottesdienst gefeiert. In den 50er Jahren wurden viele Lehrerehepaare von ihm getraut.

„Ökumenische Tat“
Ab 1951 hat er die Gründung und den Aufbau der Katholischen Erziehergemeinschaft als „Gesinnungsgemeinschaft“ aktiv unterstützt. Als Bischof war ihm bei seinen Visitationen in den Pfarreien die Begegnung und das Gespräch mit der örtlichen Lehrerschaft ein persönliches Anliegen. Im Vertrauen auf die an den Volksschulen tätigen Lehrerinnen und Lehrer hat er 1968 nach einer entsprechenden Festlegung im Konkordat die Änderung des Artikels 135 der Bayerischen Verfassung mitgetragen und mitverantwortet. Durch diese wurde eine gemeinsame Volksschule für alle schulpflichtigen Kinder geschaffen, in der sie nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen werden sollen. Josef Stangl bezeichnete diese Änderung als „ökumenische Tat“ und betrachtete sie als neue Chance zur gemeinsamen Gestaltung eines christlich geprägten Schullebens. Durch Verzicht auf die Konfessionalität wurde dann die Landschulreform mit der Gründung von Schulverbänden und mit der Bildung von Jahrgangsklassen an den Grund- und Hauptschulen sowie die Integration der Lehrerbildung in die Universität ermöglicht.
Bei der Neugestaltung der Feier der jährlichen Kiliansoktav hat er eine Anregung im Diözesan-Pastoralrat aufgenommen und den Freitag als „Tag der Verantwortlichen in Schule und Erziehung“ benannt, an dem er die Lehrkräfte aller Schularten um 17 Uhr zu einem Pontifikalgottesdienst in den Dom mit anschließender Begegnung im Burkardushaus eingeladen hat. Dankbar vermerke ich, dass seine Nachfolger, Bischof Paul-Werner und Friedhelm, diese Tradition fortgesetzt haben.

Fürsorge für Lehrkräfte
Seine besondere pädagogische Fürsorge innerhalb der allgemeinen Pastoral bestätigt auch der Auf- und Ausbau des Katechetischen Amtes zur Weiterbildung der Religionslehrer und zur Unterstützung der katechetischen Arbeit in den Pfarrgemeinden. Mit Mitteln der Diözese half er dem Trägerverein Ferdinandeum zum Bau eines Lehrerstudenten-Wohnheimes in der Schlörstraße, das 1960 bezogen und eingeweiht werden konnte.
Das sind Beispiele dafür, dass die besondere Aufmerksamkeit und Fürsorge Josef Stangls den Lehrkräften aller Schularten gegolten hat, deren Freund und Anwalt er zeitlebens war. Die Schule war für ihn stets ein wichtiger Lernort und Erfahrungsraum christlicher Grundwerte und Grundsätze.
Als tragisch empfinde ich seine persönliche gut gemeinte, aber in der Öffentlichkeit heftig umstrittene Gewissensentscheidung zur Durchführung des Exorzismus an einer Lehramtsstudentin. Die massive negative Kritik hat ihn seelisch stark belastet.
Ich meine: In diesem Gedenkjahr hat die Lehrerschaft gute Gründe sich an das Vorbild Josef Stangls und an sein segensreiches bischöfliches Wirken in Dankbarkeit zu erinnern.