Bewegte Geschichte
Ab 1889 fanden auch Kloster, Internat, Schülerinnenheim und Kindergarten dort ihren neuen Standort. Weil der Platz auch hier nicht mehr reichte, erwarben die Schwestern 1927 das Gelände in der Annastraße und errichteten dort einen Schulneubau; der Altbau in der Herrngasse beherbergte weiterhin Kloster, Internat und Kindergarten. Nur acht Jahre nach dem Einzug schloss das NS-Regime 1938 das Institut, das Mozartgymnasium zog in die Räume ein, viele Schwestern gingen in die Mission. Am 16. März 1945 wurde das Institutsgebäude in der Herrngasse zerstört, das Schulgebäude in der Annastraße blieb verschont. 1946 kehrten die Schwestern als Trümmerfrauen in die Stadt zurück. Auf einem Ruinengrundstück in der Nikolausstraße eröffneten sie 1949 Internat, Mittelschule, Kindergarten und Frauenfachschule neu; erst 1953 konnte man die alten Gebäude in der Annastraße wieder beziehen. In den darauf folgenden Jahrzehnten passten die Schwestern ihr Angebot stets an die Bedürfnisse der Zeit an: So wurde 1965 aus der dreiklassigen Mittelschule die vierstufige Realschule, 1974 eröffnete man einen Schulkindergarten.Stiftungsgründung
1992 beteiligte sich die Schule beim Modellversuch für die Sechsstufige Realschule. Nach dem Tod von Schwester Helga Enenkel folgte 1999 Peter Schreiner als erster weltlicher Schulleiter. Damit wurde eine neue Seite in der Geschichte des Instituts aufgeschlagen, die mit dem Rückzug der Schwestern einherging. Weil der klösterliche Nachwuchs ausblieb, gründete die Congregatio Jesu 2002 in Aschaffenburg die Maria-Ward-Stiftung mit dem Auftrag, die Einrichtungen weiterzuführen.2008 ging zunächst die Aschaffenburger Schule in die Trägerschaft der Stiftung über, 2009 folgten Schule und Kindergarten in Würzburg. 2011 wurde der Konvent in Würzburg aufgelöst; die Schwestern gingen in Konvente in ganz Bayern, die letzte Schwester im Raum Würzburg ist Angelika Kutt, die bis heute in der Pfarreiengemeinschaft „Zu den Schutzengeln im Gau“ als pastorale Mitarbeiterin wirkt.
Tatkräftig unterstützt werden Schule und Kindergarten seit 25 Jahren durch den „Freundeskreis der Maria-Ward-Schwestern“, den Eltern und ehemalige Schülerinnen 1991 zum Zeichen ihrer Verbundenheit und Wertschätzung gegründet hatten. Zu den Frauen der ersten Stunde zählt auch Wilma Felfe; obwohl ihre Töchter Kindergarten und Schule längst entwachsen sind, fühlt sie sich den Einrichtungen noch immer sehr verbunden. Um die Atmosphäre dieser „Insel der Geborgenheit“ zu fördern, unterstützt sie als Freundeskreis-Vorsitzende gemeinsam mit über 200 Mitgliedern Schule und Kindergarten nicht nur finanziell, sondern auch ideell. „In einer Spenden-Aktion haben wir über 100 000 Euro zusammengetragen und können damit Maßnahmen und Projekte unterstützen, für die es keinen Etat gibt“, so Felfe. Der Umbau des Töpferraums gehört ebenso dazu wie ein Konzertflügel für die Schule, Eltern-Unterstützung beim Schulgeld oder bei der französischen Spielstunde.
Wertevermittlung
Kindergartenleiter Hans Gerl und seine Stellvertreterin Yvonne Böck sind für die passgenaue Hilfe sehr dankbar. Seit September 2009 leitet Gerl den Maria-Ward-Kindergarten, der mit rund 120 Kindern „rappelvoll“ ist. „Wir sehen das Kind ganzheitlich, nehmen es bedingungslos an und fördern seine Stärken“, beschreibt Gerl das pädagogische Konzept. „Die Kinder sollen ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln und wertschätzend mit anderen Menschen und den Dingen umgehen – damit aus ihnen keine Mitläufer oder Sündenböcke werden, sondern aktive Gestalter, die Verantwortung für ihr Tun übernehmen.“ Gefördert wird dies zum Beispiel durch das heilpädagogische Töpfern, das sich ursprünglich an Kinder mit negativen Erfahrungen wandte, im Maria-Ward-Kindergarten aber allen Kindern zugute kommt. Die Idee dahinter: Beim Töpfen werden Feinmotorik, vorausschauendes Denken, Geduld und Kommunikation geschult und am Ende steht „ein Erfolgserlebnis, das die Kinder stolz macht“, sagt Yvonne Böck. Eine weitere Besonderheit ist die „Französische Spielstunde“, die es seit nunmehr 40 Jahren gibt. Ziel ist nicht der möglichst frühe Spracherwerb, sondern eine Art „Sprach-Bad“, bei dem die Kinder ein Gefühl für die andere Sprache entwickeln und Toleranz einüben. Neben drei altersgemischten Gruppen und einer Kleinkindgruppe gibt es außerdem einen „Schulkindergarten“, in dem zurückgestellte Schulkinder gefördert und Kinder mit Problemen auf ihrem Weg begeleitet werden. „Miteinander Wege suchen“ ist auch der Leitgedanke der Maria-Ward-Schule. Etwa 430 Schülerinnen besuchen aktuell die anerkannte sechsstufige Mädchenrealschule. „Auf der Basis der individuellen Persönlichkeit und verwurzelt im christlichen Menschenbild wollen wir eine umfassende, ganzheitliche Bildung vermitteln, das heißt eine gesunde Kombination aus gutem sozialen Miteinander und solider fachlicher Ausbildung“, beschreiben Schulleiterin Claudia Wührl und Konrektorin Birgit Thum-Feige das Anliegen des 40-köpfigen Kollegiums.Kompetent ins Leben
Ganz im Sinne der Namenspatronin gehe es darum, „dass Frauen eine Meinung haben und diese auch vertreten“. „Unsere Mädchen sollen selbstbewusst, kompetent und eigenständig ins Leben gehen und Verantwortung übernehmen können.“ Trainiert wird dies bei Projektvorführungen oder Besuchen von Vertretern aus Politik und Gesellschaft, bei denen die Schülerinnen ihre Argumentationsfähigkeit erproben können.Wichtig bleiben auch künftig das aufmerksame Hinhören und die Anpassung an die Bedürfnisse der Zeit. Dies führt zu immer neuen Modifikationen und Veränderungen im Angebot, ist aber in den Augen von Schulleiterin Wührl unerlässlich, denn: „Nur wenn wir die Zeichen der Zeit beachten, können wir die Mädchen, die unsere Zukunft sind, wirklich fit machen für die Zukunft!“ Anja Legge