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      Generaloberin Katharina Ganz setzt sich für die Rechte von Frauen in der Kirche ein

      Es muss ab 2022 anders werden

      Dass Kirche ohne Frauen nie und nimmer funktioniert, daran ist nicht zu zweifeln. „Ohne sie hat Kirche keine Zukunft“, heißt der Titel eines neuen Buchs von Schwester Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, das im Frühjahr im Echter-Verlag erscheinen wird. Allerdings ist das mit den Frauen und der Kirche so eine Sache: Frauen wollen viel mehr, als ihnen derzeit zugestanden wird. Vollständig lautet der Buchtitel denn auch provokativer: „Frauen stören und ohne sie hat Kirche keine Zukunft“.

      Schwester Katharinas Buch ist Wasser auf den Mühlen all jener Menschen, die sich in der Diözese dafür einsetzen, dass auch Frauen in Zukunft geweihte Diakoninnen und Priesterinnen sein dürfen. Inwieweit das möglich ist, wird während des Synodalen Wegs im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ diskutiert. Die promovierte Theologin gehört diesem Forum an. Einer neu gegründeten Gruppe von Gemeinde- und Pastoralreferentinnen aus Würzburg, die sich soeben zum ersten Mal online getroffen hat, berichtete sie, was bisher im Forum geschehen ist. Die Gruppe will versuchen, den Prozess mit voranzutreiben.

      So, wie die Kirche sei, passe sie selbst in den Augen sehr gläubiger Menschen nicht mehr ins 21. Jahrhundert, lässt Schwester Katharina durchblicken. Rein kirchenrechtlich wäre schon sehr viel mehr möglich, als aktuell in Sachen Gleichberechtigung von Männern und Frauen geschieht. Der Frage, was bereits möglich wäre, geht eine von drei Arbeitsgruppen innerhalb des Forums „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ nach.

      Pandemiebedingt geht es mit dem Synodalen Weg nur langsam vorwärts. Vieles, was live geplant war, muss nun über den Bildschirm stattfinden. Wichtige Termine wurden verschoben. „Analoge Synodalversammlungen sind derzeit nicht möglich“, bestätigt Schwester Katharina. Eine für Februar 2021 terminierte Versammlung wurde inzwischen auf ein Online-Format reduziert: „Die reale Versammlung ist für Herbst geplant.“ Doch es sei für sie nicht nachteilig, dass sich der Prozess verzögert. „Die Fragen, die in den vier Foren besprochen werden, seien so umfassend und wichtig, dass es sehr fundierter Gespräche bedarf, um zu tragfähigen Entscheidungen kommen zu können.“

      Was schon jetzt möglich wäre

      Inzwischen existiert immerhin bereits ein Arbeitspapier in Bezug auf die Frage, was in Sachen Mitverantwortung von Frauen in Liturgie, Verkündigung und Kirchenleitung kirchenrechtlich schon möglich wäre. In der Schweiz, eruierten die Mitglieder der Arbeitsgruppe, werden die kirchenrechtlichen Spielräume bereits weit stärker genutzt als in Deutschland. Im September wurde das Arbeitspapier in allen Regionalkonferenzen besprochen. „Und zwar mit großer Zustimmung“, informiert Schwester Katharina. Entschieden wurde allerdings auch hier noch nichts.

      Frauen ordneten sich lange Zeit sehr stark den Wünschen der Männer unter, weil sie in sich ein Bild von Frausein trugen, das von jenen Männern propagiert wurde. Mit stereotypen Frauenbildern befasst sich die Arbeitsgruppe „Geschlechteranthropologie“ im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“, der Schwester Katharina angehört. „Hier fragen wir zum Beispiel nach sozialen Geschlechterrollen“, erläutert die Ordensfrau. Geschlechterrollen, so eine Erkenntnis der Moderne, basieren entscheidend auf kulturellen Übereinkünften: „Sie sind also keineswegs allein durch die Biologie vorgegeben.“

      Inwieweit ist „das Weibliche“ eine Chimäre aus lauter ­Männerphantasien? In feministischen Kreisen wird diese Frage seit Jahren kritisch diskutiert. „Das katholische Lehramt spricht immer wieder von einem ‚Wesen der Frau‘ und überhaupt davon, dass das biologische Geschlecht letztlich mit einem ‚Wesen‘ und spezifischen sozialen Eigenschaften einhergeht“, sagt dazu Schwester Katharina. Auch werde von einem „Wesen der Mütterlichkeit“ gesprochen. Doch das ist für sie ein Hirngespinst, das von der Realität permanent widerlegt wird: „Nur weil eine Frau biologisch in der Lage ist, ein Kind zu gebären, heißt es noch lange nicht, dass diese Frau auch eine gute Mutter ist.“

      „Wir können führen“

      Weil Frauen „Wesen“ seien, die für andere gern und „bestimmungsgemäß“ Sorge tragen, kamen ihnen bisher ganz spezielle Aufgaben in der Kirche zu. Frauen ­schmücken das Gotteshaus. Sie putzen die Kirche. Sie bieten Seniorennachmittage an. Frauen erteilen Kommunionunterricht. Die Fähigkeit, gut leiten und führen zu können, wird ihnen teilweise bis heute abgesprochen. Wobei sich die Theorie von der „naturgegebenen“ Führungsinkompetenz von Frauen im weltlichen Bereich längst als falsch erwiesen hat. „Frauen können durchaus Konzerne führen und Vorstände stellen“, betont Schwester Katharina.

      Auch privat leben immer weniger Menschen nach der Devise: Männer sichern das Einkommen, Frauen das Auskommen. Für Schwester Katharina muss deshalb dringend darüber gesprochen werden, ob auch hinter dem Frauenbild der Kirche schlicht eine menschengemachte Theorie steckt. Selbst die Geschlechterdualität gilt es nach Ansicht der Christin, zu hinterfragen. Unter Verweis auf Genesis gehe die Kirche davon aus, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Auch diese Annahme stehe im Widerspruch zu neueren Geschlechterstudien, denen zufolge die Theorie von der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen nicht länger aufrechterhalten werden könne.

      In der dritten Arbeitsgruppe des Forums geht es um die Frage, inwieweit der Status quo in Sachen Frauenordination geändert werden kann: Könnten Frauen nicht doch zu Priesterinnen, Diakoninnen und Bischöfinnen geweiht werden? Dem steht die Aussage gegenüber, dass nur ein Mensch, der biologisch Jesus ähnlich ist, Jesus auch sakramental repräsentieren könne. „Doch auch dies wäre theologisch noch mal durchzudenken“, fordert Schwester Katharina. Es frage sich, ob das biologische Geschlecht wirklich so entscheidend sei. Im Übrigen habe es in der alten Kirche durchaus Diakoninnen gegeben.

      Hassbriefe an den Frauenbund

      Wer erzkatholisch ist, findet die Fragen, die im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ aufgeworfen und diskutiert werden, schlicht empörend. Frauen, die sich für diese Themen einsetzen, werden zum Teil massiv angefeindet. Unlängst erst erhielten Frauen vom Katholischen Deutschen Frauenbund in der Diözese Hassbriefe, weil sie sich öffentlich für Frauen in Weiheämtern einsetzten und Kirchenmännern vorwarfen, an der Macht zu kleben. Schwester Katharina wundert dies nicht. Auch sie wurde schon mit höchst unflätigen Briefen behelligt: „Darin hieß es zum Beispiel, dass ich ja wohl keine richtige Nonne sei.“

      Selbst einige Junge wollen, dass die Arbeit der Frauen weiterhin so streng reglementiert wird, wie dies bisher in der Kirche der Fall war. Dies erfuhr Schwester Katharina kürzlich bei einem Online-Hearing des BDKJ. Virtuell diskutierte sie in einer Kleingruppe mit fünf jungen Leuten, die sich direkt frauenverachtend verhalten hätten: „Mir wurde gesagt, was mir denn einfalle, dass ich mich nicht zufrieden gebe mit dem, was ich bin.“ Diese jungen Leute hätten so getan, als wüssten sie am besten, was für Frauen in der Kirche richtig ist: „Plurale Meinungen werden nicht geduldet, im Gegenteil, es besteht in diesen Kreisen die Tendenz, andere Meinungen abzuwerten.“

      Weil sie sich entschieden hat, in die Fußstapfen von Antonia Werr zu treten, wurde Schwester Katharina 1995 Mitglied der Oberzeller Franziskanerinnen. Das Generalkapitel der Schwestern beschloss im Juni 2019, dass der Auftrag der Frauengemeinschaft nicht nur rein pastoral zu verstehen ist. „Wir wollen uns auch zu Themen, die Frauen in der Kirche betreffen, positionieren“, berichtet die Generaloberin. Seit diesem Kapitel habe sie das Mandat, die Anliegen der Schwestern nach innen und nach außen zu vertreten. „Meine Gemeinschaft steht hinter mir“, sagt die Ordensfrau. Nicht zuletzt das gibt ihr den Mut für ihren Einsatz – trotz aller Angriffe.

      Das Thema „Vielfalt” boomt

      Nur in solchen Gremien, die einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung abbildeten, könne so gearbeitet werden, dass wirklich gute Ergebnisse herauskämen, resümiert Schwester Katharina. In Politik und Wirtschaft habe man das längst erkannt. Schwester Katharina hat große Hoffnung, dass auch die Kirche durch den Synodalen Weg endlich vielfältiger wird – auch wenn es ihr manchmal scheine, dass es nur in Milimeterschritten vorwärtsgehe. „Doch die Mehrheit der Bischöfe sieht inzwischen ein, dass es Veränderungen geben muss.“    

      Pat Christ