Evangelium
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht. Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.
Matthäus 17,1–9
„Du sahst irgendwie verklärt aus", so sagte ein Teilnehmer einer Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela nach einem abendlichen Gottesdienst zu mir. Die Gruppe war in einem Konferenzraum im Hotel versammelt, der Regen plätscherte auf das Dach, und wir hatten einen recht anstrengenden Tag hinter uns. Die Stimmung war gelöst, die einzelnen Pilger hatten sich angefreundet – und ich habe mindestens 20 Minuten frei formulierte Gedanken zum Pilgerweg vorgetragen – offensichtlich in einer Art und Weise, die etwas mit einem „verklärten Aussehen“ zu tun hat.
Haben Sie selbst so einen Augenblick erlebt? Diese sprichwörtlichen „Tabor-Stunden“ sind sehr selten, wobei völlig unklar ist, auf welchem Berg oder an welchem Ort das im Evangelium geschilderte Ereignis stattgefunden hat. Auch die näheren Umstände der „Verklärung Jesu“ sind nur angedeutet – sie haben aber ein Ziel: die Bestätigung, dass Jesus der von Gott gesandte Messias und der Sohn Gottes ist.Diese Aussage, die auch durch die weiteren Evangelien der folgenden Fastensonntage verstärkt wird, erfolgt in einer dreifachen Steigerung: zunächst die äußere Verwandlung Jesu, dessen Gesicht „wie die Sonne leuchtete“, dann das Erscheinen von Mose und Elija, also die Bestätigung durch „Gesetz und Prophet“, und schließlich die Stimme aus der Wolke, die Jesus als „den geliebten Sohn“ anspricht. Die anwesenden Jünger ahnten etwas von der göttlichen Sendung Jesu und der verheißenen Herrlichkeit.
Nochmals die Frage: Können wir selbst ein solches Erlebnis erfahren? Jeder Mensch sehnt sich nach Zeiten des Glücks, nach Stunden mit positiven Erfahrungen, die dann in der Erinnerung „verklärt“ werden, so wie vor allem ältere Menschen von ihren Kindheits- und Jugenderlebnissen berichten. Solche Begegnungen durch Erleben, wie ich diese Zeiten nennen möchte, erlauben es uns, Jesus und seine Frohe Botschaft besser zu verstehen und manches in unserem Leben danach auszurichten. Solche Erlebnisse können eine positive Grundeinstellung, sozusagen ein „religiöses Urvertrauen“, wie es sonst nur kleinen Kindern zu eigen ist, erzeugen und fördern – besonders in unserer Zeit, in der nur noch negative Aussagen in den verschiedenen Medien verbreitet werden.
Deshalb bleibt es die Aufgabe jedes Christen, etwas von dieser positiven Grundeinstellung weiterzugeben, das Evangelium als Frohe Botschaft zu verstehen und die Leuchtkraft dieser Aussagen erlebbar zu machen. Konkreter ausgedrückt: Gemeinschaftserlebnisse gibt es nicht nur auf Pilgerfahrten, sondern genauso beim Treffen eines Familienkreises oder im Gespräch mit Arbeitskollegen oder – wie ich es selbst kürzlich erlebt habe – bei einem Seminar für Verantwortliche der KAB und ihrer Familien in Bad Königshofen: Erlebnisse mit einem „verklärenden Charakter“.
Die Präfation des Zweiten Fastensonntags fasst die Botschaft des Evangeliums zusammen: „In sei-ner Verklärung erkennen wir, was Gesetz und Propheten bezeugen: dass wir durch das Leiden mit Christus zur Auferstehung gelangen.“
Der Autor ist Ständiger Diakon in der Pfarreiengemeinschaft Schonungen und KAB-Diözesanvorsitzender. Hauptberuflich ist er Richter am Amtsgericht Schweinfurt.