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      Im Interview gibt Michael Marx, Beauftragter für Hospiz- und Trauerpastoral, Tipps zum Umgang mit Tod und Trauer

      Erinnerungen nicht totschweigen

      Tod und Trauer gehören zum Leben dazu. Vor allem an Allerheiligen kreisen die Gedanken um liebe, bereits gestorbene Menschen. Im Interview mit dem Sonntagsblatt spricht der Diözesanbeauftragte für Hospiz- und Trauerpastoral Michael Marx über den Umgang mit Tod und Trauer. Er sagt: Beim Trauern gibt es kein richtig und kein falsch.

      Sterben und Tod werden in unserer Gesellschaft vielfach aus dem Alltagsleben ausgesperrt. Was setzen Sie der Tabuisierung entgegen?

      Wir müssen uns wieder bewusst werden, dass Sterben ein Teil des Lebens ist und einfach dazugehört. Insofern sind Angebote, die Platz für Tod und Trauer schaffen, genau richtig. Ich denke da vor allem an die Malteser und an die Hospizvereine, die ja deshalb entstanden sind, weil das Sterben aus dem familiären Kontext herausgenommen und in die Kliniken verlagert wurde. Dahinter steht der Gedanke, dass man nicht dem Leben mehr Tage gibt, sondern den Tagen mehr Leben. Auch die Palliativ-Stationen in den Krankenhäusern und die Trauerangebote der Diözese sind wichtige Bausteine für einen guten Umgang mit der Trauer.

      Auf Todesnachrichten im eigenen Umfeld reagieren viele Menschen hilflos. Was ist richtig? Und wo liegt der größte Fehler?

      Die Autorin Marie Luise Wölfing formuliert das in einem Segenswunsch sehr dicht und präzise: Als Trauernde wünscht sie sich Menschen, die nicht ausweichen, die ihr zulächeln, sie besuchen, ihr erlauben vom Verstorbenen zu sprechen und die Erinnerungen nicht totschweigen. Sie wünscht sich Menschen, die zuhören, sie geduldig annehmen, trösten und ihr zusichern, dass Gott sie nicht verlassen hat. In der Begleitung kommt für mich noch ein weiterer Aspekt dazu, nämlich: sich der eigenen Rolle bewusst zu sein. Dazu kann auch gehören, dass man ohne Groll akzeptiert, wenn der oder die Trauernde alleine sein möchte. Der trauernde Mensch entscheidet, was ihm in diesem Moment guttut.   

      Kann man sich auf Tod und Trauer vorbereiten?

      In jeder Lebensbiographie gibt es Erfahrungen des Verlusts. Das kann die Trauer um den verstorbenen Hasen sein oder eine Trennung in der Partnerschaft. Diese Verlusterfahrung und die damit verbundene Trauer als Teil des Lebens wahrzunehmen, ist eine gute Vorbereitung für existenzielle Erfahrungen. Auch der Herbst mit seinen Gedenktagen bietet eine gute Möglichkeit, sich immer wieder mit der Vergänglichkeit auch des eigenen Lebens auseinanderzusetzen.  

      Wie erklärt man einem fünfjährigen Kind, dass die geliebte Oma sterbenskrank ist und der Abschied bevorsteht?

      Kinder in solchen Situationen per se außen vor zu lassen, halte ich für falsch. Stattdessen sollte man kindgerecht und ehrlich auftauchende Fragen beantworten. Gut ist es auch, dem Kind eine Möglichkeit der Anteilnahme zu geben. Mit einem gemalten Bild für Omas Grab können Kinder ihre eigene Trauer ausdrücken und sind aktiv eingebunden. Als Christen sind wir geprägt von der Hoffnung auf ein Wiedersehen. Und dieses Hoffnungsbild können wir auch Kindern mitgeben.

      Bei manchen Kindern löst das vielleicht existentielle Ängste – etwa um die eigenen Eltern – aus …

      Deshalb sollten Eltern auch nach der Beerdigung im Gespräch bleiben und das Thema nicht ausblenden. Sicher: Wir alle müssen sterben. Aber indem Eltern klarmachen, dass es im Augenblick keinen Anlass für Bedenken gibt, kann man dem Kind ein Stück Sicherheit geben.

      Familien, die ein Kind bereits vor der Geburt verlieren, stehen häufig besonders unter Schock. Was hilft in solchen Fällen?

      Viele Kliniken bieten heute Sternenkinder-Bestattungen an. Damit gibt man dem Menschen – auch wenn er noch so klein ist – nicht nur einen würdigen Bestattungsort, sondern schafft einen Ort der Trauer für die Hinterbliebenen. Wenn das aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, kann ein vergleichbarer Gedenkort beispielsweise auch zu Hause geschaffen werden.  

      Wie trauert man richtig? Und wie lange ist Trauern erlaubt?

      Es gibt kein richtig oder falsch. Trauer ist völlig individuell, und es gibt auch keine Regel im Hinblick auf Dauer oder Intensität. Die durchlebten Emotionen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich und können sich immer wieder verändern. Nicht umsonst spricht man von den „Gezeiten der Trauer“: An geprägten Tagen wie Weihnachten, Hochzeitstag oder Geburtstag sind die Wellen höher, an anderen Tagen ist es leichter. Auch Klassifizierungen oder der Gedanke an Fortschritt sind fehl am Platze. Trauer ist ein natürlicher Prozess für die Verarbeitung eines schmerzhaften Verlustes. Und jeder Einzelne hat das Recht, diesen Prozess zu durchleben.

      Wie können Menschen ihrer Trauer Raum geben? Welche Empfehlungen geben die ehrenamtlichen Trauerbegleiter, die jetzt im Bistum ausgebildet wurden?

      Passende Rezepte für jede Situation gibt es nicht. Eine Richtschnur ist das Verhalten Jesu bei der Begegnung mit dem blinden Bartimäus: Jesus handelt nicht sofort, sondern er fragt zunächst: „Was willst du, dass ich dir tue?“ Für die Begleitung Trauernder bedeutet das: Das Gegenüber im Blick haben und gemeinsam auf die Suche gehen. Als Begleiter kann man Impulse setzen, muss dem Trauernden aber die Freiheit lassen, nur das anzunehmen, was ihm guttut. Die Angebotspalette reicht hier vom Trauerwandern über spezielle Gottesdienste in den Gemeinden bis hin zu Trauercafé und offenen Trauergruppen.

      Bietet der Glaube an die Auferstehung noch eine Perspektive?

      Ich spüre immer wieder, dass Menschen gerade in Zeiten der Krise offen sind für Transzendenz. Das bedeutet nicht, dass jeder Trauernde sofort zum Kirchgänger wird. Offenbar hilft es aber vielen, wenn sie in einem Gebet eine Hoffnung aussprechen oder mit einem Ritual das ausdrücken können, was sich nicht in Worte fassen lässt. Wichtig ist hier – und das gilt auch für die Gestaltung der Beerdigung –, dass die Dinge stimmig und authentisch sind.

      Interview: Anja Legge

      Kontakt und Infoportal: Diözesanstelle Hospiz- und Trauerpastoral, Telefon: 0931/38665-411, E-Mail: hospiz-trauerpastoral@bistum-wuerzburg.de, Internet: hospiz-trauerpa­storal.bistum-wuerzburg.de. Das Portal kindertrauer.bistum-wuerzburg.de in Kooperation mit der Ehe- und Familienseelsorge bietet Materialien und Tipps für die Trauerbegleitung von Kindern und Familien.