Als sie erblindete, glaubte sie der Musik den Rücken kehren zu müssen. Sowohl das Autofahren, als auch ihren Beruf als Bankangestellte hatte sie bereits aufgegeben. Ein Therapeut im Würzburger Blindeninstitut machte ihr dennoch Mut. Er selbst war blind und ebenfalls Musiker. So konnte er ihr mit Rat zur Seite stehen. Natürlich brauche sie heute länger, um Stücke einzuüben, sagt sie. Ihre musikalische Erfahrung sei für sie aber eine verlässliche Stütze, da sie genau wisse, wo sich an der Orgel was befindet und welche Taste welchen Ton erzeugt. Auch ihre Mitmenschen helfen ihr gerne. Vor allem ihr Mann Bruno begleitet sie zu den Gottesdiensten. Neben ihr an der Orgel, sagt er ihr die Einsätze an, zusätzlich bedient er für sie den Liedanzeiger, und begleitet sie nach der Feier wieder von der Empore hinunter ins Kirchenschiff.
Immer vorbereitet
Ich hätte bitte gerne die neuen Stücke genannt“, sagt sie bei jedem Telefonat mit Pfarrer Armin Haas, wenn sie ihn nach neuen Stücken befragt. Selbst die Initiative ergreifen sei ihr sehr wichtig, um immer gut vorbereitet zu sein. Darüber hinaus gebe es auch immer neue Möglichkeiten für Blinde, sich täglich zurechtzu- finden, meint die Organistin. Zum Arbeiten am PC gebe es zum Glück die Tastatur in Blindenschrift. Musik und neue Stücke könne sie sich über das Internet anhören. Auch einen neuen Beruf hat sie neben ihren Ehrenamt als Kirchenmusikerin ergriffen. Seit einigen Jahren arbeitet sie als Telefonistin im Landratsamt Bad Kissingen.
Nachwuchssorgen
Ein baldiges Ende ihrer langjährigen Tätigkeit als Organistin kann sich Sieglinde Leitsch nicht vorstellen. Zu sehr hänge sie an der Kirchenmusik. Außerdem gebe es aktuell Nachwuchsschwierigkeiten. Dies bestätigt auch Pfarrer Armin Haas. Ihm falle auf, dass gerade junge Leute sich immer schwerer täten, sich für die Kirchenmusik motivieren zu lassen. Doch „nur jammern“ helfe auch nicht weiter. Man müsse immer wieder die Werbetrommel rühren, etwa durch Schnuppertage am Instrument, so Pfarrer Haas.
Dienst mit Freude
Trotz Nachwuchssorgen versehen die Kirchenmusiker in Schondra ihren Dienst mit Freude. Am Sonntag, dem 24. November, am Fest der Heiligen Caecilia, der Schutzpatronin der Kirchenmusik – soll Sieglinde Leitsch für 50 Jahre Kirchenmusik geehrt werden. Auch ihre Kollegin Maria Reith, die aus einer Schondraer Musikerfamilie stammt, wird an diesem Tag für ihr 40-jähriges Engagement ausgezeichnet. Für Sieglinde Leitsch ist es etwas Besonderes, für ihren langen und nicht immer einfachen Weg als Kirchenmusikerin, geehrt zu werden. Sie spricht daher im Besonderen den Kirchgängern und ihren Nachbarn ihren herzlichen Dank aus – „für all die Jahre der Unterstützung”.
Raphael Schlimbach