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Er passt in kein gängiges Schema
Die große Überraschung war es nicht mehr, als am 2. Juli bekanntgegeben wurde, dass der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller zum Präfekten der Glaubenskongregation ernannt worden ist (siehe Sonntagsblatt vom 8. Juli 2012). Schon seit einiger Zeit hatte es Spekulationen über einen Wechsel Müllers in die römische Kurie gegeben. Überraschender als die Ernennung selbst waren die Reaktionen darauf. Angesichts des eher negativen Bildes, das sich der Regensburger Bischof seit seinem Amtsantritt in Medien und Öffentlichkeit erworben hatte, sind diese Reaktionen nämlich erstaunlich positiv ausgefallen. Selbst die Bewegung „Wir sind Kirche“ würdigte seine „profunde Kenntnis der Dogmatik“. Durch die Bank wurden dem Theologen Gerhard Ludwig Müller gute Zeugnisse ausgestellt und seine fachliche Eignung für das neue Amt bestätigt. Der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken, Albert Schmid, sprach gar von einer „Idealbesetzung“. Ganz anders die Priesterbruderschaft St. Pius X. in Deutschland: In einer mit „Pater Matthias Gaudron, Dogmatiker der Piusbruderschaft“ gezeichneten Erklärung vom 4. Juli 2012 wird Müllers Eignung für die Leitung der Glaubenskongregation in Frage gestellt, weil er „in seinen Schriften und öffentlichen Reden mehrfach gegen die katholische Lehre verstoßen hat“. Bei den angeführten Belegen für die Verstöße geht es um das Eucharistieverständnis, die Jungfräulichkeit Mariens oder die Ökumene. Das ist schon ein starkes Stück, immerhin fallen die „Versöhnungsgespräche“ mit den Piusbrüdern jetzt in Müllers Amtsbereich: Er ist auch Präsident der für die Gespräche zuständigen Kommission „Ecclesia Dei“. Allerdings hat diese Kommission wenige Tage vor Müllers Berufung einen Vizepräsidenten erhalten; da hat der Papst wohl noch schnell einen Puffer eingebaut. Denn in Sachen Piusbrüder war Müller bislang kompromisslos – wie anderweitig ja auch; konsequent ist er aber auch in Sachen Engagement für die Armen und Befreiungstheologie. Er passt in kein gängiges Schema. Wie wird er in sein neues Amt passen?