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Entwurf für eine neue Weltordnung

VATIKANSTADT. Angesichts der globalen Wirtschaftskrise schlägt Papst Benedikt XVI. die Gründung einer weltweiten Steuerungsinstanz vor. Eine solche politische Weltautorität sei notwendig, um die Weltwirtschaft zu lenken, die von der Krise betroffenen Volkswirtschaften zu sanieren und einer Verschlimmerung der Krise vorzubeugen. Diesen Vorschlag macht der Papst in ­seiner ersten Sozialenzyklika, die den Titel „Caritas in veritate“ – Die Liebe in der Wahrheit – trägt.
Papst Benedikt XVI. führt aus, eine solche „übergeordnete Stufe internationaler Ordnung“ solle dem wachsenden weltweiten Ungleichgewicht gegensteuern, Abrüstung voranbringen, Sicherheit und Frieden fördern, Umweltschutz gewährleisten und Migrationsströme regulieren. So könne eine moralische Sozialordnung, wie sie schon in den  Statuten der Vereinten Nationen gefordert werde, endlich verwirklicht werden.  Im Mittelpunkt des Fortschritts müssten stets der Mensch und seine ganzheitliche Entwicklung stehen, bekräftigt Benedikt XVI. in dem  seit langem erwarteten Grundsatzpapier. Die menschliche Person sei „das erste zu schützende und zu nutzende Kapital“, heißt es in dem Schreiben.  Ausdrücklich warnt Benedikt XVI. vor Fatalismus oder einem blinden  Widerstand gegen die Globalisierung. Die weltweite Vernetzung sei in sich weder gut noch schlecht, sondern werde zu dem, was die Menschen daraus machen. Ausschließliches Profitstreben, das nicht auf das  Allgemeinwohl ausgerichtet sei, laufe Gefahr, Vermögen zu zerstören und Armut zu schaffen. 

Mission der Wahrheit 

Die Kirche habe zu Globalisierung und Wirtschaftskrise keine technischen Lösungen anzubieten, stellt der Papst klar. Aber sie habe eine „Mission der Wahrheit zu erfüllen“ und setze sich zum Wohl der Menschen für Gerechtigkeit, Solidarität und Subsidiarität ein. Ohne Gott drohe der Fortschritt unmenschlich zu werden. 

Die Wirtschafts- und Finanzkrise lässt nach Einschätzung von Benedikt XVI. schwerwiegende Verzerrungen und Missstände erkennen.  Diese erforderten Veränderungen und strukturelle Erneuerung. Eine  weltweite Ausbreitung von Wohlstand dürfe nicht durch Projekte gebremst werden, die von Einzelinte­ressen geleitet sind. 

Ernüchternd fällt die Analyse des Papstes über die Veränderungen der  vergangenen Jahrzehnte aus. „Absolut gesehen nimmt der weltweite  Reichtum zu, doch die Ungleichheiten vergrößern sich. In den reichen  Ländern verarmen neue Gesellschaftsklassen, und es entstehen neue Formen der Armut.“ In ärmeren Regionen wachse der Kontrast zwischen konsumorientierter Über­entwicklung einzelner Gruppen und dem Skandal ungeheuren Elends. Gleichzeitig werde das soziale Netz immer schwächer. Auch internationale Hilfen würden nicht selten verantwortungslos zweckentfremdet.  Geändert hat sich nach Überzeugung des Papstes auch das Unternehmerbild. Es gebe eine neue Klasse von Managern, die sich oft nur nach den Anweisungen der Haupt­aktionäre richte. Als skandalös beklagt Benedikt XVI. Spekulationen, Wucher, Dumpinglöhne und eine  rein profitorientierte Auslagerung von Arbeit in andere Regionen –  zum Schaden der Menschen vor Ort. Doch nicht nur Unternehmer hätten  eine soziale Verantwortung, betont der Papst, sondern auch die Konsumenten. Das gelte für Kaufentscheidungen wie für die Vermarktung von Dritte-Welt-Produkten. Hier sieht Benedikt XVI. auch eine neue Rolle für die Gewerkschaftsbewegungen.  Zur Entwicklung gehört für Papst Benedikt XVI. auch der Schutz der Umwelt und des Klimas. Der Mensch müsse die Schöpfung verantwortungsvoll steuern, schützen, nutzen und kultivieren, um der Bevölkerung Nahrung und angemessenes Wohnen zu ermöglichen. Es gehe nicht um eine Vergötterung der Natur; sie sei keinesfalls wichtiger als der Mensch. Jedoch müsse die heutige Gesellschaft ernsthaft ihren  Lebensstil überdenken.  

Grenzen der Technik

Entwicklung werde wesentlich vom technischen Fortschritt mitbestimmt, erinnert der Papst. Zugleich warnt er vor einer überzogenen Technikgläubigkeit. In der Globalisierung scheine die Technik die bisherige Rolle und Macht der Ideologien zu übernehmen. Sie dürfe freilich nur moralisch verantwortlich genutzt werden. Das gelte besonders für den Bereich Bioethik, „wo auf radikale Weise die Möglichkeit ei­ner ganzheitlichen menschlichen Ent­­wicklung selbst auf dem Spiel“ stehe. Bei künstlicher Befruchtung, Embryonenforschung oder Klonen des Menschen stoße der Absolutheitsanspruch der Technik an Grenzen.  Mit Nachdruck warnt der Papst davor, die „Kultur des Todes“ zu bagatellisieren. Zur „verbreiteten tragischen Plage der Abtreibung“ drohe Euthanasie und eine „systematische eugenische Geburtenplanung“ hinzuzukommen. Viele Menschen entrüsteten sich heute über Nebensächlichkeiten, seien aber bereit, „unerhörte Ungerechtigkeiten zu tolerieren“. Während die Armen der Welt „an die Türen der Üppigkeit klopfen“, laufe die reiche Welt Gefahr, in einer Unfähigkeit, das Menschliche zu erkennen, das Klopfen nicht mehr zu hören.