Für sie ist das ganze Jahr über Fastenzeit und nicht nur zu bestimmten, meist von religiösen Traditionen geprägten Zeiten. Diejenigen, die sich ihr Fasten etwas kosten lassen, fasten in der Regel weniger aus religiösen denn aus gesundheitlichen Motiven. Wobei das eine das andere nicht ausschließen muss. Die Übergänge können fließend sein, insbesondere wenn der Mensch als leib-seelische Einheit in den Blick genommen wird. In dieser Hinsicht steckt in religiösen Fastentraditionen viel Lebensweisheit und damit auch „Wellness-Potenzial“.
Solches Fasten aber beschränkt sich nicht darauf, weniger Nahrung zu sich zu nehmen oder auf bestimmte Nahrungs- und Genussmittel zu verzichten. Der Verzicht – auf was auch immer – soll vielmehr helfen, Gewohnheiten aufzubrechen, Ballast abzuwerfen, selbstverständlich Gewordenes in Frage zu stellen oder neu schätzen zu lernen, sich auf Wesentliches, auf Gott zu konzentrieren – und dadurch vielleicht die Welt ein klein wenig besser zu machen.
So ist religiöses Fasten meist verknüpft mit Almosen und guten Werken. Wäre unter diesem Aspekt dann jetzt nicht Energiefasten angesagt? Es verwundert schon etwas, dass so viel über Energiepreise, Energieversorgung, Energieboykott geredet wird, aber kaum über Energiesparen. Einfachstes und schnellstes Mittel, hier Abhängigkeiten zu verringern, ist weniger Verbrauch. Da gibt es wohl noch unausgeschöpftes Potenzial; auch bei jedem persönlich. Also: Energiefasten – möglichst auf Dauer; aus Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und auch mit denen, die nach uns kommen.
Wolfgang Bullin