WÜRZBURG. Wie feiert man den Geburtstag einer Orgel? Sie freut sich nicht über Gratulationen und Geschenke und auch mit dem Anstoßen zur Feier des Tages wird es schwierig. Aber gar nicht zu feiern, das erschien Domorganist Stefan Schmidt auch nicht angemessen – und deswegen findet am 1. Februar, dem Tag vor dem 40. Geburtstag der Orgel, ein Konzert auf ihr und zu ihren Ehren statt, das Schmidt selbst und der frühere Domorganist Paul Damjakob jeweils zur Hälfte bestreiten werden.
Am 2. Februar 1969 wurde die von der Bonner Firma Klais gefertigte Orgel von Bischof Josef Stangl geweiht – der feierliche Schlussstrich unter den Wiederaufbau des Doms. Doch vor der Weihe waren lange Jahre der Planungen und Überlegungen ins Land gegangen. Nachdem eine 1937 fertiggestellte Klais-Orgel am 16. März 1945 zerstört worden war, hatte man bereits 1953 damit begonnen, sich über eine neue Lösung Gedanken zu machen. Als Paul Damjakob 1962 zum Domorganisten berufen wurde, stand schon beinahe fest, dass man das neue Instrument am südöstlichen Vierungspfeiler platzieren würde. „Zum Glück ist es mir damals gelungen, im Domkapitel ein Umdenken herbeizuführen.“, erinnert sich Damjakob. So hängte man seinerzeit eine Phantom-Konstruktion an den vorgesehenen Ort, die das Domkapitel dann besichtigte, aber wenig Anklang fand. Denn „daraufhin wurde beschlossen, dass man die Orgel symmetrisch an der Westwand anbringet.“
Die große Domuhr
Was auch nicht ganz ohne Probleme möglich war, denn an dieser Wand hing bereits die große Domuhr von Julius Echter aus dem Jahr 1574, die von einer barocken Gruppe mit der Darstellung der Zeit und der Ewigkeit von 1701 eingerahmt wurde. So musste das Hauptwerk der neuen Orgel also darüber angebracht werden, während man sich für das Schwellwerk eine ganz besondere Lösung einfallen ließ: Das Ziffernblatt der Uhr ist durchlässig, und das Schwellwerk hängt dahinter. „Das macht unsere Domorgel schon zu etwas Besonderem.“, meint Domorganist Schmidt. „Jeder, der sie einmal gesehen hat, erkennt die ‚Orgel mit der Uhr‘ immer wieder.“
Aber das ist nicht die einzige Besonderheit dieses Instrumentes mit seinen 86 Registern, fünf Manualen, und insgesamt 6620 Pfeifen, darunter die optisch wie akustisch ebenfalls sehr markanten Spanischen Trompeten, die waagrecht in den Kirchenraum hineinragen. „Unsere Orgel ist ein Kind ihrer Zeit“, erklärt Schmidt, „eine klassische Version einer europäischen Universalorgel. Da sind Zutaten aus allerlei Regionen und Epochen dabei, ganz skurrile Sachen,“ – vom norddeutschen Barock über die französische Romantik und Moderne, bis hin zu zahlreichen Oberstimmen und Aliqoten, oft gänzlich ungewöhnlichen Klangfarben, die sonst kaum an einer Orgel zu finden sind. Leider auch etwas zu wenige Grundstimmen, das heißt die Art von Prinzipal-Pfeifen, die den Orgelklang am intensivsten durch’s Kirchenschiff tragen. Diese ungewöhnliche Disposition (Auswahl der Register) führt dazu, dass die Orgel beispielsweise bei vollbesetztem Dom in den Seitenschiffen kaum noch zu vernehmen ist. „Aber für mich ist sie schon so eine Art Denkmalorgel, ein wichtiges klangliches Dokument ihrer Zeit – und deshalb wollte ich sie auch gar nicht verändern.“, meint Schmidt dazu, der sich trotz der fehlenden Grundstimmen immer wieder an den „vielen originellen, interessanten Farben“ erfreut. Gerade in den 70er und 80er Jahren sei die Orgel ob dieser vielen Klangfarben recht bekannt gewesen – und auch heute noch begeistern sich gerade französische Organisten für diese Charakteristik des Instruments.
Generalüberholung erwünscht
Freilich, so der Domorganist, stünde in absehbarer Zeit einmal eine Generalüberholung an. „Mit 40 ist das Instrument doch schon in die Jahre gekommen, ist sehr schmutzig, und hat auch einige technische Macken, die repariert werden müssten.“ So ist beispielsweise die Traktur (die Mechanik, die dafür sorgt, dass eine Pfeife geöffnet wird, wenn eine Taste gedrückt wird) inzwischen so langsam, dass schnelle Wiederholungen eines Tons nicht mehr möglich sind. „Wahrscheinlich wundern sich die Leute immer, warum ich so langsame Triller spiele“, schmunzelt Schmidt. Und dann ist da natürlich das Problem mit der Stimmung: Dadurch, dass die Pfeifen des Schwellwerks im Turm, außerhalb des Kirchenschiffs angebracht sind, und die Orgel aus dieser Turmkammer auch die Luft (den Wind) bezieht, der die Pfeifen zum Klingen bringt, ist sie „nicht vernünftig zu stimmen. „Denn in der Turmkammer herrscht Außentemperatur“, betont Schmidt. Hier müsste alles abgedichtet und isoliert werden. Er freue sich also, wenn sein Instrument einmal restauriert würde, meint der Domorganist. Aber verändern würde er auch dann nichts, denn, wie er – beinahe liebevoll – befindet: „Es ist einfach eine originelle Maschine.“ Das Konzert findet am Sonntag, den 1. Februar um 16 Uhr statt. Stefan Schmidt wird Werke von Olivier Messiaen („L’Apparition de l’Eglise éternelle“ unter anderem) und Maurice Duruflé (Suite op.5) spielen; das Programm von Paul Damjakob steht noch nicht fest. Karten zu 10 Euro (ermäßigt 8 Euro) an der Konzertkasse.