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    Begegnung mit dem Künstler Thomas Virnich im Museum am Dom

    Einer, der sich Welten baut

    Begegnung mit dem Künstler Thomas Virnich im Museum am Dom
    Würzburg. Der Mann neben dem Globus sucht nach Worten. Thomas Virnich ist mitten in
    einem Sprachschöpfungsprozess. Vor einem Jahr lag er im Koma, nach einer Blutvergiftung, erklärt der schmale, dunkelhaarige Mann den Gästen bei der jüngsten Künstlerbegegnung im Museum am Dom. Aphasie war die Folge der Erkrankung, er musste neu sprechen lernen und lernt noch immer. Nach seinem aktuellen Projekt befragt, antwortet Virnich mit einem Lächeln: „Ich lerne Sprache“.
     
    Der 45-jährige Künstler aus Mönchengladbach teilt sich den Zuhörern nicht nur über das gesprochene Wort mit. Er beginnt spielerisch, den Globus, der fast seine eigene Körperhöhe hat, aufzuschnüren, legt die Teile um den Sockel. Es ist sein ganz persönlicher Globus, denn die Kugel ist mit einem Durchmesser von 150 Zentimetern so dimensioniert, dass er sie gerade noch alleine bearbeiten kann. Es reizte ihn, wie er sagt, die seinem Körper angemessene Höhe und Tiefe des Objektes zu erfinden.
    Was von außen wie ein Erden-Puzzle aussieht, zeigt beim Auseinandernehmen eine organisch anmutende Struktur, die nach dem Zufallsprinzip entstanden sein könnte. Aus Holz, Pappe und Papier ist die Weltkugel des Thomas Virnich gebaut. Die Ursprungsidee bildeten drei ineinander passende, kugelförmige Hohlkörper. Er hat die Kugeln aufgesägt, die Oberflächen mit Holzstäben verbunden. An den Innenseiten sind noch grobe Bearbeitungsspuren der Kettensäge zu sehen. Das Werk drückt die Spannung zwischen Zerbrechlichkeit und einer immensen schöpferischen Antriebskraft aus, zwei Eigenschaften, die auch bei dieser Künstlerbegegnung deutlich zu spüren sind.
    „Ich bin immer wieder daran, Welten zu bauen und Kugeln zu erfinden“, sagt Virnich, während er Teil um Teil des Globus vor den Füßen seiner staunenden Zuhörer niederlegt. Sie erfahren, dass er Geologie studiert hat, von der Plattentektonik der Erde fasziniert ist und dass er nie
    aufhört, an seinen Hohlformen zu arbeiten, es sei denn, sie werden gekauft und verschwinden damit aus seiner Sichtweite.
    Bilder, einzelne Tableaus, das ist nicht seine Sache. Ein Bild ist zu wenig, zu klein, um dem Gestaltungsfluss des Künstlers genügend Weite zu schaffen. Thomas Virnich zieht das „Kunstbuch“ vor. Darin entfaltet sich immer wieder neu und lebendig der Reichtum seiner Vorstellungskraft. Im Museum am Dom sind bislang vier Arbeiten von ihm zu sehen. Handlicher als der große Globus ist der Paradiesapfel gleich daneben. „Ein Eiland mit Palme“, kommentiert der Künstler schmunzelnd. Die Kugel ist aufgerissen und gestattet Einblick. Die Phantasie des Betrachters kommt in Bewegung: Es könnte sich auch um ein außerirdisches Samenkorn handeln, aus dessen geheimnisvollem Innern eine unbekannte Pflanze emporwächst.
    In der Glasvitrine fällt der Blick auf einen quadratischen Tonblock von etwa 25 Zentimeter Kantenlänge. „Kreuzstein“ lautet der Titel der Hohlform, die diesmal keine Kugel ist. Virnich beschreibt in einfachen Worten die Entstehungsgeschichte: „Ein Freund ist gestorben, vor 15 Jahren; dann ist die Überlegung: ein Kreuz. Aber kein Bildnis.“ Kein Bildnis des Gekreuzigten, aber der Abdruck in der Hohlform aus Ton lässt vor dem Auge des Betrachters die Gestalt am Kreuz erscheinen.
    Virnichs viertes Objekt hier im Würzburger Museum ist die „Blaue kubistische Madonna“. Er sagt, dieser Titel sei etwas irreführend; zum Kubismus habe er keine Neigung. Von der Herstellung einer Hohlform-Madonna war dieses Positiv zurückgeblieben, zusammengesetzt aus kleinen, eckigen Holzflächen. Das hat er dann mit blauer Farbe gefasst. Warum gerade das Blau? Auf diese Frage antwortet er nur mit einem Lächeln. Zwar beschreibt Thomas Virnich die Impulse und Abläufe seiner künstlerischen Arbeit sehr genau, mit der Interpretation hingegen entlässt er den Betrachter in dessen eigene kreative Weite.