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Eine prägende Gestalt für mein Leben

In dankbarer Erinnerung bewahre ich vor allem manche Gespräche aus der Zeit in Rom, bei denen ich spüren konnte, dass Weite des Herzens und Treue zur Kirche keine Gegensätze sind, sondern einander durchdringen und bedingen. Vor allem dadurch ist mir (und sicher auch vielen anderen) Bischof Josef zum Vorbild geworden.
Im Rückblick stelle ich dankbar fest, dass Bischof Josef Stangl eine der kirchlichen Gestalten war, die für mich prägend gewesen sind. Streiflichter verdeutlichen dies:
Bischof Josef nahm sich während der Konzilsjahre von 1962 bis 1965 mehrfach Zeit, uns Schülern des Bischöflichen Studienseminars Kilianeum anhand von Lichtbildern, die sein damaliger Sekretär Albert Wagner aufgenommen hatte, sehr anschauliche Berichte vom Geschehen innerhalb und außerhalb der Konzilsaula zu geben und dadurch auch die Inhalte der Beratungen zu vermitteln. Für mich ist dadurch seinerzeit eine sehr wichtige emotionale Nähe zum Zweiten Vatikanum entstanden, die es mir erleichtert hat, im Religionsunterricht und später im Theologiestudium gedankliche Zugänge zu den einzelnen Konzilsaussagen zu gewinnen.

Berufung setzt freie Entscheidung voraus
Im Blick auf die derzeitige Berufungsinitiative in unserem Bistum erinnere ich mich daran, wie Bischof Stangl uns Schülern der Oberstufe des Kilianeums Gesprächsmöglichkeiten über Fragen der Studien- und Berufungsentscheidung anbot. Bereits damals – Ende der 60er Jahre – war die Zahl der Eintritte von Kilianisten im Priesterseminar spürbar zurückgegangen, obwohl die Schülerzahlen noch relativ hoch waren. Was mich an dem Gespräch mit unserer Abiturklasse (1970) beeindruckt hat, war die Erfahrung, dass Bischof Josef überhaupt keinen „Druck“ in Richtung Priesterberuf aufgebaut, sondern vielmehr mit aller Klarheit betont hat, dass jede christliche Berufung eine freie Entscheidung voraussetzt. Für mich war gerade diese Haltung damals eine wichtige Motivationshilfe für den Eintritt ins Seminar.

Weite des Herzens und Treue zur Kirche
Während meiner römischen Studienzeit hatte ich öfters Gelegenheit, Bischof Josef zu begegnen, wenn er zu Ad-Limina-Besuchen (1973 und 1977) oder bei anderen Gelegenheiten in Rom war. In dankbarer Erinnerung bewahre ich vor allem manche Gespräche aus dieser Zeit, bei denen ich spüren konnte, dass Weite des Herzens und Treue zur Kirche keine Gegensätze sind, sondern einander durchdringen und bedingen. Vor allem dadurch ist mir (und sicher auch vielen anderen) Bischof Josef zum Vorbild geworden.
Unvergesslich bleibt mir unsere Diakonenweihe 1974. Bischof Josef hat seinerzeit mehrmals betont, dass gerade für künftige Priester die Weihe zum Diakon keine bloße Vorstufe darstellt, die überholbar wäre, sondern eine bleibende, lebenslang prägende Qualifikation. „Ein Priester, der bloß bestimmen und nicht mehr dienen will, schadet der Kirche mehr als er ihr hilft“ – dieser Satz von Bischof Josef war mir darum auch eine Art innere Richtschnur, als ich selbst (von 1983 bis 1996) für die Priesterausbildung in unserem Bistum verantwortlich war.

Immer auch die Gläubigen in Thüringen im Blick
Besonders bewegend war es in den Studienjahren für mich, wenn Bischof Stangl, dem ja direkte Kontakte mit dem südthüringischen Bistumsteil durch die DDR-Machthaber verwehrt waren, sich in Rom mit dem damaligen Bischöflichen Kommissar beziehungsweise Generalvikar für Meiningen und Saalfeld, Prälat Karl Ebert, traf und mich manches Mal zu diesen Gesprächen mitnahm. „Damit du lernst, dass unser Bistum über Unterfranken hinausreicht“, war jedesmal seine Begründung. Dazu passt, dass – worauf ich bei der Edition seiner Hirtenbriefe und Ansprachen gestoßen bin – in fast jeder Silvesterpredigt die Bistumsangehörigen im Thüringer Teil eigens Erwähnung finden. Bischof Josef hat meine Verbundenheit mit dem heutigen Bistum Erfurt wesentlich mit grundgelegt.
Bischof Josef hatte Humor, der durchaus mit Ironie gewürzt sein konnte. Ich denke daran, wie er mir einmal erzählte, dass ein Priester, der auf eine kirchliche Ehrung wartete, ihm sagte, er würde schon öfter als Prälat angesprochen und müsse dann allerdings sagen, er wäre gar keiner. Bischof Stangl hat ihm darauf geantwortet: „Und ich werde auch öfter als Pfarrer angesprochen und muss dann sagen, ich bin gar keiner ...“.

Überzeugendes Beispiel – in Größe und Grenzen
Insgesamt kann ich nur dankbar feststellen, wie sehr mir Bischof Josef durch sein überzeugendes Beispiel – in Größe und Grenzen – immer wieder Ermutigung für meinen kirchlichen Einsatz im Dienst als Priester geschenkt hat. Ich weiß, dass viele Menschen genauso empfinden und hoffe deshalb, dass die Gedenkfeiern und die Ausstellung zu seinem 100. Geburtstag beziehungsweise zum 50. Jahrestag seiner Bischofsweihe dazu beitragen, dass auch die nachfolgenden Generationen seine Gestalt in umfassenderen Zusammenhängen sehen lernen, als dies bislang durch manchmal verkürzende Darstellungen möglich war. Dies wäre dringend zu wünschen.