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    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Die heilige Thekla von Kitzingen von der 500 Jahre alten Ochsenfurter Mainbrücke

    Eine lokale Brückenheilige

    Maria in Würzburg, Kunigunde in Bamberg, Thekla in Ochsenfurt: Frauen, die als Brückenheilige Dienst tun, gibt es wahrlich nicht viele. Eine heilige Thekla gibt es vermutlich nur in Ochsenfurt, wo sie auf der 500 Jahre alten Brücke steht, einer der ältesten Steinbrücken, die es in Deutschland gibt.

    Eine moderne Frau in einem alten Amt ist sie, die heilige Thekla auf der rechtsmainischen Seite der Alten Mainbrücke, die Morgensonne wärmend im Rücken. Ihr schräg gegenüber steht die von Willi Grimm (geboren 1927) geschaffene Johannes-Nepomuk-Figur, eine von zweien auf der Alten Mainbrücke. Auch das ist ungewöhnlich. Denn Richtung Stadtmitte hin steht der heilige Nepomuk von Wilhelm Ax (gestorben 1994). Das Augenmerk allerdings liegt auf Thekla, weil sie mit Ochsenfurt direkt verbunden ist, weil es eine weibliche Figur ist und weil sie im Blickkontakt mit den Menschen auf der Brücke steht.

    Ein Glanzpunkt

    Als wäre die Alte Mainbrücke mit ihren hölzernen Anfängen, belegt seit dem 12. Jahrhundert und ihren ursprünglich 13 steinernen Brückenbogen an sich nicht schon etwas Besonderes, setzt Thekla seit 2012 einen zusätzlichen Glanzpunkt. Beauftragt worden war sie zum Abschluss einer grundlegenden Brückensanierung.

    Der Arbeitskreis Geschichte der Stadt Ochsenfurt hatte Thekla vorgeschlagen, nicht nur der Frauenquote wegen, wie gescherzt wird. Thekla gehörte im Gefolge von Bischof Bonifatius zur dritten, erfolgreichen Christianisierungsmission im Frankenland. Ihr wird die Gründung beziehungsweise Führung des Kleinochsenfurter Klosters zugeschrieben. Die Kunde darüber stellt die früheste Erwähnung Ochsenfurts dar, dessen frühe Siedlungsgeschichte weitgehend im Dunkeln liegt.

    Immerhin 500 Jahre steinerne Brücke wollte Ochsenfurt dieses Jahr mit einem Symposium und einer Festwoche feiern. Das Fest wurde wegen der Corona-Pandemie ins kommende Jahr verschoben.

    Bildhauer Thomas Reuter mit Werkstatt in Winterhausen schuf die heilige Thekla. Sein Entwurf hatte zuvor den Wettbewerb gewonnen, an dem sechs Künstler beteiligt waren. Erarbeitet wurde die Figur gemeinsam mit Bildhauerin Eva Skupin aus Mehmels in Thüringen. „Das war mir wichtig, da es um ein Frauenthema ging“, erinnert er sich. „Da kein Bild von Thekla überliefert ist, sei es darum gegangen: Welche Ideen finde ich? Was kann ich in die heutige Zeit als relevant rein nehmen?“ Die alten Bezüge zu erarbeiten, habe er als sehr schöne Aufgabe empfunden, wie er sagt, zumal die Gelegenheit, Brückenfiguren zu entwickeln, eher selten ist. Reuters Arbeitsschwerpunkt liegt bei der Kunst im öffentlichen Raum, vorwiegend in Franken, oft im Zusammenhang mit einer Dorfe­rneuerung.

    Standortfrage

    Gesetzt war die Heilige als Thema, und eine Skulptur sollte es werden. Dass es eine neue Arbeit sein würde, sollte deutlich erkennbar sein. Mit dem historischen Kontext galt es zu arbeiten, eine sehr verantwor- tungsvolle Aufgabe, wie der Künstler betont. Vor allem die geplante energiegeladene Komponente, mit welcher man Atmosphäre, Bezugspunkte und Orientierung schaffen wollte, habe man stimmig lösen müssen.

    Wesentlich war ihm deshalb zunächst die Standortfrage. Favorisiert worden war die linksmainische Brückenkanzel. Bildhauer Reuter aber wollte sie unbedingt rechtsmainisch, auf der Kleinochsenfurter Seite haben, dem Wirkungsort der Heiligen. Von dort weist Thekla den Weg über die Brücke. Jung muss sie gewesen sein, als sie nach Ochsenfurt kam. Und im Gegensatz zu den normalerweise sehr statischen Figuren, war Reuter wichtig, dass sie zum einen bewegt sein soll, zum anderen den Menschen zugewandt. Für Thekla ist es die freundliche Zugewandtheit, der liebevolle Blick, mit der sie sich selbstbewusst zeigt. Inspiration gab ein Brief von Bonifatius, etwa um das Jahr 745 verfasst. Der Inhalt des Briefs ist eine Ermutigung an die Missionarinnen, im guten Kampf für das Reich Gottes einzutreten, die Treue zur Frohen Botschaft einzufordern – stets in Sorge um die Menschen, die mit Gott und untereinander versöhnt werden sollen.

    „... geschehe in Liebe”

    So jedenfalls formulierte es der frühere Bistumshistoriker Dr. Erik Soder von Güldenstubbe bei einem Vortag über St. Thekla und ihre Zeit im Dezember 1989. „… omnia vestra cum caritate fiant, et iuxta evangelium“ („… alles was ihr tut, geschehe in Liebe und nach dem Evangelium.“) hatte Bonifatius an die verehrungswürdigen und liebwerten, teuersten Schwestern Leobgytha (Lioba) et Teclae (Thekla) sowie Cynehildae (Cynehild) geschrieben. Es ist der zentrale Satz, der für Soder von Güldenstubbe mehr über das Wirken Theklas aussagt, „als noch so viele Einzelheiten aus ihrem konkreten Lebenslauf, die uns unbekannt blieben“. Auch für Reuter lag es deshalb auf der Hand, diesen Auftrag, „die freundliche Zugewandtheit“ in die Figur zu fassen und gleichzeitig im Sockel zu zitieren.

    Innere Bewegtheit

    Ihre innere Bewegtheit, ihre Tatkraft, spiegelt der Künstler im flatternden Schleier und in der Hand, die mit der Brosche in Kreuzform zum Herzen geht. Der Habit ist eine künstlerisch reizvolle Gestaltungsmöglichkeit, um Bewegtheit darzustellen, erklärt ihr Schöpfer Reuter. Zudem richte sich Theklas Blick an den Betrachter. Gleichzeitig weise sie mit einer offenen, einladenden Handbewegung auf die Brücke hin. Sie gebe Geleit und schlage eine Brücke auf das hier und jetzt. Der Betrachter könne viele Bezüge finden, so Reuter. „Das macht sie so lebendig.”

    Erstaunlicherweise verändert sich Theklas Blick aber auch mit dem Standort, von dem aus man sie betrachtet, sowie dem Licht, das auf den Kirchheimer Muschelkalk fällt. Es sei absolut ungewöhnlich, bekennt Reuter, aber er habe selbst nach der Einweihung noch einmal an der fertigen Figur nachgearbeitet, damit sie den Blick hat, den er haben wollte, die Bewegtheit, die direkte Ansprache an uns Menschen.     

    Antje Roscoe

    Information: Die heilige Thekla von Kitzingen und Ochsenfurt

    Namensgeberin der heiligen Thekla, die um 730 aus der Abtei Wimborne Minster im Süden Englands zunächst nach Tauberbischofsheim und dann nach Kleinochsenfurt gekommen war, ist Thekla von Ikonium, geboren zirka 30 nach Christus. Sie war durch den Apostel Paulus zur Christin geworden und später selbst zur Predigerin. Wilde Tiere sind ihre Attribute, denn sie sollen sie vor ihrer Hinrichtung bewahrt haben. In Silifke, im Südosten der Türkei, wird sie noch heute verehrt.

    Die englische Thekla soll von edler Herkunft gewesen sein. Wimborne Minster, 706 gegründet, war ein schnell aufgeblühtes, benediktinisches Doppelkloster. Laut dem früheren Bistumshistoriker Erik Soder von Güldenstubbe lebten wenige Jahre später bereits rund 500 Nonnen dort.

    Großen Wert legten die Benediktinerinnen auf Bildung, die sie später auch in den fränkischen Frauenklöstern forcierten, Lioba in Tauberbischofsheim und Thekla in Kleinochsenfurt und Kitzingen, wo die Äbtissin 790 gestorben sein soll. Beide Frauen waren Angehörige des Bonifatius, die er zur Unterstützung seiner Mission angefordert hatte.

    An das Wirken Theklas erinnert in Ochsenfurt heute außer dem St. Thekla-Weg die Kirche der Kuratie St. Thekla im Bärental, einer Nachkriegssiedlung. In der Ochsenfurter Pfarrkirche St. Andreas beeindruckt im linken Seitenaltar eine Figurengruppe mit Bonifatius, Lioba und Thekla. Eine Winzer und Wein segnende Thekla des Bildhauers Otmar Kleindienst steht in der Kleinochsenfurter Weinbergslage Herrenberg. Vor allem aber sind Ochsenfurt und Wimborne Minster seit 1989 Partnerstädte. Initiiert von den Kirchengemeinden in Wimborne und St. Thekla Ochsenfurt, fanden auch die politischen Gemeinden zueinander. (ar)