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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Eine Gemeinde voller Leben – auch für kritische Geister

    Als klar war, dass sich die Jesuiten mangels Nachwuchs aus der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Würzburg zurückziehen werden, machten sich große Ängste breit. Wer würde nach­folgen? Würde die studentische Gemeinde künftig stärker vom Bischof beeinflusst werden? Zehn Jahre ist das nun her. Heute zeigt sich: Unter Burkhard Hose, der die KHG seit dem 1. September 2008 leitet, haben sich diese Ängste nicht bewahrheitet. Die KHG ist heute voller Leben.
    Abseits von Sonderveranstaltungen wie Vorträgen kann in der KHG wöchentlich unter fast 40 Programmpunkten gewählt werden.
    „Vor allem die spirituellen Angebote ziehen viele Studierende an“, sagt Hose. Die jungen Leute schätzen den etwas anderen Sonntagabendgottesdienst in der Thomas-Morus-Kapelle. Sie treffen sich montags zur Meditation, dienstags zum Taizé-Gebet und mittwochs zu „mittendrin“, einer „Eucharistiefeier zum Verweilen“. Donnerstags wird um 12 Uhr ein „Mittagsimpuls“ angeboten, einmal im Monat finden sich Studierende freitags zur „Abendstille“ in der Kapelle zusammen.

    Angebotsfülle

    Trotz dieser Fülle an spirituellen Angeboten ist die KHG kein geschlossener Zirkel von Christen. „Wir reichen stärker als jemals zuvor in die Stadtgesellschaft hinein“, sagt Hose. Das haupt- und ehrenamtliche Team der Hochschulgemeinde mischt sich politisch ein und mischt politisch mit. Großes Aufsehen erregte die KHG 2012, als sie einem 21-jährigen Äthiopier Kirchenasyl gewährte.
    Überhaupt spielt das Thema „Geflüchtete“ eine große Rolle. Das allerdings ist nicht neu. Schon lange vor Hoses Amtsantritt gab es in der KHG einen Asyl-AK. Der hat sich inzwischen ausdifferenziert: Heute existieren fünf unterschiedliche Gruppen rund um das Thema „Flucht“.
    Was konkret in der KHG passiert, entscheidet nicht der Hochschulpfarrer alleine. Trifft sich die Gemeindeleitung, haben alle gleich viel zu sagen. Egal, ob sie bei der KHG fest angestellt sind oder als Ehrenamtliche dem Sprecher- und Sprecherinnenteam angehören. Hose selbst legt großen Wert auf eine flache Hierarchie, größtmögliche Transparenz und Offenheit.  

    Fragen und Zweifel

    Eben das motiviert Medizinstudentin Greta Löst, sich trotz ihres anspruchsvollen Studiums in der KHG zu engagieren. Hier hat sie das Gefühl, etwas bewegen zu können. Hier kann sie aber auch Fragen und Zweifel loswerden. So, wie die Kirche ist, erscheint sie der jungen Katholikin äußerst „frag-würdig“.   Lösts Interesse am christlichen Glauben erwachte bei ihrer Firmung. „Will ich eigentlich dieser Kirche angehören?“ Von dieser Frage wurde die Jugendliche seinerzeit stark bewegt. Noch immer ist sie nicht ad acta gelegt. Denn manches stört Löst gewaltig. In erster Linie die Diskriminierung der Frau. Wie kann es sein, dass noch immer keine Frauen Priesterinnen werden dürfen?   Doch trotz ihrer Kritik an der Institution Kirche kniet sich die angehende Ärztin, die im fünften Semester Medizin studiert, in ihren ehrenamtlichen Job in der KHG rein. Denn hier erlebt sie Kirche anders. Freier. Vom Gedanken „Gleichberechtigung“ beseelt. Einladend statt ausgrenzend.   Ähnlich geht es Leonhard Spaeth, der im dritten Master-Semester Volkswirtschaft studiert. Seit Oktober engagiert er sich als studentische Hilfskraft in der KHG. Spaeth hatte schon immer einen engen Kontakt zur Kirche: „Meine Eltern sind bei der Kirche angestellt.“ Auch war die Familie ehrenamtlich kirchlich aktiv. Mancher Blick hinter die Kulissen wirkte auf sie jedoch abschreckend: „Daraufhin gingen wir eine ganze Weile nicht mehr in den Gottesdienst.“

    Gewisse Skepsis

    Noch immer bringt Spaeth der Institution Kirche gegenüber eine gewisse Skepsis mit. Zu oft hat er erlebt, dass Pfarrer in ihren Predigten, wie er sagt, „nur Phrasen dreschen“, die mit dem Leben der Menschen, etwa den steigenden Anforderungen im Beruf, nichts zu tun haben. Doch zwischenzeitlich hat der Volkswirt in spe auch erfahren, dass Kirche völlig anders sein kann. Und zwar bei einem einjährigen Freiwilligeneinsatz in Argentinien, an den er über eine jesuitische Hilfsorganisation kam. „In Ländern wie Argentinien ist die Kirche die einzige Institution, die sich um Menschen am Rand kümmert“, hat er ge­sehen.  

    Nöte erkennen

    In der KHG erlebt Spaeth nun neuerlich, dass es in der Kirche Menschen gibt, die Nöte der Zeit erkennen, helfende Ideen haben, und die vor allem mutig Partei ergreifen für jene, die unter prekären Umständen leben. Nicht zuletzt erfährt Spaeth die KHG als einen wohltuenden „Kontrastort“ zum Studium, wo inzwischen nur noch Leistung zählt, wie er sagt.
    Damit steht er nicht alleine. Die Jagd nach Leistungspunkten, den „Credit Points“, die allmählich begann, als Burkhard Hose vor zehn Jahren sein Amt antrat, wird von zahlreichen Studierenden als absurd empfunden. Als kurz nach Hoses Amtsantritt die Frage im Raum stand, ob die KHG „Credit Points“ für das ehrenamtliche Engagement in der Hochschulgemeinde vergeben solle, was nach dem neuen Studiensystem möglich wäre, war das Votum eindeutig: Nein, bloß nicht! Pat Christ