Natürlich kann die Auswahl nie vollständig sein, und doch wird sie den einen oder anderen staunen machen. Da einige der hier abgeschrittenen Klöster bereits in vorausgegangen Folgen unserer Serie „Klöster im Bistum Würzburg“ dargestellt wurden, verweisen wir hier auf die entsprechenden Heft-Nummern. Ansonsten soll dieser Rundgang eine Einladung sein, für ein paar Stunden in die spannende Klostergeschichte Würzburgs abzutauchen und nach diesen ersten Impulsen vielleicht tiefer zu graben.
Wer mit dem Auto von Norden her auf Würzburg zufährt, wird an der Stadtgrenze zu Zell von einem prachtvollen Kloster begrüßt: Das ehemalige Prämonstratenserkloster (1) Oberzell (siehe Sonntagsblatt Nr. 20 vom 15. Mai 2005) wurde um 1128 nach einem Besuch des Ordensgründers Norbert von Xanten in Würzburg gegründet. Ihre größte Blüte erreichte die Abtei im 18. Jahrhundert, als die Kirche barockisiert und ein prächtiger Konventbau nach Plänen von Balthasar Neumann errichtet wurde. Nach der Säkularisation wurden die Gebäude von der Druckmaschinenfabrik König & Bauer industriell genutzt. Als 1901 die „Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu“ das Areal erwarben, erlebte Oberzell unverhofft eine klösterliche Renaissance.
Die Pforte des Himmels
Nur wenige Autominuten weiter stadteinwärts kommt man zum (2) Kloster Himmelspforten, das heute an der vielbefahrenen Mainaustraße im Würzburger Stadtteil Zellerau liegt. Ursprünglich war Himmelspforten ein Zisterzienserinnenkloster: Bereits 1231 gründete Bischof Hermann I. von Lobdeburg einen Zisterzienserinnen-Konvent in Himmelstadt, der dann 1247 nach Schönau an der Saale und schließlich um 1252 in die Schottenauen bei Würzburg verlegt wurde. 1260 begann man mit dem Bau von Kirche und Kloster, 1592 bis 1607 wurde beides erneuert. Nach der Säkularisation schien das klösterliche Leben in Himmelspforten für alle Zeit beendet, bis 1844 Karmelitinnen den Ort neu besiedelten. Als dort ein Exerzitienheim errichtet wurde, grenzten sich die Karmelitinnen einen kleineren Konvent innerhalb der Umfassungsmauern ab.Den Main entlang wiederum etwas weiter stadteinwärts, gelangt man dann zum (3) Schottenkloster (Nr. 27 vom 3. Juli 2005), das den eigentlichen Ausgangspunkt dieses Spaziergangs bildet. Seine Wurzeln hat es in der Verehrung der 689 in Würzburg ermordeten irischen Wandermönche Kilian, Kolonat und Totnan, deren Reliquien auch zahlreiche irische Pilger anzogen. Zu deren Versorgung stiftete Bischof Embricho zwischen 1134 und 1139 das Kloster St. Jakob und besiedelte es mit irischen Benediktinern. Bereits 1146 wurde die romanische Abteikirche vollendet. Mehrmalige „Wiederbelebungsversuche“ belegen jedoch, dass der Erhalt des schottischen Hospizes nicht leicht war. Die Säkularisation bedeutete so letztlich die amtliche Besiegelung der Auflösung. Nach über einem Jahrhundert militärischer Nutzung brachten die Salesianer Don Boscos 1946 einen Neuanfang und errichteten hier ihr Berufsbildungswerk.
Kirche des Ritterordens
Nur ein paar Schritte weiter erhebt sich die gotische (4) Deutschhauskirche, Zeugnis einer heute eigenartig anmutenden Verschmelzung von ritterlichem und mönchischem Ideal: Der geistliche Ritterorden der Deutschherren war um 1190 im Gefolge der Kreuzzüge entstanden. In Würzburg fassten der Orden 1219 Fuß: Sie erhielten den alten Königshof beim Schottenkloster, wo sie 1226 eine erste Kapelle weihten, die noch heute im ersten Turmgeschoss zu bestaunen ist. Die Kirche sowie die angrenzenden Komtureigebäude entstanden von etwa 1260 bis 1296. Obwohl die Deutschherren in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an Bedeutung verloren hatten, wurden die Komtureigebäude 1694 durch Petrini umgebaut; 1803 bis 1821 dienten sie als Militärdepot. Seit 1922 ist die Kirche evangelische Pfarrkirche.
Über die Alte Mainbrücke kommt man zum Grafeneckart, in dessen unmittelbarer Nähe einst ein blühendes (5) Karmelitenkloster stand (Ecke Karmelitenstraße/Rückermainstraße/Langgasse). Um die Mitte des 13. Jahrhunderts ließ sich der Bettel- und Seelsorgeorden in Würzburg nieder. Bald kamen die Karmeliten in den Besitz des Geländes nördlich vom Grafeneckart, gründeten einen Karmel und begannen 1330 mit dem Bau von Kloster und Kirche St. Barbara. Im 17. Jahrhundert ließen sie dann unter anderem eine neue Kirche (vermutlich von Antonio Petrini erbaut) errichten. Der Barockbaumeister soll hier sogar sein Grab gefunden haben. Nach der Säkularisation diente das Kloster als Militärunterkunft, die Kirche wurde Salzmagazin. 1822 erwarb der Magistrat der Stadt die dreiflügelige Klosteranlage und brachte darin zunächst die städtische Polizei unter. 1824/25 ließ man die Barbara-Kirche abreißen, um eine bessere Verbindung zwischen Fisch- und Grünem Markt zu schaffen.
Wohnanlage statt Kloster
Folgt man der Karmelitenstraße nach Norden, gelangt man in die Pleicher Vorstadt, wo vermutlich seit etwa 1150 das Frauenkloster (6) St. Markus (Marxenkloster) stand. Nach welcher Regel die Frauen im Schatten der Pfarrkirche
St. Getraud anfänglich lebten, ist unbekannt, 1246 wurde der Konvent jedoch zum Dominikanerinnen-Kloster. Die frühgotische Klosterkirche bestand bis zur Aufhebung 1803, danach wurden die Gebäude Stück für Stück abgerissen. 1987 bis 1989 errichtete hier das St. Bruno-Werk die Wohnanlage St. Markus. Blickt man genau hin, finden sich noch überraschend viele Spuren: So prangt über dem Eingangsportal eines Treppenturms am Pleicherkirchplatz ein Relief-Wappen mit klösterlicher Inschrift, im ersten Stock wurden Teile eines Wandfreskos freigelegt, und im Innenhof der Wohnanlage erinnern Sandsteinreliefs an berühmte Bewohner.
Von der benachbarten Juliuspromenade aus sind es nur ein paar Schritte zum (7) Dominikanerplatz, der im Namen noch von seinen einstigen Bewohnern erzählt. 1127 kam der Bettelorden in die Stadt. Albertus Magnus soll 1266 den Grundstein für die Kirche gelegt haben; diese wurde ab 1741 nach Plänen von Balthasar Neumann erneuert, der hier eine prächtige Verbindung von Predigerkirche und Barock schuf. Die Auflösung des Klosters im Jahr 1805 blieb für die Dominkaner endgültig; doch bereits 1813 zog mit den Augustinern neues Leben ein.
Petrini erbaut Stift Haug
Zurück auf der Juliuspromenade grüßen die mächtigen Türme von (8) Stift Haug, das lange vor den Toren der Stadt auf einem kleinen Hügel (= houc) lag (heute Bahnhof). Das Johannes Baptist und Evangelist geweihte Kloster wurde um 1000 durch Bischof Heinrich I. von Würzburg als Kollegiatsstift gegründet. Die erste romanische Stiftskirche entstand vor 1143 und war immer wieder Überfällen ausgesetzt. Wegen des Baus neuer Befestigungsanlagen mussten die Kanoniker ihr Stift 1656 abbrechen und etwa 300 Meter weiter nach Süden verlegen. Der Neubau unter Antonio Petrini (1670-1691) gelang dafür umso prachtvoller. 1803 wurde das Stift aufgelöst, die Kirche zur Pfarrkirche.
Durch die Heinestraße gelangt man stadtauswärts zum Ringpark, wo südlich vom angrenzenden Hauptfriedhof in der Annastraße seit 1928 das Institut der (9) Englischen Fräulein / Congregatio Jesu (Nr. 17 vom 24. April 2005) steht. Bis heute genießen Schule und Kindergarten der Schwestern einen hervorragenden Ruf.
Wer einen kleinen Abstecher stadtauswärts wagen möchte, dem sei der kurze Anstieg den Mönchberg hinauf zum Pius-Seminar der (10) Missionare von Mariannhill (Nr. 25 vom 19. Juni 2005) empfohlen. Der festungsartige Bau von Albert Boßlet und die expressionistische Herz-Jesu-Kirche entstanden ab 1927.
28 Stationen durch Würzburg
1) Oberzell
2) Himmelspforten
3) Schottenkirche
4) Deutschhauskirche
5) Karmelitenstraße
6) Pleicherkirchplatz / Wohnanlage St. Markus
7) Dominikanerplatz
8) Stift Haug
9) Englische Fräulein (Anna-straße)
10) Missionare von Mariannhill
11) Kapuzinerstraße
12) Kartause
13) Theaterstraße (St. Anna)
14) Dom
15) Neumünster
16) Erlöserschwestern (Ebracher Gasse)
17) Alte Universität
18) Michaelskirche (St. Agnes und Jesuiten)
19) Kilianeum (St. Afra)
20) St. Stephan
21) Franziskanerkloster
22) Ursulinen
23) Augustinerstraße Polizeipräsidium
24) Johanniterplatz
25) Karmeliten-(Reuerer-)Kirche
26) Ritaschwestern
27) St. Burkard
28) Käpelle
Diese Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Einige neuere Ordensgemeinschaften und Kongregationen mit kleineren Niederlassungen sind nicht aufgeführt.