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Ein neuer Mantel für Maria

WÜRZBURG. „Die zwölf Tore sind zwölf Perlen; jedes der Tore besteht aus einer einzigen Perle. Die Straße der Stadt ist aus reinem Gold, wie aus klarem Glas“ – so beschreibt die Johannesoffenbarung das himmlische Jerusalem. Sollte diese Vision in unserer Zeit Wirklichkeit werden, könnte das für Bernhard Schmitt eine Herausforderung sein.
Der 57-Jährige ist Vergoldermeister, Maler und Restaurator. Mitten in Würzburg, im Untergeschoß des Medienhauses der Diözese am Kardinal-Döpfner-Platz, betreibt er die „Restaurierungs-Werkstätte Theodor Spiegel“, wo er 1970 nach der Ausbildung zum Maler und Lackierer eine Anstellung gefunden hatte. Schon beim Betreten der kleinen Werkstatt bietet sich ein farbenfrohes Bild: Zahlreiche Kunstgegenstände an den Wänden, in Vitrinen und auf großen Ablageflächen  warten darauf, repariert, gekauft oder von ihren Besitzern abgeholt zu werden. Neben Madonnen, Kruzifixen und Heiligenfiguren findet sich auch allerhand Nichtsakrales, etwa Blechspielzeug oder ein restauriertes Grammophon. Schmitt ist nämlich auch leidenschaftlicher Antiquitätensammler.Besonders auffällig ist natürlich das Gold, das überall in der Werkstatt glänzt. Direkt neben dem Eingang lugt hinter zwei Dosen mit Pinseln eine Tabernakeltüre hervor, Bernhard Schmitts Gesellenstück. Gegenüber sind Bilderrahmen mit verspielten Ornamenten aufgereiht, wie man sie aus Großmutters guter Stube kennt; an den Wänden finden sich Putten und kleine Spiegel. Wie viel Fingerspitzengefühl für das Vergolden notwendig ist, lässt sich erahnen, als Schmitt das Blattgold für den Mantel einer Marienstatue hervorholt: Ein sechstausendstel Millimeter dick, schweben die Blättchen leicht wie Schnee auf den „Windfang“, wo sie grob zugeschnitten werden; jeder leichte Hauch setzt sie erneut in Bewegung. Die meiste Arbeit ist zu diesem Zeitpunkt allerdings schon getan – das „Anschießen“ des Goldes an das Objekt ist der fünfzehnte von insgesamt sechzehn Arbeitsschritten. Vorher wurde die Fläche zweimal mit Leim getränkt und es wurden mehrere Schichten Stein- und Kreidegrund sowie gelbes und rotes Poliment aufgetragen, um den Untergrund weich zu machen.  

Wie von Geisterhand

Erst unmittelbar nach dem Anschießen wird diese Grundierung mit einer Mischung aus Alkohol und destilliertem Wasser angelöst. Danach lädt der Vergolder einen breiten Pinsel an seiner Wange statisch auf, nimmt damit das zugeschnittene Blatt auf und hält es an die angelöste Fläche, wo es wie von Geisterhand angezogen wird. Zunächst wirkt das Gold noch faltig und an den Rändern unsauber, weshalb es im letzten Schritt mit einem Achat poliert wird. Das Ergebnis ist ein scheinbar nahtloser, glänzender Goldüberzug. 

Dauerhafte Vergoldungen

Für Objekte in Innenräumen verwendet Bernhard Schmitt 22-karätiges Gold mit einer Beimischung von Kupfer und Silber; etwa eineinhalb Gramm reichen für einen Quadratmeter Fläche. „Das hält eigentlich ewig“, meint er; am ehesten gäbe es ein Problem mit wohlmeinendem Reinigungspersonal: „Putzfrauen wischen mal schnell feucht drüber, und dann ist das Gold gleich mit dem Staub abgewischt“, schmunzelt der Fachmann. Ansonsten hielten selbst wetterfeste Außenvergoldungen, bei denen reines 24-Karat-Gold sowie statt Kreide- eine Ölgrundierung zum Einsatz kommen, gut 40 Jahre. „Normalerweise bekommen wir selbst ein Werkstück kein zweites Mal in die Werkstatt“, sagt Schmitts Assistentin Klaudia Menth. Auch der Beruf selbst scheint dauerhaft: „Wir arbeiten fast genauso wie schon Ägypter und Perser vor zweitausend Jahren, das Blattgold ist handgemacht, wir benutzen Pigmente und Grundierungen auf Naturbasis, und auch die Methoden haben sich kaum verändert“, erklärt Bernhard Schmitt. Sein Vorgänger Rudolf Hofmann hat noch die Madonna auf der Festung Marienberg mit Gold verkleidet, ansonsten seien die Kriegsschäden in Würzburg weitgehend behoben, berichtet Schmitt. Seine Aufträge für Vergoldung und Restaurierung kommen heute etwa zur Hälfte aus dem kirchlichen Bereich, hauptsächlich von Pfarreien und Klöstern, der Rest von privaten Auftraggebern; hierbei ist von Arbeiten an schmiedeeisernen Toren im Auftrag einer Schlosserei bis hin zum goldenen Wirtshausausleger alles vertreten.

Ein Riss beim Gekreuzigten

Klaudia Menth holt ein Gemälde aus der Abtei Münsterschwarzach hervor; es zeigt den Gekreuzigten – und direkt in dessen Seite einen großen Riss. Zuerst soll das Bild von der Rückseite aus geflickt, danach gereinigt und an der Schadstelle ausgebessert sowie in einen neuen Keilrahmen eingespannt werden. „Danach sieht man von dem Loch nichts mehr“, meint die Restauratorin. Außerdem wird der goldene Rahmen mit seinem geprägten Muster gereinigt. Bald wird das Bild wieder an seinem Platz in der Abtei Münsterschwarzach hängen, während in Bernhard Schmitts Werkstatt die nächsten Marienstatuen neu „eingekleidet“ werden.