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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Ein neuer Geist im Kirchenschiff

    Vatikanstadt, 11. Oktober 1962. Im Herbstsonnenschein ziehen mehr als 2500 Kardinäle, Bischöfe und Patriarchen aus aller Welt in einer anderthalbstündigen Prozession über den Petersplatz. Im Tragsessel folgt Papst Johannes XXIII., der sich knapp vier Jahre lang auf diesen Tag vorbereitet hat. Das größte Konzil in der Geschichte der katholischen Kirche beginnt. Die Reformwellen, die die Kirchenversammlung in die Welt sendet, stehen in ihrer Bedeutung dem fulminanten Auftakt in nichts nach. Wenige Jahre später wird die Kirche ihr Erscheinungsbild verändert haben.
    Die feierliche Konzilseröffnung in der Aula des Petersdoms, an der Millionen Fernsehzuschauer und Rundfunkhörer weltweit teilnehmen, wird zur großen Stunde von Papst Johannes. In seiner Ansprache umreißt er die Zielsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils. Es solle die Lehre der Kirche „in ihrer Vollständigkeit und Genauigkeit“ betonen, diese Lehre zugleich aber „im Licht der modernen Forschung und der Sprache des heutigen Denkens“ darlegen. Im Laufe ihrer Geschichte habe die Kirche, so der Papst, immer wieder den Irrtümern widersprochen und sie oft mit größter Schärfe verurteilt. Heute jedoch ziehe sie „das Heilmittel der Barmherzigkeit“ der Strenge vor. Sie wolle sich „als Liebende, Gütige, Geduldige und barmherzige Mutter aller zeigen, auch derer, die von ihr getrennt sind“. 

    Mit harten Bandagen

    Die sanfte Interpretation seines Hirtenamtes wirkt auf viele der in St. Pe­ter versammelten Konzilsväter ansteckend. Die Konzilsdokumente werden es bezeugen. Aber zunächst geht es in Rom alles andere als sanft zu. Am Anfang des Konzils steht ein Eklat. Als die Bischöfe die Mitglieder der Arbeitskommissionen wäh­len, erhalten sie zusammen mit den Wahlzetteln fertige Namenslisten, die – so wollen es die verantwortlichen Mitglieder der römischen Kurie – das Wahlergebnis vorwegnehmen. Die Konzilsväter wehren sich gegen derartige Versuche der Kurie, den Verlauf der Konzilsberatungen von vornherein zu steuern. Papst Johannes haben sie auf ihrer Seite. Dem Pontifex steht es zu, die Kommissionen zu je einem Drittel mit Wunschkandidaten zu besetzen. Gegen eine unabhängige Wahl der übrigen Kommissionsmitglieder hat er nichts einzuwenden. In der Folge stellen die Bischöfe ihre eigenen Kandidatenlis­ten auf und setzen die Kommissionen nach eigenem Ermessen zusammen. Schon die ersten Tage weisen dem Konzil die Richtung. Die Teilnehmer sind keine Statisten in einer Inszenierung, sondern echte Dialogpartner. Die vier Sitzungsperioden des Konzils, deren letzte 1965 zu Ende geht, werden Höhe- und Tiefpunkte bringen. Phasen der Zerstrittenheit und der emotionellen Aufwallung wechseln sich ab mit kirchlichen Sternstunden. 1963 bewegt der Tod von Papst Johannes XXIII. die Konzilsväter. Der Nachfolger, Papst Paul VI., setzt das Werk des Menschenfischers fort. An der Seite beider Päps­te erarbeiten sich zahlreiche Personen ihren Platz in der Kirchen- und Theologiegeschichte. Zu ihnen zäh­len die Erzbischöfe Julius Döpfner von München-Freising, Joseph Frings von Köln und Franz König von Wien. Von Konzilstheologen wie Karl Rahner, Joseph Ratzinger und Hans Küng wird man noch viele Jahre später hören. Schon vor dem Beginn der Beratungen haben die Bischöfe sogenannte Voten eingereicht, die ihre Wünsche an das bevorstehende Konzil enthielten. Würzburgs Diözesanbischof Josef Stangl wünscht sich eine Erörterung der Rolle der Laien und der volkssprachlichen Liturgie. Mit seinem Votum trifft der Bischof ins Schwarze, denn schon gut ein Jahr nach der Konzilseröffnung schickt sich die Kirche an zur Liturgiereform. Fast einstimmig verabschieden die Konzilsväter am 22. November 1963 die „Konstitution über die heilige Liturgie“. Die Konstitution gesteht den Gottesdienstbesuchern eine eigene liturgische Rolle zu. Um diese Rolle ausfüllen zu können, sollen die Gläubigen die rituellen Handlungen der Messfeier verstehen können. Das bedeutet: Die Muttersprache kehrt ins Gotteshaus ein, der Priester wendet sich seiner Gemeinde zu und die liturgischen Texte werden an das zeitgenössische Glaubensverständnis und Sprachempfinden angepasst. Die Reform gewichtet die Schriftlesung in der Messe stärker und empfiehlt die Feier eigenständiger Wortgottesdienste. 

    Zeit der Improvisation

    Mit der Reform setzt eine Zeit der Improvisation ein, bis alle liturgischen Bücher überarbeitet sind. In den einzelnen Bistümern gelten unterschiedliche Regelungen und an das Lose-Blätter-Werk der provisorischen Übergangstexte müssen sich die Seelsorger erst gewöhnen. Aber bald trägt die Liturgiereform den Konzilsgeist in die Pfarreien. Keine andere Reform vermittelt sich so anschaulich. Lektor(inn)en, Kommunionhelfer(innen), die Wort-Gottes-Feier und die Kommunion unter beiderlei Gestalt – die Liturgiereform hat die Weichen gestellt. Wenige Jahre nach der Reform, 1969, wird die Handkommunion zugelassen und in den siebziger Jahren stehen die ersten Ministrantinnen in den Altarräumen mancher Kirchen. 

    Neue Aufgaben für Laien

    Das zweite Thema, das Bischof Josef Stangl in seinem Konzilsvotum nannte, kommt in Rom ebenfalls zur Sprache. Das Apostolat der Laien wird eingehend erörtert und in mehreren Konzilsdokumenten behandelt. Laien sind alle Gläubigen, die nicht dem Weihe- oder Ordensstand angehören. Ihnen spricht das Konzil eine verantwortliche Rolle bei der Erfüllung des kirchlichen Heilsauftrages zu. Taufe und Firmung schenken demnach allen Gläubigen Anteil am gemeinsamen Priestertum. Den Angehörigen der kirchlichen Hierarchie legt das Konzil ans Herz, den Laien mit großem Vertrauen zu begegnen, ihren Rat zu suchen und zu schätzen. Die Diözesen richten in der Folge die neuen Laiengremien Pfarrgemeinde-, Dekanats- und Diözesanrat ein, die es gewählten Delegierten ermöglichen, ihre Ideen einzubringen. Im kirchlichen Dienst rücken Laien in verantwortliche Positionen auf, die vorher Priestern vorbehalten waren. Als Pastoral- und Gemeindereferent(inn)en erfüllen sie in den Ortspfarreien wichtige Seelsorgeaufgaben. Außerdem eröffnet das Konzil verheirateten Männern die Möglichkeit, die Diakonatsweihe zu empfangen und auf diesem Weg pastorale Aufgaben zu übernehmen. Andere Konzilsdokumente erblicken nur unter großen Geburtswehen das Licht der Welt. Der Würzburger Bischof erlebt es hautnah mit. Josef Stangl sitzt in der Konzilskommission, die sich mit dem Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Glaubensgemeinschaften befasst. Insbesondere das seit vielen Jahrhunderten durch Feindseligkeiten und Animositäten belastete Verhältnis zu den Juden will die Kommission bereinigen. Am Text der „Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“ wird jahrelang gefeilt. Auch deswegen, weil die arabische Welt eine internationale Aufwertung des Staates Israel fürchtet und aggressiven Protest äußert. Die Arbeit an der Erklärung gleicht zeitweise einem Eiertanz. Während der Vatikan unter dem Druck der verschiedenen Erwartungshaltungen laviert, versuchen manche Konzilsteilnehmer, die Erklärung ganz zu verhindern. Nicht so Josef Stangl. Er gehört zu den eifrigsten Verfechtern des Dokuments, das am 18. November 1965 mit überwältigender Mehrheit von den Bischöfen angenommen wird. 

    Den vollständigen Artikel finden Sie in unseren Printmedien, in der Ausgabe Nr.  40 vom  4. Oktober.