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Gedanken zum Sonntagsevangelium von Isabella Viering, Knetzgau
Ein guter Stammbaum
Evangelium
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab, und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe. Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
Johannes 15,1–8
Haben auch Sie sich schon einmal mit Ihrem Stammbaum beschäftigt? Wenn ja, dann wissen Sie, welche Faszination davon ausgeht. Fast in jeder Familie gibt es jemanden, der sich die Ahnenforschung zum Hobby gemacht hat. Sich mit dem eigenen Stammbaum zu beschäftigen, das bedeutet, in vergangene Zeiten zu reisen und den eigenen Wurzeln auf den Grund zu gehen. Es kann helfen, sich selbst als Person und das eigene Leben besser zu verstehen, auch wenn die Lebensumstände unserer Vorfahren anders waren als die unseren.
Im heutigen Evangelium spricht Jesus im Bild des Weinstocks von einem ganz besonderen Stammbaum. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“, sagt er und macht uns damit deutlich: Wir Christen gehören zu einem einzigartigen Stammbaum, bei dem weder genetische Vorgaben noch vorbestimmte Lebenszusammenhänge eine Rolle spielen. Die sind für Jesus nicht wichtig. Ihm genügt die Taufe, die uns rein und zu neuen Menschen macht. Hineingenommen in diesen neuen Lebenszusammenhang, der nicht menschlichen, sondern göttlichen Ursprungs ist, tritt alles andere in den Hintergrund.
Jesus bietet uns aber nicht nur Freundschaft, sondern er schließt uns buchstäblich an sein Leben an. Wir werden zu seiner Familie „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Damit drückt Jesus aus: Bei mir geht es nicht um Leistung! Nein, bei ihm steht die Fürsorge an erster Stelle. An sein Leben angebunden dürfen wir wachsen und reifen. Aus ihm dürfen wir Kraft und Trost, Glaube und Hoffnung schöpfen. Von ihm geschützt dürfen wir die Sonnenseiten des Lebens genießen und standhalten, wenn es dunkel und stürmisch um uns wird. Erst dieser Prozess des Wachsens, erst diese Erfahrungen mit Jesus als einer Kraft, die Halt und Schutz schenkt, können schließlich den festen Wunsch in uns wecken, es ihm gleichzutun und ihm nachzufolgen. Im Bild des Weinstocks heißt das, Frucht zu bringen.
Auf diesem Hintergrund können wir zwei Befürchtungen aus dem Weg räumen, die dieser Text in uns wachrütteln könnte. Da ist zum einen die Befürchtung, dass unser Angebundensein an den Weinstock Christi mit Abhängigkeit und Unfreiheit gleichzusetzen wäre. Sich an Jesus zu binden bedeutet zunächst, versorgt zu werden. Diese Beziehung ermöglicht es uns, in Freiheit ein Leben zu gestalten, in dem wir all diese guten Erfahrungen weitergeben dürfen. Jesus nachfolgen heißt also nicht, eine Gegenleistung zu bringen, sondern Konsequenzen zu ziehen aus dieser heilvollen Verbindung zwischen Gott und Mensch, die Glauben heißt.
Zum anderen könnte in einem die Angst hochsteigen, zu versagen und keine Früchte hervorzubringen. Der Text drückt es ja deutlich aus: „Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt.“ Ich meine, diesen Gedanken sollten wir nicht allzu persönlich nehmen! Hier denkt Jesus in größeren Dimensionen. Zum Beispiel dient im Alten Testament der Weinstock als ein Bild für das ganze Volk Israel. Im Neuen Testament begegnet uns Jesus Christus als die Wurzel eines neuen Gottesvolkes, der Kirche als Gemeinschaft der Christen. Jesus möchte uns also auch anhalten, uns über die Kirche und unsere Gemeinden Gedanken zu machen. Sind wir noch mit allen Früchten zufrieden, die unsere Arbeit in der Kirche hervorbringt? Manchmal haben wir den Eindruck, viele unserer Gemeinden leben friedlich auf ihrem eigenen Ast und merken kaum, dass er in manchen Bereichen im Absteigen begriffen ist und dass die Ernte immer dünner ausfällt, obwohl viel Arbeit darin steckt. Wäre es nicht manchmal besser, alte, leblose Zweige zu beschneiden, damit Neues wachsen kann? Vielleicht haben wir davor Angst, vielleicht fehlt uns der Mut, aber die Geschichte unserer Kirche zeigt ganz deutlich: Dort, wo alte Zweige abgeschnitten wurden, sind Wachstum und Ernte am größten. Beispiele hierfür sind das Zweite Vatikanische Konzil, die Kirchenvolksbegehren oder das Bemühen einzelner Gemeinden, individuelle Wege der Pastoral zu gehen.
Doch wo wir auch mit unserer Arbeit beginnen, am eigenen Rebzweig oder gemeinsam im großen Weinberg Kirche, ich wünsche Ihnen und mir viel Kraft im Vertrauen darauf, dass unser Tun viele gute Früchte bringt. Mit Christus als Weinstock wird die reiche Ernte nicht ausbleiben.
Die Autorin ist Gemeindereferentin in Knetzgau, Zell und Oberschwappach.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab, und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe. Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
Johannes 15,1–8
Haben auch Sie sich schon einmal mit Ihrem Stammbaum beschäftigt? Wenn ja, dann wissen Sie, welche Faszination davon ausgeht. Fast in jeder Familie gibt es jemanden, der sich die Ahnenforschung zum Hobby gemacht hat. Sich mit dem eigenen Stammbaum zu beschäftigen, das bedeutet, in vergangene Zeiten zu reisen und den eigenen Wurzeln auf den Grund zu gehen. Es kann helfen, sich selbst als Person und das eigene Leben besser zu verstehen, auch wenn die Lebensumstände unserer Vorfahren anders waren als die unseren.
Im heutigen Evangelium spricht Jesus im Bild des Weinstocks von einem ganz besonderen Stammbaum. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“, sagt er und macht uns damit deutlich: Wir Christen gehören zu einem einzigartigen Stammbaum, bei dem weder genetische Vorgaben noch vorbestimmte Lebenszusammenhänge eine Rolle spielen. Die sind für Jesus nicht wichtig. Ihm genügt die Taufe, die uns rein und zu neuen Menschen macht. Hineingenommen in diesen neuen Lebenszusammenhang, der nicht menschlichen, sondern göttlichen Ursprungs ist, tritt alles andere in den Hintergrund.
Jesus bietet uns aber nicht nur Freundschaft, sondern er schließt uns buchstäblich an sein Leben an. Wir werden zu seiner Familie „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Damit drückt Jesus aus: Bei mir geht es nicht um Leistung! Nein, bei ihm steht die Fürsorge an erster Stelle. An sein Leben angebunden dürfen wir wachsen und reifen. Aus ihm dürfen wir Kraft und Trost, Glaube und Hoffnung schöpfen. Von ihm geschützt dürfen wir die Sonnenseiten des Lebens genießen und standhalten, wenn es dunkel und stürmisch um uns wird. Erst dieser Prozess des Wachsens, erst diese Erfahrungen mit Jesus als einer Kraft, die Halt und Schutz schenkt, können schließlich den festen Wunsch in uns wecken, es ihm gleichzutun und ihm nachzufolgen. Im Bild des Weinstocks heißt das, Frucht zu bringen.
Auf diesem Hintergrund können wir zwei Befürchtungen aus dem Weg räumen, die dieser Text in uns wachrütteln könnte. Da ist zum einen die Befürchtung, dass unser Angebundensein an den Weinstock Christi mit Abhängigkeit und Unfreiheit gleichzusetzen wäre. Sich an Jesus zu binden bedeutet zunächst, versorgt zu werden. Diese Beziehung ermöglicht es uns, in Freiheit ein Leben zu gestalten, in dem wir all diese guten Erfahrungen weitergeben dürfen. Jesus nachfolgen heißt also nicht, eine Gegenleistung zu bringen, sondern Konsequenzen zu ziehen aus dieser heilvollen Verbindung zwischen Gott und Mensch, die Glauben heißt.
Zum anderen könnte in einem die Angst hochsteigen, zu versagen und keine Früchte hervorzubringen. Der Text drückt es ja deutlich aus: „Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt.“ Ich meine, diesen Gedanken sollten wir nicht allzu persönlich nehmen! Hier denkt Jesus in größeren Dimensionen. Zum Beispiel dient im Alten Testament der Weinstock als ein Bild für das ganze Volk Israel. Im Neuen Testament begegnet uns Jesus Christus als die Wurzel eines neuen Gottesvolkes, der Kirche als Gemeinschaft der Christen. Jesus möchte uns also auch anhalten, uns über die Kirche und unsere Gemeinden Gedanken zu machen. Sind wir noch mit allen Früchten zufrieden, die unsere Arbeit in der Kirche hervorbringt? Manchmal haben wir den Eindruck, viele unserer Gemeinden leben friedlich auf ihrem eigenen Ast und merken kaum, dass er in manchen Bereichen im Absteigen begriffen ist und dass die Ernte immer dünner ausfällt, obwohl viel Arbeit darin steckt. Wäre es nicht manchmal besser, alte, leblose Zweige zu beschneiden, damit Neues wachsen kann? Vielleicht haben wir davor Angst, vielleicht fehlt uns der Mut, aber die Geschichte unserer Kirche zeigt ganz deutlich: Dort, wo alte Zweige abgeschnitten wurden, sind Wachstum und Ernte am größten. Beispiele hierfür sind das Zweite Vatikanische Konzil, die Kirchenvolksbegehren oder das Bemühen einzelner Gemeinden, individuelle Wege der Pastoral zu gehen.
Doch wo wir auch mit unserer Arbeit beginnen, am eigenen Rebzweig oder gemeinsam im großen Weinberg Kirche, ich wünsche Ihnen und mir viel Kraft im Vertrauen darauf, dass unser Tun viele gute Früchte bringt. Mit Christus als Weinstock wird die reiche Ernte nicht ausbleiben.
Die Autorin ist Gemeindereferentin in Knetzgau, Zell und Oberschwappach.