Ein Forum für Trauernde
„Wir werden gebraucht, wenn die Leere kommt.“, erzählt Gudrun Schmitt. Das ist meist nicht unmittelbar nach dem Tod eines Angehörigen oder wichtigen Menschen der Fall, denn da hat sich der oder die Hinterbliebene um die Beerdigung zu kümmern. Zum Trauern kommt er da oft gar nicht. „Das kommt dann später.“Tabuthema Tod
Nicht selten kommen die Phasen der Tauer auch dann, wenn das Umfeld der Meinung ist, nun müsse langsam wieder Normalität und Alltag einkehren, die Trauer bewältigt sein. „Aber da hat jeder sein eigenes Tempo“, wissen die Hospizhelferinnen. „Viele Trauernde machen außerdem die Erfahrung, dass sich Freunde und Bekannte zurückziehen, sei es aus Berührungsängsten oder aus falsch verstandener Rücksichtnahme heraus.“ Tod und Trauer ist eben noch immer ein Tabuthema, so die Erfahrung von Elisabeth Schwarz. „Ein ganz typischer Satz ist auch dieses ‚Melde dich, wenn du mich brauchst!‘“, erzählt Georg Bischof, der als Hospizreferent für das Trauercafé zuständig ist. „Dabei kann ein Trauernder genau das oft nicht: aktiv auf andere zugehen. Der sitzt dann nämlich gar nicht so selten in Lethargie fest.“ Ein solches Alleinlassen durch das Umfeld verletzt, auch dann, wenn es nicht aus böser Absicht geschieht. Halt und Verständnis finden Hinterbliebene dann unter anderem auch im Trauercafé, wo jeder dasselbe durchmacht und dem anderen deshalb nachfühlen kann, wie es ihm gerade geht. „Einmal hat uns eine Frau ganz verschämt gestanden: ‚Ich rede immer mit ihm.‘ Und dann kam von den anderen ein ‚Ich auch, ich auch‘“, erzählt Gudrun Schmitt. Überhaupt tut es gut, über den Verstorbenen sprechen zu können. Und manchmal brechen über dem jüngsten Trauerfall auch noch ganz andere, ältere Geschichten auf, wenn etwa jemand in der Kindheit ein Elternteil verloren hat. Auch die Frage, wie mit Einsamkeit umgegangen werden kann, spielt eine Rolle, vor allem für die, die in einer guten Partnerschaft gelebt haben. „Da hören wir dann zum Beispiel den Satz ‚Ich kann mich an gar nichts mehr freuen‘. Und dann geht es darum, zu lernen, dass die Dinge, die früher gemeinsam gemacht wurden, auch alleine möglich sind. Auch, wenn eine so große Lücke wohl nie wirklich ganz geschlossen werden kann.“, erklären die Trauerbegleiterinnen. Mit Einsamkeit umgehen
Zunächst geht es aber auch eher darum, dass man, zum Beispiel, auch für sich alleine einkauft und kocht, dass man sich selbst diese kleine Mühe wert ist. Oder darum, die plötzlich so viele Zeit zu füllen, dem Tag wieder eine Struktur zu geben. Deswegen bringen die beiden Hospizhelferinnen auch schon mal das Programm der Volkshochschule oder des Matthias-Ehrenfried-Hauses mit, nur als Angebot und Einladung, versteht sich. Manchmal sind es auch ganz lebenspraktische Fragen, die besprochen werden. So müssen insbesondere Witwen häufig mit sehr viel weniger Geld zurechtkommen als vor dem Todesfall. Schmerzhaft ist dann, wenn man nach dem Verlust des Partners auch noch das bisherige, gemeinsame Umfeld verliert und sich von vielem trennen muss, weil ein Umzug ansteht. Auch diese Gefühle haben Raum im Trauercafé. Raum für Gefühle
Kaffee und Kuchen dienen dabei durchaus als Kommunikationshilfe, so die Erfahrungen von Gudrun Schmitt und Elisabeth Schwarz, aber auch wenn jemand nichts sagen möchte, wird das respektiert. Die beiden Hospizhelferinnen geben Gesprächsimpulse, Struktur und Rahmen, „aber manchmal denke ich, die brauchen uns gar nicht“, erklärt Elisabeth Schwarz. Denn vor allem sind es die Trauernden selbst, die einander helfen. Dabei halten sich alle an die Regeln des Trauercafés: So dringt zum Beispiel nichts von dem, worüber in den Treffen berichtet wird, nach außen. Es gibt kein festes Programm, das „abgearbeitet“ wird, sondern „jeder wird da abgeholt, wo er gerade steht“. Phrasen wie „Die Zeit heilt alle Wunden“ oder „Das wird schon wieder“ gibt es nicht, denn jeder soll in seinen Gefühlen ernst genommen werden. Und wenn ein Neuer zur Gruppe stößt, darf erst einmal der erzählen und die anderen hören zu. „Manchmal sind wir so gerührt, dass uns mit den Trauernden die Tränen kommen.“, sagt Elisabeth Schwarz. „Aber die Arbeit hier ist beglückend, weil ich immer wieder sehe, dass sich etwas Positives entwickelt.“ Das Malteser-Trauercafé findet an jedem ersten und dritten Donnerstag im Monat von 15 bis 17 Uhr statt.Treffpunkt ist das Café Toscana im Marie-Juchacz-Haus der AWO, Jägerstraße 15. Es entstehen keine Kosten, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.Informationen bei Hospizreferent Georg Bischof, Telefon 0931/ 4505225.