Ingrid Schlereth ist Vorsitzende der Nachbarschaftshilfe in Eibelstadt. Sie und das Ehepaar Bauch kennen sich seit einigen Jahren. Auf der Straße kamen sie ins Gespräch. So fing alles an. Heute hat Schlereth einen Hausschlüssel, und wenn sie vorbeischaut, braucht sie sich vorher nicht anzumelden. „Ich bin ein wenig wie eine Tochter“, beschreibt die 64-Jährige ihr Verhältnis zu den Eheleuten.
Lieber im eigenen Heim
Hildegard Bauch ist 86 Jahre alt, ihr Ehemann 90. Im vergangenen Sommer feierten sie Eiserne Hochzeit. Beide bewohnen das Haus, in dem sich ihr gemeinsames Leben abgespielt hat. Und so soll es bleiben. „Wir möchten noch nicht ins Seniorenheim. Wir wollen lieber daheim bleiben“, sagt Hildegard Bauch.
Ihr Zuhause steckt voller Erinnerungen. Im Holzschrank steht das blumenverzierte Kaffeegeschirr der Eheleute. Es ist fast so alt wie ihre Ehe. An Wänden hängen gestickte Bildmotive, Handarbeiten von Frau Bauch. Auch im Gedächtnis sitzen Erinnerungen. Rudolf Bauch sieht sich beim Schlittenfahren im klirrend kalten Rekordwinter 1940. Bei seiner Ehefrau sind die Winter ihrer Kindheit ebenfalls gegenwärtig, als Fenster zugefroren waren und sie mit ihrem Vater Holz aus dem Wald holte.
Ihre Erinnerungen teilen beide mit Ingrid Schlereth, wenn sie zusammen Brotzeit machen oder Kaffee trinken. Und wenn ihre Begleiterin wegen Krankheit einmal ausfällt, rufen die beiden an und erkundigen sich, wie es ihr geht. „Das ist auch Nachbarschaftshilfe“, unterstreicht Schlereth. „Man weiß, man wird vermisst.“
Mit einer jetzt im Heim lebenden Einwohnerin Eibelstadts gründete Schlereth 2011 die Nachbarschaftshilfe „Nachbarn sind wir alle“. Schon damals besuchte sie im Auftrag der Pfarrei Jubilare und merkte, wie viele Menschen einsam sind. Oder sich Kontakte wünschen, die über den engsten Familienkreis hinausgehen.
Ein Netz von Kontakten
Unterstützt wird die Nachbarschaftshilfe von der katholischen Kirchengemeinde und der Stadt. Neun Freiwillige waren es anfangs, heute beteiligen sich 18 Personen. „Es haben sich Freundschaften entwickelt und Besuche erstrecken sich manchmal über mehrere Jahre“, erläutert Schlereth. Die Freiwilligen hören zu, spielen Schach, begleiten beim Arztbesuch oder Fahrradfahren. Ein Helfer holt auch mal einen großen Blumentopf aus dem Keller und stellt ihn auf die Terrasse, weil die Besitzerin sich schwer damit tut.
In der zweijährigen Corona-Zeit habe es relativ wenig Nachfrage gegeben, bilanziert Schlereth. Doch das spreche eher für den sozialen Zusammenhalt im Ort. „Wir haben gemerkt, die Leute stützen sich gegenseitig.“
Ulrich Bausewein
Kontakt zur Initiative „Nachbarn sind wir alle“: Telefon 09303/2223,
E-Mail pfarrei.eibelstadt@bistum-wuerzburg.de